Rechtsprechung > Versicherungsrecht

(Wohn-) gebäudeversicherung


Erdrutsch, der sinnlich nicht wahrnehmbar ist, in der Elementarversicherung

BGH, Urteil vom 09.11.2022 - IV ZR 62/22 -

Der Kläger machte gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung geltend, die auch auf Elementarschäden wie Erdrutsche deckte. In den Versicherungsklauseln hieß es dazu „Erdrutsch ist ein naturbedingtes Abgleiten oder Abstürzen von Gesteins- oder Erdmassen.“ Das klägerische Grundstück lag am vorderen Rand einer vor ca. 80 Jahren aufgeschütteten Terrasse. In 2018 zeigte der Kläger der Beklagten Rissbildungen an seinem Wohnhaus an, die sich durch eine Rutschung des Untergrundes verursacht würden. Die Beklagte lehnte einen versicherungsvertraglichen Anspruch ab. Klage und Berufung blieben erfolglos; auf die Revision des Klägers wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an dieses zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen.

 

Das Berufungsgericht hatte das Vorliegen eines die Beklagte leistungsverpflichtenden Erdrutsches negiert, da darunter ein sinnlich wahrnehmbarer Vorgang und nicht, wie hier nach Vortrag des Klägers, eine sich langsam über Jahre vollziehende Erdbewegung zu verstehen sei. Dem folgte der BGH nicht. Vielmehr würden mit der Klausel auch Schäden gedeckt, die durch allmähliche, nicht augenscheinlich naturbedingte Bewegungen von Gesteins- oder Erdmassen verursacht würden.

 

Der BGH wies darauf hin, dass in Rechtsprechung und Literatur streitig sei, ob eine Klausel wie vorliegend unter „Erdrutsch“ ein mit Geschwindigkeit ablaufendes Ereignis verlange, dass dies sinnlich wahrnehmbar sei, oder auch ein über längere Zeit unmerkliches Verlagern von Bodenbestandteilen. Der letzteren Ansicht gab der BGH den Vorzug. Dies ergäbe sich aus der Auslegung.

 

Allgemeine Versicherungsbedingungen seien so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstünde, ohne dass versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse vorhanden sein müssten (BGH, Urteil vom 26.01.2022 - IV ZR 144/21 -).

 

Dieser Versicherungsnehmer würde, wenn sich Bodenbestandteile über einen längeren Zeitraum verlagern und hierdurch Schäden in Form von Rissbildungen am versicherten Gebäude verursachen, zunächst vom Wortlaut der Bedingungen ausgehen, wobei für ihn der tägliche Sprachgebrauch und nicht etwa die Terminologie, wie sie in bestimmten Fachkreisen üblich ist, maßgebend sei (BGH, Urteil vom 29.03.1017 - IV ZR 533/15 -). Es käme damit entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht auf eine terminologische Unterscheidung in der Geologie an. Ausgangspunkt sei für den maßgeblichen durchschnittlichen Versicherungsnehmer die in der Klausel enthaltene Definition für Erdrutsch, nach der er erkennen würde, dass der versicherte Tatbestand mit einem naturbedingten Abgleiten oder Abstürzen von Gesteins- oder Erdmassen zwei unterschiedliche Vorgänge einschließe. Nach denen sei zwar mit dem Begriff des „Abstürzens“ ein plötzliches Ereignis gegeben, in der Alternative des „Abgleitens“ aber nicht gefordert würde. Unter „Abgleiten“ sei nach allgemeinen Sprachgebrauch (Duden) ein Haftungs- und Haltverlust und eine unbeabsichtigte Bewegung seitwärts und nach unten umschrieben. In Ermangelung entsprechender Klarstellung würde sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus der Klausel auch nicht entnehmen lassen, dass sich die sinnlich nicht wahrnehmbare Erdbewegung über einen längeren Zeitraum nicht unter den Tatbestand falle. Was unter „Rutschen“ nach allgemeinen Sprachgebrauch verstanden wird, sei in Ansehung der eigenständigen Definition des Begriffs „Erdrutsch“ nicht entscheidend. Dass die Klausel ein Abgleiten oder Abstürze von Gesteins- oder Erdmassen verlange, führe nicht dazu, dass dies eine Mindestgeschwindigkeit haben müsse, also Kriechvorgänge vom Versicherungsschutz ausgenommen wären.

 

Auch aus dem Sinn und Zweck des Leistungsversprechens ergäbe sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nichts anderes. Durch einen Vergleich mit anderweitigen Regelungen in der Elementarversicherung (wie z.B. Überschwemmung, Rückstau, Vulkanausbruch, Erdbeben, Erdfall, Schneedruck, Lawinen) könne er nicht die Erkenntnis erlange, nur deutlich wahrnehmbare Vorgänge seien versichert. Eine Plötzlichkeit sei - mit Ausnahme für den Vulkanausbruch - nach dem Wortlaut der Bedingungen dort gerade nicht gefordert.

 

 

Die Zurückverweisung erfolgte, da Feststellungen zur Ursächlichkeit der Rissbildungen bisher nicht getroffen wurden.


