Rechtsprechung

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Auf dieser Homepage werden Entscheidungen und Hinweise zu Rechtsentwicklungen in der Regel nur kurz dargestellt. Es werden Verweise auf unsere anderweitigen Publikationen (qua Link) erfolgen, damit der interessierte Leser dort weiterlesen kann. 

 

Im nachfolgenden Blog sind die neuesten auf dieser Seite veröffentlichten Entscheidungen kurz (mit einem Link zu ihnen) dargestellt.

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Die Links zu den Blogbeiträgen führen auf die entsprechende Seite, auf der in der Regel mehrere Artikel finden. Die Blogbeiträge sind nach den Daten der besprochenen Entscheidungen sortiert, das jüngste Datum befindet sich immer oben. Die Überschriften der Beiträge entsprechend den Überschriften der Blogbeiträge.

 

 

Das Werkstattrisiko im Falle der Zession des Schadensersatzanspruchs an Kfz-Werkstatt

BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 239/22 -

 

Bei einem fehlenden (Auswahl- und Überwachungs-) Verschulden des Geschädigten trägt der Schädiger das Werkstattrisiko (z.B. wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt zur Herstellung).

 

Auch bei (teilweiser) unbezahlter Werkstattrechnung kann sich der Geschädigte auf das Werkstattrisiko berufen und Zahlung von Reparaturkosten an die Werkstatt, Zug um Zug gegen Abtretung seiner darauf beruhenden Ansprüche gegen die Werkstatt verlangen.

 

Tritt der Geschädigte ohne Zahlung der Werkstattrechnung seinen Schadensersatzanspruch (bezüglich der Reparaturkosten) gegen den Schädiger an die Werkstatt ab, kann sich die Werkstatt als Zessionar nicht auf das Werkstattrisiko berufen. Sie ist in diesem Fall darlegungs- und beweisbelastet, dass kein Werkstatrisiko vorliegt.

 


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Mündliche Gutachtenerstattung und Selbstprotokollierungsverbot

OLG Hamm, Urteil vom 19.12.2023 - 7 U 73/23 -

 

Was häufig von Gerichten praktiziert wird muss noch lange nicht richtig sein. Dass betrifft nicht nur materielle Entscheidungen, sondern auch prozessuales Vorgehen. Bei vielen Gerichten ist es üblich, dass der Sachverständige sein Gutachten mündlich in der Verhandlung erstattet und er wird aufgefordert, dies selbst in das Protokoll zu diktieren (bzw. auf Tonträger nach § 160a ZPO zu diktieren, welches dann in das schriftliche Protokoll übertragen wird).

 

Für diese Selbstprotokollierung sprechen viele, auch pragmatische Gründe. Doch § 159 ZPO, auf die sich auch z.B. § 160 Abs. 3 Nr. 3 ZPO betreffend der Angaben des (auch gerichtlich bestellten) Sachverständigen bezieht, steht dem entgegen. Das Protokoll ist vom Richter (bei Kammerbesetzung von dem oder der  Vorsitzenden der Kammer) oder dem hinzugezogenen Urkundsbeamten eigenverantwortlich zu führen. Dieser muss die Angaben des Sachverständigen in das Protokoll diktieren. Übernimmt dies der Sachverständige, liegt eine Verletzung der Protokollierungspflicht vor, die auch nicht nach § 295 ZPO (fehlende Rüge oder Verzicht auf die Formvorschrift) geheilt wird. Folge ist, dass das von dem Sachverständigen selbst diktierte mündliche Gutachten im Berufungsrechtszug nicht verwertet werden darf. Es liegt ein wesentlicher Mangel des Verfahrens nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor, der die Zurückverweisung an das Erstgericht (oder eigene erneute Beweiserhebung durch das Berufungsgericht) bedingt.

 


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6-Monatsfrist als Fälligkeitsvoraussetzung bei fiktiver Abrechnung auf 130% vom Wiederbeschaffungswert ?

OLG München, Urteil vom 11.01.2024 - 24 U 3811/23 -

 

Grundsätzlich ist eine mindestens sechsmonatige Weiternutzung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Pkw erforderlich, wenn der Geschädigte einen zwischen Wiederbeschaffungswert und 130 % des Widerbeschaffungswertes liegenden Schaden geltend macht.

 

Rechnet der Geschädigte einen konkreten Schaden (also nach durchgeführter Reparatur die entstanden Reparaturkosten im Rahmen der 130%) ab, stellt sich die Sechsmonatsfrist nicht als Fälligkeitsvoraussetzung dar (Anschluss an BGH, Beschluss vom 18.11.2009 - VI ZB 22/09 -).

 

Die Sechsmonatsfrist stellt sich auch dann nicht als Fälligkeitsvoraussetzung dar, wenn der Geschädigte einen zwischen Wiederbeschaffungsaufwand und Wiederbeschaffungswert liegenden Schaden fiktiv abrechnet (dazu kritische Anmerkung im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 23.05.2006 - VI ZR 192/05 -).

 


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Überraschungsentscheidung und fehlende Anwesenheit im Termin (Finanzgericht)

BFH, Beschluss vom 10.01.2024 - IX B 9/23 -

 

Ein am Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Beteiligter muss nicht an mündlichen Verhandlungen (selbst oder vertreten durch einen Dritten, z.B. Steuerberater oder Rechtsanwalt) teilnehmen. Erscheint er zu einem vom Finanzgericht bestimmten Termin nicht, hat das FG nach pflichtgemäßen Ermessen zu prüfen, ob es gleichwohl in der Sache entscheidet oder den Termin vertagt. Zur Vertagung ist es dann verpflichtet, wenn die Entscheidung aufgrund tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte ergehen könnte, zu denen bisher kein rechtliches Gehör gewährt wurde. Durch die Nichtteilnahme an einem Termin verzichtet ein Beteiligter nicht auf die Verfahrensvorschriften iSv. § 295 ZPO iVm. § 155 FGO.

 

Eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin im Veranlagungsverfahren, Einspruchsverfahren, den Schriftsätzen der Beteiligten und in der Verhandlung nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und so dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht habe rechnen müssen.

 


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Umfang des Begründungszwangs eines Kostenfestsetzungsbeschlusses

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 11.10.2023 - 6 W 98/23 -

 

Für einen Kostenfestsetzungsbeschluss besteht grundsätzlich ein Begründungszwang. Das Unterlassen stellt sich als Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) und Verfahrensfehler dar.

