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Auktionsrecht


Online-Auktion (eBay) und die Wirkung von Scheingeboten

OLG München, Urteil vom 26.09.2018 - 20 U 749/18 -

Der Zuschlag im Rahmen einer (auch Online-) Auktion führt zum Abschluss des Kaufvertrages, nach dem sich bestimmt, welcher Leistung (Höhe des Kaufpreises) der Bieter (Käufer) an den Anbieter (Verkäufer) zu erbringen hat. Was aber ist, wenn der Anbieter (mittels eines Dritten) versucht, die Gebote künstlich zu erhöhen ?

 

Vorliegend, so das OLG München, sei zwischen den Parteien im Rahmen einer mit einem automatischen Bietsystem abgewickelten eBay-Auktion über den angebotenen PKW des Beklagten ein Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von € 2.010,00 zustande gekommen. Dies, obwohl der Kläger als Höchstbietender mit seinem Maximalgebot von € 6.970,00 den Zuschlag erhalten habe. Nachdem dem Kläger das Fahrzeug zum Preis von € 2.010,00 nicht überlassen wurde, machte er Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem in Höhe der Differenz zwischen dem von ihm angenommenen (vom OLG München bestätigten) Kaufpreis von € 2.010,00 und einem Wert des Fahrzeuges von € 7.020,00 geltend.  Dieser Betrag wurde ihm vom OLG zugesprochen.

 

Das OLG sah es als bewiesen an, dass die durch das automatische Bietsystem vorgenommene Erhöhung des klägerischen Gebots auf den Betrag von € 6.970,00 einzig auf das kurz vorher vom Zeugen K. abgegebene Gebot über € 6.920,00 erfolgt sei. Bei diesem Gebot des Zeugen K. handele es sich aber um ein Scheingebot, welches daher nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig sei. Der Zeuge K und der Beklagte hätten bei der Auktion zusammengewirkt, um die Gebote Dritter zu erhöhen.

 

Dies folgerte das OLG aus dem Vortrag der Parteien und der Aussage des Zeugen K. Während der Beklagte eine nähere Bekanntschaft mit dem Zeugen K. wie auch irgendwelche Absprachen mit diesem zu dieser oder früheren Auktionen rundweg bestritt, habe der Zeuge K. bei seinen zwei Vernehmungen während des Verfahrens eine durchaus enge Freundschaft mit dem Beklagten einräumen müssen und ferner, dass er und der Beklagte sich bei früheren Auktionen durchaus gegenseitig mit Geboten unterstützt hätten um so einen besseren Preis zu erzielen. Von daher sei der Senat des OLG überzeugt, dass der Beklagte und der Zeuge K. auch bei der streitgegenständlichen Auktion gemeinsam vorgegangen seien, um einen vom Beklagten gewünschten Kaufpreis zu erzielen.

 

Zwar habe der Zeuge K. bekundet, dass er in diesem Fall den PKW tatsächlich habe für sich erwerbe wollen. Diese Bekundung ließe sich aber nicht mit seinem Bietverhalten in Übereinstimmung bringen. So hatte er bei der Abgabe seines ersten Gebots einen Betrag von € 69.200,00 eingetippt, was er damit begründete, dass er sich um eine Null zu viel vertippt hätte; diese Eingabe habe nicht dazu gedient, die Maximalgebote der anderen Bieter aufzudecken (was systembedingt erfolgt). Selbst, so das OLG, solle man diese Angabe des Zeugen als wahr unterstellen, ließe sich bei einem echten Interesse des Zeugen nicht erklären, weshalb er im Anschluss lediglich ein Gebot in Höhe von € 6.920,00 abgegeben habe, obwohl er nun gewusst habe, dass das Maximalgebot des Beklagten bei € 6.970,00 lag und er mit einem Einsatz von nur € 55,00 mehr den PKW hätte erwerben können und er selbst den Wert des Fahrzeuges mit € 7.000,00 angab. Der Zeuge K. habe auch keinen nachvollziehbaren Grund benannt, weshalb der Betrag von € 6.920,00 für ihn eine „Schmerzgrenze“ dargestellt habe und die geringfügige Erhöhung nicht möglich gewesen sei.

 

Zudem sei auch die Erklärung des Zeugen, der Beklagte habe sich geweigert ihm den Wagen direkt zu verkaufen, damit die Freundschaft nicht wegen eventueller Fahrzeugmängel aufs Spiel gesetzt würde, nicht glaubhaft. Er selbst will nach seiner Bekundung den Beklagten informiert haben, dass er mitbieten würde, ohne dass er diesbezüglich angibt, dass der Beklagte die zu unterbinden versucht habe. Es sei nicht ersichtlich, weshalb bei einem Erwerb im Rahmen einer eBay-Aktion bei nachträglichem Auftreten von Mängeln die persönliche Freundschaftsbeziehung nicht beeinträchtigt würde.

 

Maximalgebote würden noch keine unbedingten, betragsmäßig bezifferten Annahmeerklärungen darstellen. Lediglich würde mit ihnen erklärt, dass im Vergleich zu dem angegebenen Mindestbetrag oder bereits bestehenden Geboten jeweils nächsthöhere Gebote abzugeben, um dadurch den Mindestbetrag zu erreichen oder bereits bestehende Gebote zu übertreffen (BGH, Urteil vom 24.08.2016 - VIII ZR 100/15 -).  Da nach § 117 BGB das Gebot des Zeugen K. von vornherein kein geeignetes Gebot eines Dritten war, welches vom Kläger hätte überboten werden müssen, habe die aufgrund dieses Gebotes vom Bietsystem vorgenommene Erhöhung des klägerischen Gebots nach dem Erklärungsinhalt der vom Kläger abgegebenen Abnahmeerklärung keine Rechtswirkung entfalten können. Damit sei das letzte echte Gebot eines Dritten, das der Kläger überboten habe, zur Kaufpreisbestimmung heranzuziehen, vorliegend ein Gebot eines unbekannten Bieters über € 2.000,00. Dies sei vom Kläger mit einem Betrag von € 10,00 überboten worden. Der damit bei Auktionsende maßgebliche vereinbarte Kaufpreis beliefe sich deshalb auf € 2.010,00.

 

 

Der Beklagte habe seine vertragliche Pflicht zur Übergabe und Eigentumsverschaffung des PKW nicht erfüllt und verletzt. Mit fristsetzender Mahnung habe der Kläger den Beklagten fruchtlos zur Übergabe des PKW unter Angebot der Zahlung von € 2.010,00 aufgefordert; der Beklagte habe die geschuldete Erfüllung endgültig verweigert, §§ 293ff BGB. Der vom Kläger geltend gemachte Schaden sei auf das positive Interesse gerichtet und bestünde in dem Differenzbetrag zwischen dem Marktwert des Fahrzeuges und dem Kaufpreis von € 2.010,00 (OLG Frankfurt, Urteil vom27.06.2014 - 12 U 51/13 -). Auch wenn eine sachverständige Prüfung (das das Fahrzeug nicht mehr vorhanden sei) des Fahrzeugwertes nicht mehr möglich sei, sei von einem vom Kläger zugrunde gelegten Wert von € 7.020,00 auszugehen, da der Kläger selbst € 6.970,00 geboten habe und der Zeuge K. den Wert mit € 7.000,00 angegeben habe.