Sturmbedingter Abriss von Efeu an Fassade und Schädigung derselben

OLG Hamm, Beschluss vom 03.06.2022 - 20 U 173/22 -

Die Kläger unterhielten (jedenfalls einer der Kläger, was offen bleiben konnte) bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung. Nach dem klägerischen Vortrag sei der Efeu, mit dem die Fassade bewachsen gewesen sei, bei Sturm mit Gewalt von der Gebäudefassade abgerissen worden und hatte diese dabei beschädigt. Das Landgericht wies die Klage gegen den Versicherer, der eine Regulierung abgelehnt hatte, ab; auf die eingelegte Berufung der Kläger wies das OLG darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, woraufhin sie zurückgenommen wurde.

 

Das OLG hielt unter Bezugnahme auf die dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Wohngebäude (VGB 2017) fest, dass der Versicherer Entschädigung für versicherte Sachen leiste, die durch einen Sturm zerstört oder beschädigt würden oder infolge des Sturms abhanden kämen (Nr. 4.1.3 VGB 2017). Der Sturm müsse entweder unmittelbar auf die versicherte Sache (Gebäude) einwirken oder es müssten sonstige Gegenstände auf die versicherte Sache geworfen werden (Nr. 7.2.1. und 7.2.2 VGB 2017) und es müsste dadurch zu dem Schaden am Gebäude kommen. Der Sturm habe hier ersichtlich keine Gegenstände auf das Gebäude geworfen, weshalb für einen Anspruch aufgrund der Schäden nur die erste Variante in Betracht käme.

 

An einer unmittelbaren Einwirkung des Sturms würde es hier aber fehlen. Eine unmittelbare Einwirkung läge vor, wen Luft (als Sog oder als Druck) auf diese einwirke und zur Beschädigung führe. Vorliegend aber habe der Sturm auf das Efeu eingewirkt und dieses von der Fassade mit Gewalt abgerissen; durch das Abreißen sei es zur Beschädigung an der Gebäudefassade gekommen. Der Efeu sei keine versicherte Sache, wie Nr. 1.3.4 VGB 2017 klarstelle, demzufolge Pflanzen nicht zu den versicherten Bestandteilen in der Versicherung zählen würden. Auch würde es sich bei dem Efeu nicht um versichertes Zubehör iSv. Nr. 1.3.3 VGB 2017 handeln; auch wenn der Efeu nach dem Vortrag der Kläger dazu diene, die Fassade vor „normalen“ Witterungseinflüssen zu schützen, sei dieser doch dauerhaft mit dem Boden verbunden und daher kein Bestandteil des Gebäudes sondern des Grundstücks. Das Efeu sei nicht iSv. Nr. 1.3.3 VGB 2017 zur Instandhaltung des Gebäudes genutzt worden.

 

 

Das Abreißen des Efeus durch den Sturm sei auch nicht vergleichbar mit einer künstlich (durch den Menschen angebrachten) Fassadenverkleidung vergleichbar, bei deren sturmbedingten Herausreißen und dadurch bedingter Schädigung der Fassade Ersatz zu leisten sei. Denn in diesem Fall der künstlichen Fassadenverkleidung, die an der Fassade angebracht worden wäre, würde es sich um einen Bestandteil der Fassade handeln, anders als nach Nr. 1.3.4 VGB 2017 bei Pflanzen. 


Zur Wirksamkeit der Versicherungsbedingung „Rückstausicherung“ in Wohngebäudeversicherung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB)

OLG Frankfurt, Urteil vom 13.05.2022 - 7 U 71/21 -

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung abgeschlossen und verlangte von dieser aus einem Wasserschaden wegen Rückstaus Entschädigung. In den Versicherungsbedingungen zu den grundsätzlich versicherten Überschwemmungs- und Rückstauschäden wurde dem Kläger auferlegt, Rückstausicherungen anzubringen und funktionsbereit zu halten. Die Beklagte machte grobe Fahrlässigkeit wegen unterlassener „Rückstausicherung“ des Klägers geltend und kürzte den Anspruch um 50%. Die Klage auf Zahlung der weiteren 50% wurde vom Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers wurde das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben.

 

Das OLG stellte fest, dass im Rahmen der Wohngebäudeversicherung Elementarschäden infolge von Rückstau mitversichert seien und ein solcher Rückstauschaden eingetreten sei. Eine Obliegenheitspflichtverletzung des Klägers als Versicherungsnehmer läge nicht vor, da es an einer wirksamen Vereinbarung zu Wartungsobliegenheiten ermangele.

 

Soweit der Kläger nach den Versicherungsbedingungen zur Vermeidung von Überschwemmungs- und Rückstauschäden bei rückstaugefährdeten Räumen Rückstausicherungen anzubringen und funktionsbereit zu halten habe, habe er diese jedenfalls angebracht. Streitig zwischen den Parteien sei, ob du wie Wartungen vorgenommen worden seien. Das aber kann nach Auffassung des OLG dahinstehen, da diese Regelung „Funktionsbereit“ wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.  Wegen der einschneidenden Sanktionen, die an die Obliegenheitsverletzung geknüpft seien, müsse das auferlegte Tun oder Unterlassen ausdrücklich so vereinbart sein, dass klar und deutlich erkennbar sei, was verlangt würde (BGH, Urteil vom 16.09.2009 - IV ZR 246/08 -).