 

Grundsätzlich ist ausreichend, wenn dem Kostenfestsetzungsbeschluss der Kostenfestsetzungsantrag beigefügt oder dieser vorher dem Kostenschuldner überlassen wird. Setzt der Rechtspfleger geltend gemachte Ansprüche ab oder setzt er Ansprüche des Gläubigers fest, gegen die der Schuldner nach vorheriger Überlassung des Antrages Einwendungen erhob, hat der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsbeschluss darzulegen, weshalb er einen Anspruch absetzte bzw. weshalb er trotz Einwendungen einen Anspruch zuerkannte.

 


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Bauträgervergütung ist einheitliche Vergütung und verjährt gem. § 196 BGB

BGH, Urteil vom 07.12.2023 - VII ZR 231/22 -

 

Auf den Bauträgervertrag, demzufolge der Bauträger die Eigentumsübertragung des Grundstücks (oder bei Wohnungseigentums des Miteigentumsanteils) vorzunehmen hat und er eine Bauverpflichtung hat, ist hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks Werkvertragsrecht, hinsichtlich der Übertragung von Eigentum Kaufrecht anzuwenden ist.

 

Die Vergütung des Bauträgers kann aber (sollte dies nicht explizit von den Parteien vereinbart worden sein) nicht in eine Vergütung für die Errichtung des Bauwerks und für die Eigentumsübertragung aufgespaltet werden. Es handelt sich damit in Ermangelung anderweitiger Abreden der Parteien um einen einheitlichen Vergütungsanspruch.

 

Damit muss dieser Vergütungsanspruch auch einheitlich verjähren. Es greift nicht die Regelverjährung von drei Jahren, § 195 BGB. Vielmehr ist § 196 BGB aus systematischen und teleologischen Gesichtspunkten auszulegen und die dortige zehnjährige Verjährungsregelung auch für den Vergütungsanspruch des Bauträgers anzuwenden.

 


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Staatshaftung: Aufstellen von Umleitungsschildern anlässlich Straßenbauarbeiten durch beauftragten Privaten

BGH, Urteil vom 11.01.2024 - III ZR 15/23 -

 

Der Staat bzw. die jeweilige Anstellungskörperschaft haftet aus § 839 BGB gem. Art. 34 S. 1 BGB als Anspruchsgegner des Geschädigten an der Stelle desjenigen, der in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat.

 

Entscheidend dafür, ob das Handeln einer Person als Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes darstellt, ist, ob die eigentliche Zielsetzung der Tätigkeit hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen der Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion (seiner Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient) abzustellen.

 

Es handelt sich (jedenfalls bei verkehrsbeschränkenden Verkehrsregelungen und -zeichen) um Maßnahmen der Eingriffsverwaltung, da die durch sie angeordneten Ge- und Verbote Verhaltensbefehle sind, die für Verkehrsteilnehmer bindend sind.

 

Wird ein privates Unternehmen im Zusammenhang mit Straßenbauarbeiten beauftragt, bei denen eine Straße gesperrt wird, wird das Straßenbauamt als Eingriffsverwaltung tätig und steht das Aufstellen einer Umleitungsbeschilderung einen engen Zusammenhang mit dem Durchfahrtverbot dar,  weshalb das Privatunternehmen bei der Aufstellung der Beschilderung im Rahmen eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes handelt. Fällt das Verkehrsschild um und schädigt einen Dritten, haftet nicht der Privatunternehmer nach § 823 BGB, sondern die Anstellungskörperschaft nach § 839 BGB.

 


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Vormerkung im Grundbuch zur Sicherung von Rückübertragung eines Erbanteils

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2023 - I-12 U 43/23 -

 

Das OLG musste darüber entscheiden, ob der Insolvenzverwalter zur Sicherung eines (insolvenzrechtlichen) Rückübertragungsanspruch auf einen Erbteil im Wege der einstweiligen Verfügung durch Vormerkung im Grundbuch sichern kann. Es entscheid entgegen der Vorinstanz: Der auf Rückübertragung eines Erbteils gerichtete (anfechtungsrechtliche) Rücküberragungsanspruch ist, auch wenn zum Nachlass Grundstücke gehören oder auch nur ein Grundstück gehört, nicht im Grundbuch vormerkungsfähig, §§ 883 Abs. 1, 885 BGB.

 

Die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Rückübertragungsanspruchs kann mithin nur in Bezug auf ein dingliches Grundstücksrecht erfolgen. Verfügt ein Miterbe über seinen Miterbenanteil, verfügt er damit auch dann nicht über das Grundstück, wenn es sich dabei um den einzigen Nachlassgegenstand handelt, weshalb die Rückübertragung sich nur auf das Erbteil, nicht auf das dingliche Recht (Grundstück) bezieht.

 


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Nutzungsänderung, Erfordernis einer Baugenehmigung unter Nutzungsuntersagung

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 22.11.2023 - 1 ME 123/23 -

 

Wird die Nutzung von Räumlichkeiten geändert, ist dies nur dann baugenehmigungsfrei möglich, wenn die neue Nutzung im Rahmen der Variationsbreite der für die bisherige Nutzung erteilten Baugenehmigung erfolgt. Dies ist dann nicht (mehr) der Fall, wenn das öffentliche Baurecht an die bauliche Anlage in der neuen Nutzung andere oder weitergehende Anforderungen stellt. Dies ist schon der Fall, wenn sich neue Fragen des Immissionsschutzes auftun.

 

Bei einer formellen Baurechtswidrigkeit kann eine Nutzungsuntersagung erfolgen, die auch sofort vollzogen werden kann. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit besteht.

 


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Aufnahme der testamentarischen Befreiung von § 181 BGB im Testamentsvollstreckerzeugnis

OLG Hamm, Beschluss vom 23.11.2023 - 15 W 231/23 -

 

Der Erblasser kann in seinem Testament Testamentsvollstreckung anordnen und dort bestimmen, dass der Testamentsvollstrecker „soweit zulässig von allen gesetzlichen Beschränkungen, insbesondere denen des § 181 BGB“ befreit ist. Dies ist im Testamentsvollstreckerzeugnis aufzunehmen. Die dortige Feststellung der Befreiung  ist für den Rechtsverkehr bedeutsam, schon im Hinblick auf den Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt und dem Handelsregister, aber auch für den Fall einer beabsichtigten Bevollmächtigung eines Dritten unter Befreiung von § 181 BGB als auch für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker selbst zusätzlich einen Dritten vertritt.

 

Das OLG Hamm - 15. Senat – hat damit seine bisherige, dem entgegenstehende Rechtsprechung (ausdrücklich) aufgegeben, der andere Oberlandesgerichte gefolgt waren. Es schließt sich der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamburg und des Kammergerichts (KG) an.

 


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Innenausgleich zwischen Versicherern eines Gespanns nach dessen Unfalls bei Rückwärtsfahrt

BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 -

 

Eine Mehrfachversicherung bei einem Zugfahrzeug mit Anhänger oder Auflieger (Gespann) liet eine Mehrfachversicherung iSv. § 78 Abs. 3 VVG vor, wenn Zugfahrzeug und Anhänger bei verschiedenen Versicherern versichert sind. Bei einem Schadensfall sind die Versicherer im Verhältnis zueinander zu einer Ausgleichung entsprechend der Regelung in § 19 Abs. 4 StVG verpflichtet.

 

Bei einem Schadensfall eines Gespanns mit Drittbeteiligung haftet im Innenverhältnis nur der Halter des Zugfahrzeugs, nicht auch der Halter des Anhängers, § 19 Abs. 4 S. 2 StVG. Ausnahmen sind beispielsweise, dass der Anhänger im Einzelfall aufgrund seiner außergewöhnlichen Beschaffenheit (Überlänge, Überbreite, Schwertransporter etc.) eine besondere Gefahr darstellt oder einen technischen Defekt aufweist.

 

Der Umstand, dass sich der Unfall beim Rückwärtsfahren ereignete und § 19 Abs. 1 StVG vom „Ziehen“ des Anhängers spricht, ist für § 19 Abs. 4 StVG ohne Belang, da mit „ziehen“ nur eine Formulierung  verwendet wurde, die das anhängen des Anhängers und des Abhängigkeit vom Zugfahrzeug darstellt.

 

Vorstehendes gilt auch bei einem Zugfahrzeug mit Auflieger.

 


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Betriebsgefahr: Mithaftung bei Kollision mit einem hinter dem Müllwagen vorgeschobenen Container

BGH, Urteil vom 12.12.2023 - VI ZR 77/23 -

 

Befindet sich ein Müllfahrzeug im Einsatz (verdeutlicht vorliegend durch Einschalten der gelben Rundumleuchten, der Warnblinkanlage, laufenden Motor und laufender Trommel/Schüttung) ist für den Vorbeifahrenden damit zu rechnen, dass plötzlich ein Müllwerker hinter dem Müllwagen hervortritt oder dieser eine Müllcontainer vorschiebt. Die Geschwindigkeit ist so einzurichten, dass jederzeit, auch bei einem Abstand von unter 5 m, angehalten werden kann. Eine Geschwindigkeit von 13 km/h ist damit (bei einem Anstand von 50 cm zum Müllfahrzeug) überhöht. Dies gilt auch dann, wenn der Müllwerker den Container schiebt statt ihn (was zur Einsicht in die Straße erforderlich wäre) zieht, gilt dies. Ein Vertrauensgrundsatz, die Müllwerker würden sich verkehrsgerecht verhalten, besteht hier nicht.

 

Damit ist ein Verkehrsunfall, bei dem es zur Kollision des Vorbeifahrenden mit einer Geschwindigkeit von 13 km/h und einem Seitenabstand hier von ca. 50 cm zur Kollision mit einem plötzlich hinter dem Müllwagen vorgeschobenen Müllcontainer kommt, für den Vorbeifahrenden nicht unabwendbar.

 

Das Bringen und Wegbringen von Müllcontainern auf öffentlichen Straßen zum bzw. vom Müllfahrzeug weg gehört noch zum Betrieb des Müllfahrzeugs und unterliegt der Gefährdungshaftung von dessen Halter, § 7 StVG.

 

Bei der Abwägung der Betriebsgefahr nach § 17 Abs. 2 StVG sind die wechselseitigen Verkehrsverstöße einzustellen.

 


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Verkehrssicherungspflicht: E-Ladesäulen-Betreiber auf öffentlichen Parkplatz und Schaden an Pkw durch Baumwurzel

AG Hamburg-Barmbeck, Urteil vom 04.04.2023 - 816 C 113/22 -

 

Bei Straßen und öffentlichen Parkplätzen trägt derjenige die Verkehrssicherungspflicht, der den Verkehr auf dort eröffnet hat. Dies obliegt in der Regel dem Träger der Straßenbaulast.

 

Den Betreibern von Straßenlaternen und von E-Ladestationen, die im öffentlichen Bereich aufgestellt werden, trifft keine Verkehrssicherungspflicht für Gefahren auf einem öffentlichen Parkplatz, auch wenn unmittelbar neben einen als E-Ladestation ausgewiesenen Parkplatz mit E-Ladestation eine Straßenlaterne steht, an deren Fuß sich ein Baumstumpf befindet, der von Laub überdeckt und nicht wahrgenommen wird.  Für einen durch diesen Baumstumpf verursachten Schaden an einem Fahrzeug haften sie nicht.

 


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Kostenfestsetzung: Fragen im Falle der Berufungsrücknahme

 

BAG, Beschluss vom 15.12.2023 – 9 AZB 13/23 -

 

ss vom 15.12.2023 – 9 AZB 13/23 -Nach § 91 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 ZPO sind die Rechtsanwaltskosten grundsätzlich in zivilrechtlichen Streitigkeiten zu erstatten, ohne dass eine Prüfung der Notwendigkeit entstandener Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erfolgt. Allerdings unterliegen sie und die Durchsetzung des Anspruchs dem aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleiteten Missbrauchsverbot.

 

Erfolgt mit der Zustellung einer Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelbegründung der Hinweis darauf, dass wegen Versäumung einer Frist beabsichtigt sei, das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zu verwerfen, so kann der Gegner  (auch wenn nach der Kostenentscheidung der Rechtsmittelführer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat) seine Rechtsanwaltskosten nicht durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen den Rechtsmittelführer festsetzen lassen, wenn sich der Prozessbevollmächtigte des Rechtsmittelgegners erst nach diesem Hinweis zur Akte des Rechtsmittelgerichts für das dortige Verfahren meldet. Die vorangegangene Empfangnahme der Rechtsmittelschrift und -begründung wären hier noch als erstinstanzlicher Prozessbevollmächtigter erfolgt und mit den dortigen Gebühren abgegolten.

 

Erfolgt die Meldung zur Gerichtsakte allerdings, nachdem der Rechtsmittelführer zu erkennen gibt, das Verfahren trotz des gerichtlichen Hinweises fortsetzen zu wollen, sind die Kosten des gegnerischen Prozessbevollmächtigten auch dann zu erstatten, wenn danach das Rechtsmittel zurückgenommen wird.


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§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und das Verbot privater Handynutzung

BAG, Beschluss vom 17.10.2023 - 1 ABR 24/22 -

 

Ob eine nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterliegende Maßnahme vorliegt, ist davon abhängig, ob die Maßnahme das Ordnungsverhalten (dann mitbestimmungspflichtig) oder das Arbeitsverhalten (dann nicht mitbestimmungspflichtig) betrifft.