 

Eine entsprechende klare Handlungsregelung würde fehlen. Für den durchschnittlichen um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer sei lediglich erkennbar, dass er über den Einbau einer Rückstausicherung hinaus verpflichtet sei, deren Funktionsbereitschaft aufrechtzuerhalten. „Funktionsbereit“ könne sowohl als Wartungs- als auch als bloße Reparaturverpflichtung verstanden werden, da das „Vorhalten“ gefordert würde. Allerdings sah sich das OLG vorliegend nicht veranlasst, diese hier zu entscheiden. Die die Unwirksamkeit bedingenden Gründe würden sich hier aus einer Regelung des § 23 VGB 2011 der Beklagten ergeben, demzufolge versicherte Sachen (insbes. wasserführende Anlagen/Einrichtungen) stets in ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und Mängel/Schäden unverzüglich zu beseitigen seien. Dem Versicherungsnehmer würde insoweit eine allgemeine Instandhaltungsverpflichtung auferlegt. Im Vergleich zu § 23 VGB 2011 der Beklagten sei die hier fragliche Klausel völlig konturenlos; weder würden Wartungs- noch Instandhaltungsobliegenheiten benannt. Unklar bliebe, welche Verhaltensweisen insoweit vom Versicherungsnehmer erwartet würden. Bei Wartungen wären auch Wartungsintervalle zu benennen, da sonst offen bleiben würde, an welche Voraussetzungen der Kausalitätsgegenbewies des Versicherungsnehmers zu knüpfen sei.


Brandschaden durch versehentliches einschalten des E-Herdes und Kürzung der Versicherungsleistung

Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen, Urteil vom 12.05.2022 - 3 U 37/21 -

Nach einem Brandschaden machte die Klägerin Leistungen aus ihrer Wohngebäudeversicherung geltend. Zu dem Feuer kam es in der Küche, da die Klägerin kurz vor Verlassen des Hauses versehentlich den E-Herd nicht ausschaltete, sondern durch Betätigung des Drehknopfs einer anderen Platte diese auf die höchste Stufe stellte. In den Versicherungsbedingungen (§ 19 Ziffer 1 Abs. 3 VGB 2010) war geregelt, dass bei grob fahrlässigen Herbeiführen des Schadens durch den Versicherungsnehmerin der Versicherer (hier die Beklagte) in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis diesen kürzen könne.

 

Die Beklagte regulierte mit 75%. Die Klage der Klägerin, die in erster Instanz erfolgreich war, wurde auf die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

 

Das OLG wies darauf hin, dass die Regelung in § 19 Ziffer 1 Abs. 3 VGB 2010 der Norm des § 81 Abs. 2 VVG entspräche, weshalb die Beklagte berechtigt gewesen sei, die Versicherungsleistung zu kürzen. Grobe Fahrlässigkeit setze einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt müsse in einem ungewöhnlich hohem Maß verletzt worden sein und dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jeden hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 10.05.2011 - VI ZR 196/10 -).

 

Wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchte, würde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schweren Maße verletzen und objektiv grob fahrlässig handeln. Dies sei hier anzunehmen, da die Klägerin die Herdplatte auf höchste Stufe eingeschaltet habe und für ca. 20 Minuten das Haus verlassen habe, ohne zu prüfen, ob der Herd ausgeschaltet ist.

 

Subjektiv sei für eine grobe Fahrlässigkeit ein besonders hohes Maß an Vorwerfbarkeit erforderlich, die auch subjektiv eine unentschuldbare Pflichtwidrigkeit darstelle, bei der das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschritten würde (BGH, Urteil vom 10.05.2011 - VI ZR 196/10 -). Das Berufungsgericht ging davon aus, dass auch subjektiv das Anschalten einer Herdplatte auf höchster Stufe und Verlassen des Hauses für ca. 20 Minuten eine erhebliche Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt darstelle. Sie hätte sich keinesfalls auf ihre subjektiv geprägte Annahme verlassen dürfen, den Herd ausgeschaltet zu haben. Offensichtlich habe sie den Drehknopf ohne Sichtkontakt betätigt, da sie ansonsten hätte feststellen müssen, dass sie den falschen Knopf betätigt. Das Berufungsgericht stellte auf die besondere Gefährlichkeit eines in Betrieb befindlichen E-Herdes ab, weshalb der Klägerin die Pflicht oblegen habe, durch Blickkontakt sicherzustellen, dass der Herd tatsächlich - wie beabsichtigt - ausgeschaltet war, zumal sie beabsichtigt habe, kurz darauf das Haus zu verlassen. Diese Vergewisserung sie auch einfach, schnell und unproblematisch möglich (Blick auf Drehknöpfe, bei modernen Geräten auf das Display oder auf den farblichen Zustand der Ceranfelder).