 

Um Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar abgefordert oder konkretisiert wird, handelt es sich um Maßnahmen zum Arbeitsverhalten. Das Ordnungsverhalten ist betroffen, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers auf die Gestaltung des kollektiven Miteinanders oder die Gewährleistung und Aufrechterhaltung der vorgegebenen Ordnung des Betriebs zielt. Sind durch eine Maßnahme das Arbeits- wie auch das Ordnungsverhalten betroffen, kommt es darauf an, wo der Schwerpunkt liegt.

 

Bei dem Verbot von Mobiltelefonen / Smartphones (Handys) ist das Arbeits- wie auch das Ordnungsverhalten betroffen. Der Schwerpunkt des Verbots liegt allerdings auf dem Arbeitsverhalten. Die Nutzung der wesentlichen Verwendungsarten (telefonieren, lesen und versenden von Kurznachrichten, anschauen von Videos) erfordert eine Betätigung des Gerätes und die Aufmerksamkeit des Nutzers, was u.a. zu unkonzentrierten Arbeiten führen kann.  Typischerweise betrifft die Untersagung der Nutzung dieser Geräte das Arbeitsverhalten.

 


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Schadensersatz: Auswahlverschulden bei Personenidentität Sachverständiger und Kfz-Reparaturwerkstatt

AG Hanau, Urteil vom 1810.2023 - 39 C 30/23 -

 

Die vom Geschädigten nach einem Kfz-Unfall aufgewandten Kosten der Begutachtung des Kraftfahrzeugs durch einen Sachverständigen gehören grundsätzlich zu den nach § 249 BGB erstattungsfähigen Kosten, wenn das Gutachten für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs  erforderlich und zweckmäßig ist. Wird das Fahrzeug repariert, dient das Gutachten eines neutralen Sachverständigen der Kontrolle der von der Werkstatt berechneten Kosten durch den Geschädigten und den Schädiger sowie zur Überzeugung des ersatzpflichtigen Haftpflichtversicherers.

 

Nicht erstattungsfähig sind aber dann die Kosten des Sachverständigengutachtens, wenn sich das Gutachten nachträglich als ungeeignet erweist und dies vom Geschädigten zu vertreten ist. Dies ist der Fall, wenn der Geschädigte auf ein Gutachten vertraut, welches nicht frei ist von dem Verdacht unsachlicher Interessenswahrnehmung. Davon ist auszugehen, wenn der Gutachter gleichzeitig Inhaber, Angestellter oder Gesellschafter des Kfz-Werkstattbetriebes ist und dies für den Geschädigten erkennbar ist.

 

Erteilt der Geschädigte zeitgleich den Gutachtenauftrag und den Reparaturauftrag bei Kenntnis der Personenidentität, kann das Gutachten nicht mehr seinen Zweck erfüllen, da der Verdacht einer unsachlichen Interessenswahrnehmung begründet ist, weshalb ein Kostenerstattungsanspruch des Geschädigten auf die Sachverständigenkosten unabhängig davon entfällt, ob das Gutachten inhaltlich richtig oder falsch ist.

 


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Arglist bei Kenntnis von Abweichung von üblicher Beschaffenheit und Unkenntnis von Mangelursache

BGH, Urteil vom 27.10.2023 - V ZR 43/23 -

 

Der einem Verkäufer bekannte Sachmangel ist von ihm dem Käufer gegenüber zu offenbaren,  wenn es sich bei dem Mangel nicht um einen einer Besichtigung zugänglichen und ohne weiteres erkennbaren Mangel handelt, den der Käufer bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann. Die Ursache des Mangels muss dem Verkäufer dabei nicht (auch nicht teilweise) bekannt sein. Ausreichend ist, dass er die den Mangel begründenden Umstände kennt (hier: Abweichung von der üblichen Beschaffenheit infolge Eindringen von Wasser durch das Terrassendach), nicht, dass er daraus den Schluss auf das Vorliegen eines Sachmangels zieht.

 

 

 

 

Arglistiges Verschweigen des Sachmangels liegt vor, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder jedenfalls damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abschließen würde.

 

 

 

Das Verschweigen von mehrfachen Wassereintritt durch das Terrassendach stellt sich danach als ein arglistiges Verschweigen eines Mangels dar.

 


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Verbrauchers Widerrufsrecht bei Nachtrag zu einem Werkvertrag

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.04.2023 - 8 U 17/23 -

 

Wird von einem Verbraucher mit einem Unternehmer ein Vertrag über die Erbringung von Ausbauarbeiten an seinem Privathaus geschlossen, liegt ein Werkvertrag vor, unabhängig davon, ob es sich um einen Bau- (§ 650a BGB) oder Verbrauchervertrag (§ 650i BGB) handelt. Kommt es außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers (hier: auf der Baustelle) zu einem Nachtrag zu diesem Vertrag, in dem für die danach zu erbringenden Leistung ein bestimmtes Entgelt zu zahlen ist, liegt ein selbständiger Vertrag vor, der dem Verbraucher berechtigt, diesen Nachtrag zu widerrufen (§ 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB) mit der Folge, dass er Rückzahlung des gezahlten Werklohns verlangen kann.

 


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Dankes- und Wunschformel im Arbeitszeugnis, deren Streichung und Maßregelungsverbot

BAG, Urteil vom 06.06.2023 - 9 AZR 272/22 -

 

Der Arbeitnehmer hat in einem Arbeitszeugnis lediglich einen Anspruch auf die Aufnahme von in § 109 GewO benannten Bewertungen. Dazu zählt nicht die Aufnahme einer Dankes-, Bedauerns- und/oder Wunschmitteilung für die Zukunft (z.B.: „Wir danken für ihre wertvolle Mitarbeit und bedauern es, Sie als Mitarbeiterin zu verlieren. Für Ihren weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir Ihnen alles Gute und auch weiterhin viel Erfolg.“).

 

Nimmt der Arbeitgeber in einem Arbeitszeugnis eine  Dankes-, Bedauerns- und/oder Wunschmitteilung vor und streicht er diese, nachdem der Arbeitnehmer zulässig und begründet eine Änderung des Arbeitszeugnisses begehrt, kann dies gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer auf eine entsprechende Formel einen Anspruch hatte, da § 612a BGB auch vor Nachteilen im Bereich von freiwilligen Leistungen schützt.

 

Erforderlich ist, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem berechtigten Zeugnisberichtigungsbegehren und der Streichung der Dankes- und Wunschformel besteht. Dies ist vom Arbeitnehmer dazulegen und zu beweisen, der einen darauf hindeutenden Sachverhalt darlegen muss, zu dem sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen erklären muss. Kommt er dem nicht oder ungenügend nach, ist von einer in der Streichung der Formel liegenden Maßregelung auszugehen und begründet einen Anspruch auf Aufnahme der gestrichenen Formel.

 

Offen bleibt, ob durch die Aufnahme einer Dankes- und Wunschformel in dem vorherigen Zeugnis eine Selbstbindung des Arbeitgebers liegt. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) an den Inhalt eines erteilten Zeugnisses gebunden. Von seinen Wissenserklärungen zur Leistung des Arbeitnehmers darf er nur abweichen, wenn ihm nachträglich Umstände bekannt werden, die eine abweichende Bewertung rechtfertigen. Gleiches könnte für die Dankes- und Wunschformel gelten.

 


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Anscheinsbeweis für den Zugang eines Einwurf-Einschreibens

LAG Nürnberg, Urteil vom 15.06.2023 - 5 Sa 1/23 -

 

Nach dem Beweis des ersten Anscheins gilt der Zugang eines Einwurf-Einschreibens als erfolgt, wenn der Absender den Einlieferungsschein und die Reproduktion des Auslieferungsbelegs vorlegt. Dies gilt auch im Hinblick auf das Datum der Auslieferung. Ferner ist, erfolgt die Zustellung durch einen Mitarbeiter der Deutschen Post AG, davon auszugehen, dass die Zustellung zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten erfolgte.

 


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Änderungen für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) ab dem 01.01.2024 (Gesellschaftsregister)

Gesellschaften bürgerlichen Rechts waren bisher nicht in einem Register eingetragen. Dies hat sich mit dem 01.01.2024 geändert. Obligatorisch ist die Eintragung für Gesellschaften, die Grundbesitz halten. Gesellschaften mit Grundbesitz, die bereits zum 01.01.2024 im Grundbuch eingetragen sind, bedürfen der Eintragung im Gesellschaftsregister nur, wenn im Grundbuch ein die Gesellschaft betreffendes Recht eingetragen werden soll. 


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Errichtung eines „Balkonkraftwerkes“ durch den Mieter

AG Köln, Urteil vom 26.09.2023 - 222 C 150/23 -

 

Sieht der Mietvertrag für bauliche Änderungen vor, dass diese einer Genehmigung durch den Vermieter bedürfen, bedarf die Aufstellung oder Anbringung einer Solaranlage („Balkonkraftwerk“) seiner Genehmigung, deren Erteilung grundsätzlich in seinem Ermessen liegt. Die Anbringung von Solarpaneelen außenliegend kann der Vermieter untersagen; allerdings wäre die Versagung einer optisch nicht beeinträchtigenden (von außen nicht sichtbaren), auf dem Boden ohne Substanzbeeinträchtigung stehenden Solaranlage rechtsmissbräuchlich und kann mithin der Mieter die Genehmigung einfordern, der Vermieter allerdings eine Sicherheit für den Rückbau fordern.

 


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Keine Erbauseinandersetzung im Rahmen der Begründung von Wohnungseigentum möglich

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.07.2023 - 14 W 41/23 -

 

Eine Eintragung im Grundbuch soll nach § 39 Abs. 1 GBO nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen ist, als der Berechtigte eingetragen ist. Allerdings ist § 39 Abs. 1 GBO nach § 40 Abs. 1 GBO nicht anzuwenden, wenn die betroffene Person Erbe des Berechtigten ist und die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll.

 

Die Begründung des Wohnungseigentums, wonach das Grundstück in Miteigentumsanteile aufgeteilt wird und mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an Wohnungen oder nicht zu Wohnzwecken bestimmten Räumen verbunden wird, bedarf einer Erklärung des (zum Zeitpunkt des Vollzugs der Teilung auch im Grundbuch) eingetragenen Alleineigentümers.

 

§ 40 Abs. 1 GBO ist weder direkt noch entsprechend anwendbar, wenn durch die Teilung des im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Grundstücks mit nachfolgender Übertragung des Wohnungseigentums auf die Erben in Vollzug der Aufhebung der Erbengemeinschaft eine Wohnungseigentümergemeinschaft gebildet werden soll. Es ist in diesem Fall eine Voreintragung der Erben als Eigentümer gem. § 39 Abs. 1 GBO notwendig.

 


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Aufschiebend bedingt bestellter Geschäftsführer und seine Registeranmeldung

OLG Hamm, Beschluss vom 15.06.2023 - 27 W 42/23 -

 

Die notarielle Beurkundung der Anmeldung eines neu bestellten Geschäftsführers, dessen Bestellung in der Zukunft liegt, durch diesen ist wirksam, wenn er zum Zeitpunkt der Anmeldung zwar noch nicht im Handelsregister eingetragen, aber anmeldeberechtigt war. Anmeldeberechtigt ist er auch bei einer aufschiebend bedingten Bestellung.

 

Die Bestellung zum Geschäftsführer zu einem bestimmten Termin stellt sich als aufschiebende Bedingung dar. Damit genügt zur Wirksamkeit der Anmeldung, wenn diese unmittelbar nach Eintritt der aufschiebenden Bedingung bei dem Registergericht eingereicht wird.

 


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Unterhaltsänderungsantrag des mit sorgeberechtigten nicht ehelichen Vaters und Vertretung des Kindes

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 12.10.2023 - 12 UF 81/23 -

 

Steht beiden nicht verheirateten Elternteilen das gemeinsame Sorgerecht zu, ist in einem Unterhaltsabänderungsverfahren eines Elternteils gegen das gemeinschaftliche minderjährige Kind der Elternteil von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, der das Verfahren betreibt.

 

Eine Ergänzungspflegschaft des Kindes zur Vertretung in diesem Verfahren bedarf es aber nur dann, sollten auch bei dem andren Elternteil Gründe vorliegen, die einer Vertretung entgegenstehen. Ist dies nicht der Fall, so wächst die elterliche Sorge insoweit dem anderen Elternteil alleine zu, der dann das minderjährige Kind in dem Verfahren vertritt.

 


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Vollstreckung der Einreichung der Gesellschafterliste nach § 888 ZPO

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 16.08.2023 - 7 W 89/23 -

 

Der Geschäftsführer hat die Gesellschafterliste bei  dem Handelsregister einzureichen, § 40 Abs. 1 HGB.

 

Ein gerichtlicher Titel, nach dem die Gesellschafterliste bei dem Handelsregister durch den Geschäftsführer einzureichen ist, ist nach § 888 ZPO, nicht nach § 887 ZPO zu vollstrecken.