 

Die Klägerin könne sich auch nicht auf ein Augenblicksversagen berufen. Dieses könne nur vorliegen, wenn der an sich objektiv besonders schwerwiegende Sorgfaltsverstoß auf einer kurzzeitigen bzw. einmaligen und unbewussten Unaufmerksamkeit beruhen und zusätzliche Umstände hinzutreten würden, die das momentane Versagen in einem milderen Licht erscheinen ließen (BGH, Urteil vom 10.05.2011 - VI ZR 196/10 -). Vorliegend habe sich die Klägerin vergriffen, da sie die benutzte Herdplatte habe ausschalten wollen, versehentlich aber statt dessen die dahinter liegende Platte auf die höchste  Stufe einschaltete. Besondere Umstände, die dies in einem milderen Licht erscheinen ließen (wie besondere Eile oder Ablenkung durch eine außergewöhnliche  (Not-) Situation) seien nicht ersichtlich.

 

Ebenso könne sich die Klägerin nicht auf die Rechtsprechung zur sog. Routinehandlung berufen, bei der die Handlung typischerweise unbewusst ausgeübt würde. Voraussetzung dafür sei, dass der handelnde mit einer bestimmten Tätigkeit, die ständige Konzentration erfordere, dauernd beschäftigt sei, da ein einmaliger Ausrutscher in solchen Fällen jedem und damit auch dem ansonsten sorgfältigen Versicherungsnehmer unterlaufen könne (BGH, Urteil vom 08.07.1992 - IV ZR 223/91 -). Weder handele es sich vorliegend um eine entsprechende routinemäßige Dauertätigkeit, noch sei erkennbar, dass die Klägerin abgelenkt gewesen sei.

 

 

Damit sei die von der Beklagten vorgenommene Kürzung um 25% angemessen. (Anm.: Das Berufungsgericht hat damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass in einem solchen Fall nur 25% gekürzt werden könnten, sondern nur bestätigt, dass die konkret vorgenommene Kürzung von 25% - jedenfalls - angemessen ist.)


Vom Versicherungsnehmer nachzuweisende Kausalkette bei Überschwemmungsschaden

Kammergericht, Beschluss vom 13.07.2021 - 6 U 70/21 -

Auf die Berufung des Klägers gegen ein klageabweisendes Urteil erließ das Kammergericht (KG) als Berufungsgericht einen Hinweisbeschluss, mit dem es seine Absicht, die Berufung wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen, begründete. Dem Kläger sei nicht der Nachweis des Eintritts eines Versicherungsfalls in der Gebäudeversicherung infolge eines Unwetters mit Starkregen vom 29. bis 30.06.2017 gelungen.

 

Nach Teil B § 4 Nr. 1 d) der maßgeblichen AVB würde ausgeführt, dass Entschädigungen für versicherte Sachen geleistet würden, die durch Überschwemmung zerstört oder beschädigt würden. Als Überschwemmung sei in den AVB definiert eine Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Gebäude stünde. Dies müsse durch Ausuferung von oberirdischen Gewässern oder Witterungsniederschlägen erfolgen. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer würde damit erkennen, dass nicht alle durch Witterungsniederschläge verursachten Gebäudeschäden vom Versicherungsschutz erfasst würden. Schutz bestehe nur für bestimmte Risiken, hier starke Niederschläge, wobei dieser alleine nicht ausreiche, da hinzukommen müsste, dass das Gelände (Grund und Boden) überflutet werden müssten.  Eine Überschwemmung liege nicht schon deshalb vor, da Wassert in den Keller dringe. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer würde unter einer Überschwemmung verstehen, dass Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlicher Wirkung nicht auf normalen Weg abfließe, sondern über sonst nicht genutzte Gelände und diese überflute (BGH, Urteil vom 21.05.1964 - II ZR 9/63 -). Neben dieser Überflutung durch Ansammlung auf der Geländeoberfläche käme auch eine Überflutung von Hanggrundstücken in Betracht, was dann vorläge, wenn starker Regen auf den in einem Maß niedergehen würde, dass dieser weder vollständig versickert noch geordnet über natürliche Wege (Rinnen, Furchen) sturzbachartig abfließe. Keine Überschwemmung läge vor, wenn sich auf dem Gelände Pfützen bilden würden oder das Erdreich die Sättigungsgrenze erreicht habe, aber das Wasser noch nicht über der Erdoberfläche stünde. Auch sei nicht gefordert, dass die gesamte Grundstücksfläche überflutet sei; ausreichend sei, dass so viel Niederschlagswasser niedergeht, dass sich das Regenwasser vor dem Versickern auf dem Boden kurzfristig sammle und während dieser Phase dann Wasser in ein Gebäude eindringe.

 

Dem Kläger obliege die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein versicherter Schaden vorliegt, weshalb er hier die Voraussetzungen für einen Überschwemmungsschaden dartun aber auch beweisen müsse; das KG stellet dabei auf einen Vollbewies nach § 287 ZPO ab.  Einen solchen Umstand habe der Kläger, der selbst nicht anwesend war, selbst nicht gesehen und er sei auch von den Zeugen nicht bestätigt worden. Der Hinweis des Klägers, in der Vergangenheit habe sich ein ähnlicher Schaden (eindringendes Wasser) nie gezeigt, auch nicht bei nachfolgenden starken Niederschlägen, wurde vom OLG mit Hinweis darauf als unbeachtlich angesehen, dass dies alleine bedeuten könne, dass soviel Niederschlagswasser am Schadenstag niedergegangen sei, dass es zwar schadensursächlich wurde, was aber nicht belege, dass der Grund und Boden unter Wasser gestanden haben muss.