 

§ 887 ZPO betrifft die Vollstreckung vertretbarer Handlungen, § 888 ZPO die Vollstreckung unvertretbarer Handlungen. Da hier die Handlung (Einreichung der Gesellschafterliste) durch den Geschäftsführer vorzunehmen ist, handelt es sich um eine unvertretbare Handlung, weshalb sie nicht durch einen Nicht-Geschäftsführer (wie hier Gesellschafter) nach § 887 ZPO vorgenommen werden kann.

 

Aus dem Urteil des BGH vom 08.11.2022 - II ZR 91/21 – folgt auch nichts anderes.

 


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Rheinland-Pfalz: Aussetzung der Vollziehung zum Grundsteuerwert nach neuer gesetzlicher Regelung

FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.11.2023 - 4 V 1429/23 -

 

 

Das Finanzgericht formulierte folgende Leitsätze zu seiner Entscheidung

 

1. Der Rechtsschutz gegen Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 wird umfassend durch die Finanzgerichten gewährt. Der Finanzrechtsweg ist dabei für alle maßgeblichen Rechtsfragen, auch bezüglich der Einwände gegen die bewertungsrelevanten Bodenrichtwerte eröffnet, ohne dass es insofern einer Klage zu den Verwaltungsgerichten bedürfte.

 

2.Die Bewertungsregeln der §§ 218 ff. BewG sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass Steuerpflichtige einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden niedrigeren Grundstückswert nachweisen können.

 

3. Für den Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts ist kein zwingendes Wertgutachten erforderlich.

 

4. Es bestehen bereits deshalb ernstliche Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit der rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse, weil es nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung möglich ist, dass der Vorsitzende des Gutachterausschusses durch die Auswahl der Mitglieder nach Anzahl und konkreter Besetzung Einfluss nehmen kann.

 

5. Es bestehen für die rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse ernstliche Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit auch bezüglich des für die Bodenrichtwertermittlung zwingend im Gutachterausschuss mitwirkenden Bediensteten der Finanzverwaltung, weil die Finanzverwaltung dessen Tätigkeit im Bereich der Grundstücksbewertung jederzeit beenden und damit sein automatisches Ausscheiden aus dem Gutachterausschuss bewirken kann.

 

6. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Vollständigkeit der für die Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendigen Datengrundlage, weil in den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse erhebliche Datenlücken bestehen könnten. Daher sind erhebliche Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte zu befürchten.

 

7. Es bestehen ernstliche Zweifel daran, dass die neuen Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG zu einer aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung führen.

 

8. Aus den Regelungen des GrStG sowie der §§ 218 ff. BewG ist der Belastungsgrund der Grundsteuer nach dem Grundsteuer-Reformgesetz nicht eindeutig erkennbar.

 

9. Die große Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen in den §§ 243 ff. BewG und eine nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke führt zu gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Wertverzerrungen für den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung.

 

 

10. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit der §§ 243 ff. BewG mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil ein gleichheitswidriges Vollzugsdefizit bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte besteht. Den Gutachterausschüssen stehen nur unzureichende rechtliche Instrumente zur effektiven Sachverhaltsermittlung sowie zur Überprüfung der Angaben von Grundstückseigentümern zur Verfügung, die für die Ermittlung der Bodenrichtwerte aber erforderlich wären.


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Testament: Ergänzungen/Änderungen und das Formerfordernis der Unterschrift

OLG München, Beschluss vom 25.08.2023  33 Wx 119/23 e -

 

Ein eigenhändige Testament ist stets vom Erblasser selbst zu schreiben und mit seinem vollständigen Vor- und Zunamen zu unterschreiben, § 2247 BGB. Erfolgt nach der Unterschrift eine Ergänzung oder Änderung des Testaments, ist diese grundsätzlich ebenfalls eigenhändig zu unterschreiben.

 

Eine Ausnahme von einer Unterschrift unter die Ergänzung ist nur dann möglich, wenn z.B. eine Lückenhaftigkeit vorliegt und nur durch Ausfüllen der Lücke mittels des nicht unterschriebenen Teils der letzte Wille ersichtlich wird.

 

Wird in einem Testament lediglich ausgeführt, was vermacht werden soll (hier: „Ich vermache alles was ich habe“ mit Auflistung) und dies unterschrieben, sodann in einem zweitem Textteil angegeben wird, an wen alles vermacht wird, ohne diese Ergänzung zu unterschreiben, enthält zwar der erste Textteil eine Regelung zum Umfang, stellt sich der zweite Textteil aber als eigenständige Verfügung dar, die einer Unterschrift bedarf, der erste Textteil mangels einer Regelung zur Person des Bedachten als Nichtverfügung. Das Testament ist unwirksam, § 125 BGB.

 


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Beschaffenheit, Kellerfeuchte und Mangel gem. § 434 BGB

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom 22.02.2023 - 7 U 199/22 -

 

Leitsatz: „Der Keller eines im Jahr 1954 errichteten Einfamilienhauses weist zum Kaufzeitpunkt im Jahr 2019 trotz der baujahrtypisch und standzeitbedingt üblichen Feuchtigkeit eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Der damals übliche Schwarzanstrich der Kelleraußenwand hat nur eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 30 bis 40 Jahren. Nach Ablauf dieser Zeit ist bei einem unsanierten Haus regelmäßig von üblichen Durchfeuchtungen der Kellerwände auszugehen.“

 

Ohne entsprechende vertragliche Regelung oder Befragen durch den Käufer bedarf es keiner Offenbarung dieser Feuchtigkeit durch den Verkäufer.

 


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Links blinken am Traktorgespann: Unklare Verkehrslage und Haftungsabwägung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom  26.07.2023 - 7 U 42/23 -

 

Ein Überholen ist bei eingeschalteten linken Fahrtrichtungsanzeiger an einem Traktor wegen unklarer Verkehrslage nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO. Dies gilt auch dann, wenn für den Überholer eine Feld- oder Hofeinfahrt, in die das Gespann abbiegen könnte, nicht sichtbar ist.

 

Ereignet sich bei diesem Abbiegevorgang ein Unfall, sind die wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge sowie die Betriebsgefahr der Fahrzeuge gegeneinander abzuwägen. Auf Seiten des Traktorgespanns ist ein Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO (kein Abbiegen in eine Einfahrt, wenn Dritte gefährdet werden können) und auf Seiten des Überholers ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO zu berücksichtigen; unter Berücksichtigung der jeweiligen Betriebsgefahr führt dies zu einer Haftungsteilung (50 : 50).