 

Damit würde es sich um nicht versicherte Möglichkeiten der Schädigung des Gebäudes durch eindringendes Regenwasser handeln.

 

Soweit der Kläger aus dem Schadenseintritt durch einen Wassereinbruch im Keller über einen Kellerlichtschacht rückschließen will, dass es einen Versicherungsfall gegeben habe, verkenne er, dass die von ihm nachzuweisende Kausalkette in der entgegengesetzten Richtung geführt werden müsse. Zunächst müsse nachgewiesen werden, dass es vor dem Schadenseintritt Witterungsniederschläge gegeben habe. Sodann müsse der Kläger nachweisen, dass diese Niederschläge zu einer Überflutung von Grund und Boden geführt hätten. Danach wäre vom Kläger der Nachweis zu führen, dass diese Überschwemmung kausal (oder zumindest mitursächlich) für den Schadenseintritt am Gebäude gewesen sei. Wenn versickertes Wasser in das Gebäude eindringe, läge kein Versicherungsfall vor.

 

 

Nach dem Hinweisbeschluss wurde die Berufung zurückgenommen.


Nässeschaden durch Leitungswasser infolge undichter (Silikon-) fuge

BGH, Urteil vom 20.10.2021 - IV ZR 236/20 -

Der Kläger verlangte von der beklagten Wohngebäudeversicherung Ersatz für einen Nässeschaden. In den Bedingungen des Versicherers hieß es u.a.:

 

"§ 3 Leitungswasser

1. Bruchschäden innerhalb von Gebäuden

Der Versicherer leistet Entschädigung für innerhalb von Gebäuden eintretende

b) frostbedingte Bruchschäden an nachfolgend genannten Installationen:

aa) Badeeinrichtungen, Waschbecken, Spülklosetts, Armaturen …

2. Bruchschäden außerhalb von Gebäuden

3. Nässeschäden

Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen.

Das Leitungswasser muss aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen, aus Einrichtungen der Warmwasser- oder Dampfheizung, aus Klima-, Wärmepumpen oder Solarheizungsanlagen, aus Wasserlösch- und Berieselungsanlagen sowie aus Wasserbetten und Aquarien ausgetreten sein.

 

 

In einem Duschbad des Hauses kam es durch eine undichte Silikonfuge im Duschbereich zu einem Schaden. Die Beklagte negierte einen versicherungsvertraglichen Anspruch. Der Kläger erhob Klage auf Zahlung von € 17.575,70. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen, im Berufungsverfahren mit € 4.635,60 stattgegeben. Die Revision der beklagten Versicherung führte zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

 

Der BGH legte die hier verwandte versicherungsvertragliche Klausel dahingehend aus, dass die Beklagte für einen Wasserschaden infolge einer undichten Fuge nicht einzustehen habe.

 

Die Auslegung von Versicherungsbedingungen orientiere sich an einem durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer und wie dieser sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstünde.  Auf versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse käme es bei diesem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht an. Abzustellen sei damit zunächst auf den Wortlaut, zusätzlich seien der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln zu berücksichtigen.

 

Hier würde der Versicherungsnehmer unter „Leitungswasser“ und dann, da eine defekte Fuge kein Bruchschaden sei, unter „Nässeschäden“ nachlesen. Danach würde der Versicherer Entschädigung leisten, wenn Leitungswasser bestimmungswidrig austreten würde und dabei etwas zerstört oder beschädigt. Das Wasser müsse aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitung) oder damit verbundenen Schläuchen oder sonstigen wasserführenden Teilen sowie Wasserbetten und Aquarien ausgetreten sein. Bei Lesen dieser Bedingungen würde der durchschnittliche Versicherungsnehmer feststellen, dass bei einer undichten Fuge Wasser nicht aus Rohren der Wasserversorgung pp. komme, weshalb er die Alternative in Betracht ziehen würde, dass Wasser aus „den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen“ ausgetreten sei. Die „Einrichtung“ würde er als eine (technische) Vorrichtung oder Anlage einstufen, wobei er dem Wortlaut der Klausel entnehmen könne, dass dies mit dem Rohrsystem verbunden sein müsse. Da aber läge auch für ihn ersichtlich bei einer undichten Fuge nicht vor.

 

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer würde auch der Klausel keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, die Duschwanne, die Fugen, die angrenzenden Wände und die sonstigen Bauteile einer Dusche als einheitliche Einrichtung anzusehen, die über den Zulauf (Duschkopf) und Ablauf (Abwasserleitung) mit dem Rohrsystem verbunden sei. Eine entsprechende Sachgemeinschaft würde er nicht annehmen, da der Klauselwortlaut dafür nichts hergeben würde; das Wort „Sachgesamtheit selbst käme auch nicht vor.

 

 

Nach Auffassung des BGH erwarte der durchschnittliche Versicherungsnehmer von einer Wohngebäudeversicherung einen umfassenden und (soweit sich aus ihr keine Einschränkungen ergäben) lückenlosen Schutz und er würde sich, so der BGH, durch die Klausel nicht in seiner Erwartung  getäuscht, sondern  das Leistungsversprechen dahingehend verstehen, dass Schäden durch austretendes Leitungswasser nur gedeckt seien, wenn das Wasser aus bestimmten, abschließend aufgezählten Quellen stamme.


Zum Ausschluss für Schäden durch Grund-/Schichtenwasser

OLG Hamm, Urteil vom 09.10.2019 - 20 U 18/18 -

Die Klägerin machte Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung gegenüber der beklagten Versicherung geltend. Bei ihr kam es zu Nässeschäden. Die Beklagte lehnte unter Berufung auf ihre Versicherungsbedingungen in § 3 Nr. 4 VGB 2011 die Regulierung ab. Die Bedingungen lauten:

 

„4. Nicht versicherte Schäden

a)      Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch

dd) Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Überschwemmung oder Witterungsniederschläge oder durch diese Ursachen hervorgerufenen Rückstau“

 

Das Landgericht holte ein Sachverständigengutachten ein. Nach dessen Ausführungen handelte es sich um im Erdreich vorhandenes Wasser, welches in den Keller lief. Selbst wenn es sich nicht um Grundwasser gehandelt habe, wäre es Schichtwasser gewesen. Die Klage wurde abgewiesen. Die von der Klägerin eingelegte Berufung wurde vom OLG, nach erneuter Anhörung des Sachverständigen, zurückgewiesen.

 

Zwar läge ein versicherter Nässeschaden iSv. § 3 Nr. 3 VGB 2011 vor, da nach dem Sachverständigengutachten Wasser aus einem vor dem Haus befindlichen Schacht (fäkalienfreies Schmutzwasser) wegen eines Ausfalls einer dortigen Pumpe über ein mit dem Schacht verbundenes Leitungssystem  in den Keller zurückgedrückt worden sei und dort in einem Raum aus einem Rohrstutzen ausgetreten sei. Allerdings greife der Leistungsausschluss nach § 3 Nr. 4 lit. a) dd) VGB 2011. Nach dem Gutachten würde feststehen, dass es sich bei dem Wasser jedenfalls auch um Grundwasser im Sinne der Klausel gehandelt habe.

 

Auch wenn der Grundwasserstand im Zeitpunkt des Wasserschadens so niedrig gewesen sei, dass deshalb eine Mitverantwortlichkeit des Grundwassers ausscheide, käme es nicht an. Nach den Angaben des Sachverständigen habe es sich jedenfalls auch um von außen aus dem Erdreich eingedrungenes Wasser gehandelt. Sollte es sich nicht um Grundwasser im engeren Sinne gehandelt haben, müsse mithin Schichtwasser eingedrungen sein. Bei Schichtwasser würde es sich um durch eine wasserstauende Schicht am Versickern gehindertes, vom Hauptgrundwasser unabhängiges Wasser.

 

Dieses Schichtwasser sei vom Leistungsausschluss “Grundwasser“ mitumfasst.  Allgemeine Versicherungsbedingungen wie hier seien so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstünde. Risikoklauseln seien eng auszulegen, da der Versicherungsnehmer nicht mit Lücken im Versicherungsschutz rechnen müsse, ohne dass ihm dies die Klausel hinreichend verdeutliche. Auch wenn die Unterscheidung zwischen „Grundwasser“ und „Schichtenwasser“ nach Angaben des Sachverständigen in bestimmten Fachkreisen von Bedeutung sei, käme es darauf hier nicht an und sei mit „Grundwasser“ auch das „Schichtenwasser“ zu verstehen.

 

Die Versicherungsbedingungen seien aus sich heraus zu interpretieren. Zunächst käme es auf den Wortlaut an, wobei der Sprachgebrauch des täglichen Lebens (und nicht in bestimmten Fachkreisen) maßgeblich sei. Ausgenommen davon sei ein fest  umrissener Rechtsbegriff; wird ein solcher verwandt, wird ein solcher in den Versicherungsbedingungen verwandt, sei im Zweifel anzunehmen, dass der Begriff aus der Rechtssprache gelten soll. Bei „Grundwasser“ handele es sich aber nicht um einen fest umrissenen Rechtsbegriff. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer würde diesen Begriff entnehmen, dass der Versicherer nicht für Schäden haften will, die durch oder auch durch Wasser entstehen, welches natürlicherweise im Erdreich vorhanden sei. Sowohl bei „Schichtenwasser“ als auch bei „Hauptgrundwasser“ würde es sich um im Erdreich gestautes Wasser aufgrund vorangegangener Niederschläge handeln. Der Unterschied bestünde lediglich in der Tiefe, in der das Wasser auf eine wasserundurchlässige Schicht stoße. Die zufällige Frage, auf welcher Ebene das Wasser gestaut würde, spiele damit auch aus Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers keine Rolle. Denn der für den Versicherungsnehmer erkennbar tragende Grund des Ausschlusses im Rahmen einer Elementarversicherung sei, dass der Versicherer nur für die Folgen von Naturereignissen einstehen wolle, die menschlich nicht beherrschbar seien. Dies treffe auf Grundwasser im engeren Sinne ebenso zu wie auch Schichtenwasser.

 

 

Ob zusätzlich (fäkalienfreies) Schmutzwasser eindrang, könne auf sich beruhen. Nach dem Wortlaut der Klausel genüge die Mitursächlichkeit des Grundwassers.