 


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Rechtsbeschwerde: Anforderungen bei Zurückweisung der Berufung mangels Erreichens der Beschwer

BGH, Beschluss vom 12.09.2023 - VI ZB 72/22 -

 

Setzt das Berufungsgericht den Beschwerdewert auf einen Betrag von bis zu € 600,00 fest und wird deshalb die Berufung als unzulässig verworfen, ist dagegen die Rechtsbeschwerde statthaft.

 

Zu prüfen wäre hier vom Berufungsgericht, ob das Erstgericht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer über € 600,00 liegt und es von daher keiner gesonderten Zulassung nach § 511 Abs.2 Nr. 1 ZPO bedarf, weshalb in diesem Fall das Berufungsgericht die Entscheidung über die Zulassung nachholen muss. Das Rechtsbeschwerdegericht muss dies aber nicht prüfen, wenn ein Grund für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung iSv. § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht vorliegt.

 

Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde richtet sich hier nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung). Dieser Zulassungsgrund ist in der Rechtsbeschwerde schlüssig darzulegen. Stellt die Rechtsbeschwerde (auch) auf die Höhe der Beschwer ab und nimmt eine solche von über € 600,00 an, so ist insoweit darzulegen, dass das Berufungsgericht sein Ermessen nach § 3 ZPO überschritten oder davon rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat. Fehlt es an entsprechenden Darlegungen, ist die Rechtsbeschwerde zwar statthaft, aber unzulässig.

 


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Haftungsverteilung zwischen rückwärts Einparkenden und rückwärts aus Grundstück Ausfahrenden

BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22 -

 

Ein (unmittelbares) Rückwärtseinparken („Rangieren“) ist ebenso wie ein Rückwärtsfahren aus einem Grundstück auf die Straße kein unzulässiges Rückwärtsfahren auf Richtungsfahrbahnen gegen die Fahrtrichtung.

 

Ein Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen ist aber unzulässig, wenn es erst dazu dient, zu einer freien oder freiwerdenden Parklücke zu gelangen; gleiches gilt auch dann, wenn das Rückwärtsfahren dazu dient, einem Fahrzeug die Ausfahrt aus einer Parklücke zu ermöglichen, um anschließend diese zu nutzen.

 

Zwar kann bei einem rückwärts aus einem Grundstück Fahrenden der erste Anschein dafür sprechen, dass ein Sorgfaltsverstoß gegen §§ 9 Abs. 5, 10 S. 1 StVO und mithin eine (Mit-) Verursachung des Unfalls vorliegt. Allerdings fehlt es an der erforderlichen Typizität für einen Anscheinsbeweis dann, wenn der Unfallgegner die Einbahnstraße unzulässig in entgegengesetzter Fahrtrichtung rückwärts befahren hat.

 


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Beweislast bei ordentlicher Kündigung zur Behauptung eines unbefristeten Mietverhältnisses

OLG Dresden, Urteil vom 12.07.2023 - 5 U 255/23 -

 

Der Mieter kann ein nicht befristetes Mietverhältnis (hier über Gewerberäume) jederzeit ordentlich, d.h. mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen, sollte nicht eine andere Frist vereinbart sein. Der Mieter, der sich zur Abwehr der Kündigung und des darauf gestützten Räumungsverlangens auf eine Befristung des Mietverhältnisses beruft (hier: bis 2044), muss diese Befristung darlegen und beweisen.

 

Liegen zwei Mitverträge gleichen Datums vor, wobei der die Befristung enthaltene Mietvertrag nur in Kopie vom Mieter vorgelegt wird, kann der Mieter den Beweis der Befristung nicht dadurch führen, dass er sich zum Bewies des vom Vermieter als Original vorgelegten, eine Befristung nicht enthaltenen Mietvertrages nicht erfolgreich auf eine Fälschung berufen. Einem Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung der Fälschung muss das Gericht nicht nachgehen, da auch bei unterstellter Fälschung sich nicht ergeben würde, dass ein Mietvertrag mit einer Befristung existiert.   

 

Die Berufung des Klägers auf Zeugen, dass die Kopie einem Original entspricht, ist unbeachtlich, wenn die Zeugen nach seiner eigenen Angabe den Inhalt dieses Originals nicht gelesen haben.

 


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Beschwerderecht des Zeugen bei teilweiser Stattgabe des geltend gemachten Zeugnisverweigerungsrechts

BGH, Beschluss vom 20.07.2023 - IX ZB 7/22 -

 

Bei dem dem Zeugen zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht ist u.a. zwischen Angehörigen eines Zeugen, die Partei sind (Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) und solchen, die nicht Partei sind (Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO) zu unterscheiden. Die Normen spiegeln unterschiedliche Konfliktlagen wieder.

 

Beruft sich ein Zeuge bei der Geltendmachung eines Zeugnisverweigerungsrechts sowohl auf § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als auch auf § 384 Nr. 2 ZPO, muss das damit befasste Gericht über beide Verfahrensgegenstände im Rahmen des Zwischenstreits durch Zwischenurteil entscheiden. Tenoriert das Erstgericht zwar, dass dem Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, lehnt es aber in den Entscheidungsgründen ein solche nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ab, ist der Zeuge diesbezüglich beschwert. Er kann in diesem Fall Beschwerde wie auch Anschlussbeschwerde (form und fristgerecht) einlegen. Legt er diese nicht ein, fällt der Weigerungsgrund des § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bei dem Beschwerdegericht (wenn eine Partei Beschwerde einlegt, der Zeuge aber weder Beschwerde noch Anschlussbeschwerde einlegt) nicht an und ist von diesem darüber nicht zu entscheiden.

 

Die Zeugnisverweigerung nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO greift weiter als jene nach § 384 Nr. 2 ZPO, da sie grundsätzlich für das gesamte Verfahren gilt, demgegenüber sich § 384 Abs.1 Nr. 2 ZPO nur auf die Beweisfrage bezieht. 


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Zur Informationspflicht des Reiseveranstalters zu Witterungsverhältnissen

OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.08.2023 - 16 U 54/23 -

 

Der Reiseveranstalter ist zur Information des buchenden Reisenden über übliche Witterungsverhältnisse am Zielort zu dem Buchungszeitraum nicht verpflichtet. Der Reisende kann sich selbst via Internet (kostenfrei) über die dortigen Witterungsverhältnisse informieren.

 

Eine Beeinträchtigung der Sichtverhältnisse bei einer Rundfahrt (hier in Ecuador, Festland) infolge jahreszeitbedingten (Monsum-) Regens und Nebelbildung begründet keine Minderung des Reisepreises, wenn diese Witterungsverhältnisse örtlich und jahreszeitlich üblich sind und soweit deshalb nicht Programmpunkte entfallen müssen.