Rohrbruch unterhalb der Bodenplatte

OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 20.02.2019 - I-20 U 2/19 -

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen. Im Streit war zwischen den Parteien, ob der Kläger im Zusammenhang mit einem Wasserschaden Anspruch auf Versicherungsschutz hat.

 

Nach den der Versicherung Wohngebäudeversicherung zugrundeliegenden VGB 2011 sei die Beklagte zur Entschädigung für außerhalb von Gebäuden eintretenden frostbedingten und sonstigen Bruchschäden nur im Hinblick auf Zuleitungsrohre der Wasserversorgung und der Rohre der Warmwasserheizungs-, Dampfheizungs-, Klima-, Wärmepumpen und Solarheizungsanlagen verpflichtet (§ 3 Nr. 2 VGB 2011). Bei einem Abwasserrohr wie hier wäre dieses nur dann von der Versicherung umfasst, wenn es sich innerhalb des Gebäudes befände (§ 3 Nr. 1 VGB 2011). Nach Ansicht des OLG würde sich das Rohr aber, zu dem der Kläger mehrere Rohrbrüche behaupte, außerhalb des Gebäudes befinden. Ausdrücklich würde es in § 3 Nr. 1 VGB 2011 heißen: „Soweit nicht etwas vereinbart ist, sind Rohre und Installationen unterhalb der Bodenplatte nicht versichert.“ Die differenzierende Rechtsprechung des BGH zu den vorangegangenen VGB 62 sei durch die VGB 2011 überholt. Die Beschränkung des Versicherungsschutzes sei auch wirksam. Der Versicherer habe ein legitimes Interesse an der Beschränkung und die Regelung sei auch nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB und stelle sich auch nicht als eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers (§ 307 Abs. 1 BGB) dar. Dies verdeutliche sich schon daraus, dass der Ausschluss nicht nur einseitig der Beklagten als Versicherer diene, sondern auch die Versichertengemeinschaft schütze, da die Feststellung genauer Schadensursachen an solchen Rohren mit einem erheblichen Aufwand verbunden sei (dazu auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.09.2000 - 5 U 345/00 -).

 

Auch die Formulierung im Versicherungsschein „Ihr Wohngebäude ist gegen folgende Gefahren abgesichert: Brand, Blitzschlag, .., Leitungswasser, Bruchschäden innerhalb und außerhalb von Gebäuden sowie Nässeschäden….“. Auch wenn unter gewissen Umständen bei Abweichungen von Antrag und Versicherungsschein nach § 5 Abs. 1 VVG Vertragsbestandteil würden und der Versicherungsvertrag auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 VVG  mit dem Inhalt des Versicherungsscheins zustande kommen könne, würde jedenfalls eine „Abweichung“ hier nicht vorliegen. Der Versicherungsschein müsse nicht das genaue Spiegelbild des Antrages und der zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen sein. Es sei durch Auslegung zu ermitteln, ob tatsächlich inhaltliche Abweichungen vorlägen.

 

 

Die im Versicherungsschein pauschale Formulierung „Bruchschäden innerhalb und außerhalb von Gebäuden“ ergäbe keine Abweichung, da zum Einen auf die VGB 2011 ausdrücklich verwiesen würde, zum Anderen ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erkenne, dass im Versicherungsschein die versicherten Gefahren nur schlagwortartig erfasst würden und sich die Einzelheiten aus den in Bezug genommenen Versicherungsbedingungen ergäben. 


Zur Auslegung des Begriffs der mitversicherten „Einfriedung“

OLG Dresden, Hinweisbeschluss vom 02.01.2018 -  4 U 1400/17 -

Nach den Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung  (Beklagte) waren u.a. „Einfriedungen (und zwar ausschließlich Zäune, Mauern und Hecken“  mitversichert gewesen; vom Versicherungsschutz waren Erdfall und Erdrutsch umfasst. Unter Berufung auf diese Regelung machte die Klägerin als Versicherungsnehmerin Ansprüche geltend. Betroffen war eine Trockenmauer, die – da das Grundstück auf einer Feldkante hoch über einen Wanderweg liegt – an der felskante bis zur Höhe des Grundstücksniveaus reichte. Auf der Trockenmauer befand sich ein Holzzaun. Die Trockenmauer senkte sich im Spätherbst 2015 an einigen Stellen ab, wodurch einzelne Steine und Felsbrocken auf den darunter verlaufenden Wanderweg stürzten. Die Klägerin ließ eine Notsicherung der Trockenmauer und eine Hangsicherung vornehmen und vertrat die Ansicht, die Trockenmauer stelle eine Einfriedung des Grundstücks dar und deshalb handele es sich um eine versicherte Maßnahme, da der Einsturz des Erdbodens und das Abrutschen naturbedingt gewesen seien. Von der Beklagten wurde die Ansicht vertreten, die Trockenmauer habe lediglich Stützfunktion und stelle sich nicht als versicherte Einfriedung dar, da sie nicht vor unbefugten Betreten und unerwünschter Einsicht schütze.

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In seinem Hinweisbeschluss (auf den dann die Berufung zurückgenommen wurde) wies das OLG auf die fehlende Erfolgsaussicht der Berufung nach § 522 ZPO hin.

 

Unter Verweis auf das Urteil des BGH vom 18.10.2017 - IV ZR 188/16 -  wurde vom OLG angemerkt, dass für das Verständnis einer versicherungsvertragliche Klausel darauf abzustellen sei, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese bei verständiger Würdigung nach Durchsicht ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse nach dem erkennbaren Sinnzusammenhang verstehen würde. Damit sei in erster Linie vom Wortlaut auszugehen und der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zwecke und der Sinnzusammenhang seien zusätzlich zu berücksichtigen, soweit für den Versicherungsnehmer erkennbar.

 

Die Trockenmauer, auf der der Zaun stand, würde, so das OLG, von dem verständigen Versicherungsnehmer nicht als Einfriedung angesehen werden. Ein verständiger Versicherungsnehmer würde, den der Begriff Einfriedung nicht geläufig sei, annehmen, dass die Versicherungsbedingungen hier mit den allgemeinen nachbarrechtlichen Regelungen in §§ 921ff BGB sowie den landesrechtlichen Nachbarrechtregelungen identisch seien. §§ 4ff SächsNRG regele insoweit ausdrücklich die Errichtung und Unterhaltung von Einfriedungen. Darunter würde das Gesetz die Einrichtungen an oder auf der Grundstücksgrenze verstehen,  die dazu bestimmt seien, das Grundstück ganz oder teilweise zu umschließen und nach außen abzuschirmen, um so ein unberechtigtes Betreten oder Verlassen zu verhindern oder sonstige störende Einwirkungen abzuwehren. Damit sei nicht vereinbar eine Einfriedung, die lediglich der Grenzscheidung diene.

 

 

Zwar mag vorliegend der Zaun, der auf der Mauer angebracht war, dazu gedient haben, ein unberechtigtes Betreten oder Verlassen des Grundstücks zu verhindern. Nicht aber die Trockenmauer, die auf dem Grundstücksniveau endete. Diese habe lediglich dazu gedient, das Erdreich auf dem klägerischen Grundstück vor einem Abrutschen zu schützen. Die Einfriedungsfunktion habe daher lediglich der Zaun auf der Mauer erfüllt. 


Wohngebäudeversicherung: Verschlammung des Drainagerohres führt nicht zum versicherten Leitungswasserschaden

OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 18.11.2016 - 20 U 148/16 -

Die Klägerin machte aus abgetretenen Recht  Ansprüche gegen die Beklagte als Wohngebäudeversicherer wegen eines Wasserschadens geltend. Nach ihrem Vortrag soll ein Drainagerohr, welches Regenwasser aus einem Fallrohr auf das Grundstück ableiten sollte, wegen der Verschlammung eines anderen Drainagerohres überlastet gewesen sein und deshalb zur Überflutung des Kellers geführt haben. Die Klage wurde vom Land- und im Berufungsrechtszug vom Oberlandesgericht (OLG) abgewiesen. Zum Einen stützen sich die Entscheidungen darauf, dass sich die nicht auf einen Schaden im Keller beziehen, sondern auf (vom Versicherungsschutz ausgeschlossener Maßnahmen) zur Verhinderung des Eindringens von Wasser in den Keller.  

 

Zusätzlich wird zum Anderen darauf hingewiesen, dass auch im Übrigen kein Versicherungsschutz bestünde. 

 

Nach § 4 Nr. 1b VGB 14 werden nur Sachen entschädigt, die „durch Leitungswasser …, Bruch an Leitungswasser führenden Rohren und Rost … zerstört oder beschädigt werden“. Damit läge hier kein Leitungswasserschaden vor. Das Drainagerohr sei kein Zu- oder Ableitungsrohr  der Wasserversorgung oder ein damit verbundener Schlauch , der unter die Versicherungsbedingungen falle. Denn in das Drainagerohr würde lediglich Regenwasser aus der Dachentwässerung eingeleitet, welches nicht der Wasserversorgung diene. Anders al in dem vom OLG Koblenz entschiedenen Fall (Urteil vom 28.01.2011 – 10 U 238/10 -) sei vorliegend keine Verbindung für das Regenfallrohr oder die Drainageleitung mit der Wasserversorgung festzustellen (§ 6 Nr. 1 c, d, e VGB 14); insbesondere sei nicht festzustellen, dass das Regenwasser zusammen mit dem Brauchwasser abgeleitet würde. 

 

Auch ließe sich aus einer angehängten Klausel zu den VGB 14 entnehmen, dass ein versicherter Vorfall vorläge. Danach wäre auch ein Rückstauschaden gedeckt. Rückstau läge aber nur vor, wenn Wasser aus der öffentlichen Kanalisation durch Witterungsniederschläge bestimmungswidrig aus dem Rohrsystem des versicherten Gebäudes oder seiner Einrichtungen austreten würde. Dies ist aber bei der Verschlammung der Drainage nicht der Fall; das Wasser stammt vom Regenfallrohr.

Bitte beachten: Bei der Frage, was versichert ist, kommt es entscheidend auch auf die Regelungen in den Versicherungsbedingungen an. Während hier die VBG 14 zugrunde lagen, lagen dem Fall des LG Wuppertal (auch betreffend einem Regenfallrohr) vom 28.08.2014 die VBG 2008 zugrunde.