 

Eine Informationspflicht bei Buchung besteht für den Reiseveranstalter dann, wenn sich für den Reisezeitraum eine atypische, unvorhergesehene Wetterlage abzeichnet und auf die vereinbarte Reiseleistung auswirken kann (so die Durchführbarkeit geplanter Fahrten oder Wanderungen). Insoweit trifft den Reiseveranstalter eine eigene Erkundigungs- und Umweltbeobachtungspflicht.

 


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Erhöhte Sorgfaltspflicht des auf die Straße vom Parkplatz auch bei Rotlicht der Fußgängerampel

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14.02.2023 - 7 U 63/22 -

 

Wer aus einem Grundstück, einer Fußgängerzone oder einem verkehrsberuhigten Bereich auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat dabei eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen; es gilt für ihn eine erhöhte Sorgfaltspflicht, § 10 StVO.

 

Der von einem Parkplatz auf die Straße Einfahrende wird auch dann nicht von seiner erhöhten Sorgfaltspflicht nach § 10 StVO entbunden, wenn sich auf der bevorrechtigten Straße eine Fußgängerampel befindet, deren Rotlicht den Verkehr sperrt. Die Fußgängerampel dient lediglich der Schutz des dortigen Fußgängerverkehrs, nicht aber (auch) zur Regelung der Verkehrsverhältnisse zur Einfahrt auf die Straße.

 


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Verletzung rechtlichen Gehörs bei fehlender Auseinandersetzung mit privatgutachtlich gestützten Vortrag

BGH, Beschluss 28.03.2023 - VI ZR 29/21 -

 

Begründet eine Partei unter Vorlage eines Privatgutachtens, auf welches sich der Vortrag stützt, dass eine Brandursache eines Geschirrspülers anhand der vorhandenen Lichtbilder des Brandortes und von Zeugen bekundeten Erkenntnissen vor Ort ausreichend Indizien für die Brandursächlichkeit eines Produktfehlers bieten, stellt sich der Hinweis des Gerichts im klageabweisenden bzw. die Berufung zurückweisenden Urteil nicht als erforderliche Auseinandersetzung mit dem auf das Gutachten gestützten Vortrag der Partei dar und verletzt die Partei entscheidungserheblich in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG), die Geschirrspülmaschine sei zwischenzeitlich entsorgt und damit einer Begutachtung nicht zugänglich, weshalb sich die Brandursache nicht mehr feststellen ließe.  

 

Der Geschädigte muss nicht nachweisen, dass der Produktfehler auf eine von dem Hersteller zu verantwortende Verletzung der Sorgfaltspflicht zurückzuführen ist und auf welche Weise die (etwaige) Pflichtverletzung zur Fehlerentstehung geführt hat.

 

Der Beweis eines Produktfehlers wird nicht deshalb grundsätzlich ausgeschlossen, da der angeblich produktfehlerhafte Gegenstand nicht mehr vorhanden ist.

 


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Arglistige Täuschung des Versicherers zu und unzureichende Darlegung von Vorschäden

Hanseatische OLG Bremen, Hinweisbeschluss vom 14.06.2023 - 3 U 41/22 -

 

Ein Versicherungsnehmer täuscht arglistig durch Vorspiegelung falscher oder Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums, wobei der Versicherungsnehmer vorsätzlich handeln muss, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Infolge des Verschweigens bekannter Vorschäden kann der Kaskoversicherer wegen Obliegenheitspflichtverletzung die versicherungsvertragliche Leistung verweigern, § 28 Abs. 3 S. 2 VVG.

 

Macht der Versicherungsnehmer einen fiktiven Schadensersatzanspruch auf Gutachtenbasis nach einem wirtschaftlichen Totalschaden in Form des (Netto-) Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes geltend, sind die Vorschäden nach Art und Umfang und eine mögliche Reparatur darzulegen und nachzuweisen. Erfolgt dies nicht, kann auch kein Mindestschaden nach § 287 ZPO geschätzt werden.

 


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Darlehens-Rückzahlungspflicht wegen zugerechneter Kenntnis von Darlehensaufnahme

BGH, Urteil vom 26. September 2023 - XI ZR 98/22 -

 

1. Leitsatz BGH: Gemäß § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB sind gesetzliche Ansprüche nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies zwar nicht selbst erkannt hat, ihm aber in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis einer anderen Person von dieser irrigen Vorstellung des Unternehmers zuzurechnen ist.

 

2. Nimmt die Ehefrau unter dem Namen ihres Ehemanns ein Darlehen (unter Fälschung der Unterschrift) auf und ist diese bei den Eheleuten für die finanziellen Belange verantwortlich, wird die Kenntnis von dem Darlehen dem Ehemann zugerechnet. Es liegt kein Fall des § 241a Abs. 1 BGB vor, § 241a Abs. 2 BGB.

 

3. Der Ehemann kann von der das Darlehen auszahlenden Bank wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) auf Rückzahlung in Anspruch genommen werden, auch wenn er selbst den Darlehensbetrag nicht erhielt. Eine Entreicherung (§ 819 Abs. 1 BGB) kann von ihm nicht eingewandt werden, da er sich die Kenntnis (§ 818 Abs. 3 BGB) seiner Ehefrau von der Rückzahlungsverpflichtung wie im Fall des § 241a BGB zurechnen lassen muss. 

 


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Zuständiges Gericht bei Unterlassungsklage zu ehrverletzenden Äußerungen zwischen Wohnungseigentümern

BGH, Urteil vom 22.09.2023 - V ZR 254/22 -

 

Erfolgt eine ehrverletzende Äußerung zwischen Wohnungseigentümern einer GdWE, liegt nicht bereits aufgrund ihrer gemeinschaftlichen Mitgliedschaft in dieser eine wohnungseigentumsrechtliche Angelegenheit iSv. § 43 Nr. 1 WEG a.F. / § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F. vor. Dies gilt auch dann, wenn die Äußerung im Zusammenhang mit einer Diskussion / einem Streit über Rechte und Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis erfolgt.

 

 

Etwas anderes gilt als Ausnahme und zur Angrenzung nur dann, wenn die ehrverletzende Äußerung im Rahmen einer Eigentümerversammlung der GdWE oder einer Beiratssitzung erfolgt. In diesem Fall ist die ehrverletzende Äußerung eine Angelegenheit nach § 43 Nr. 1 WEG a.F. / § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F.. Ein Rechtsstreit darüber wäre mithin zwingend vor einer für Abteilung WEG-Rechtsstreite bzw. bei dem  Landgericht entsprechenden Kammern, so diese gebildet wurden, zu führen.

 


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