Rechtsprechung

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Auf dieser Homepage werden Entscheidungen und Hinweise zu Rechtsentwicklungen in der Regel nur kurz dargestellt. Es werden Verweise auf unsere anderweitigen Publikationen (qua Link) erfolgen, damit der interessierte Leser dort weiterlesen kann. 

 

Im nachfolgenden Blog sind die neuesten auf dieser Seite veröffentlichten Entscheidungen kurz (mit einem Link zu ihnen) dargestellt.

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Die Links zu den Blogbeiträgen führen auf die entsprechende Seite, auf der in der Regel mehrere Artikel finden. Die Blogbeiträge sind nach den Daten der besprochenen Entscheidungen sortiert, das jüngste Datum befindet sich immer oben. Die Überschriften der Beiträge entsprechend den Überschriften der Blogbeiträge.

 

 

Rheinland-Pfalz: Aussetzung der Vollziehung zum Grundsteuerwert nach neuer gesetzlicher Regelung

FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.11.2023 - 4 V 1429/23 -

 

 

Das Finanzgericht formulierte folgende Leitsätze zu seiner Entscheidung

 

1. Der Rechtsschutz gegen Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 wird umfassend durch die Finanzgerichten gewährt. Der Finanzrechtsweg ist dabei für alle maßgeblichen Rechtsfragen, auch bezüglich der Einwände gegen die bewertungsrelevanten Bodenrichtwerte eröffnet, ohne dass es insofern einer Klage zu den Verwaltungsgerichten bedürfte.

 

2.Die Bewertungsregeln der §§ 218 ff. BewG sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass Steuerpflichtige einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden niedrigeren Grundstückswert nachweisen können.

 

3. Für den Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts ist kein zwingendes Wertgutachten erforderlich.

 

4. Es bestehen bereits deshalb ernstliche Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit der rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse, weil es nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung möglich ist, dass der Vorsitzende des Gutachterausschusses durch die Auswahl der Mitglieder nach Anzahl und konkreter Besetzung Einfluss nehmen kann.

 

5. Es bestehen für die rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse ernstliche Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit auch bezüglich des für die Bodenrichtwertermittlung zwingend im Gutachterausschuss mitwirkenden Bediensteten der Finanzverwaltung, weil die Finanzverwaltung dessen Tätigkeit im Bereich der Grundstücksbewertung jederzeit beenden und damit sein automatisches Ausscheiden aus dem Gutachterausschuss bewirken kann.

 

6. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Vollständigkeit der für die Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendigen Datengrundlage, weil in den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse erhebliche Datenlücken bestehen könnten. Daher sind erhebliche Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte zu befürchten.

 

7. Es bestehen ernstliche Zweifel daran, dass die neuen Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG zu einer aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung führen.

 

8. Aus den Regelungen des GrStG sowie der §§ 218 ff. BewG ist der Belastungsgrund der Grundsteuer nach dem Grundsteuer-Reformgesetz nicht eindeutig erkennbar.

 

9. Die große Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen in den §§ 243 ff. BewG und eine nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke führt zu gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Wertverzerrungen für den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung.

 

 

10. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit der §§ 243 ff. BewG mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil ein gleichheitswidriges Vollzugsdefizit bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte besteht. Den Gutachterausschüssen stehen nur unzureichende rechtliche Instrumente zur effektiven Sachverhaltsermittlung sowie zur Überprüfung der Angaben von Grundstückseigentümern zur Verfügung, die für die Ermittlung der Bodenrichtwerte aber erforderlich wären.


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Testament: Ergänzungen/Änderungen und das Formerfordernis der Unterschrift

OLG München, Beschluss vom 25.08.2023  33 Wx 119/23 e -

 

Ein eigenhändige Testament ist stets vom Erblasser selbst zu schreiben und mit seinem vollständigen Vor- und Zunamen zu unterschreiben, § 2247 BGB. Erfolgt nach der Unterschrift eine Ergänzung oder Änderung des Testaments, ist diese grundsätzlich ebenfalls eigenhändig zu unterschreiben.

 

Eine Ausnahme von einer Unterschrift unter die Ergänzung ist nur dann möglich, wenn z.B. eine Lückenhaftigkeit vorliegt und nur durch Ausfüllen der Lücke mittels des nicht unterschriebenen Teils der letzte Wille ersichtlich wird.

 

Wird in einem Testament lediglich ausgeführt, was vermacht werden soll (hier: „Ich vermache alles was ich habe“ mit Auflistung) und dies unterschrieben, sodann in einem zweitem Textteil angegeben wird, an wen alles vermacht wird, ohne diese Ergänzung zu unterschreiben, enthält zwar der erste Textteil eine Regelung zum Umfang, stellt sich der zweite Textteil aber als eigenständige Verfügung dar, die einer Unterschrift bedarf, der erste Textteil mangels einer Regelung zur Person des Bedachten als Nichtverfügung. Das Testament ist unwirksam, § 125 BGB.

 


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Beschaffenheit, Kellerfeuchte und Mangel gem. § 434 BGB

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom 22.02.2023 - 7 U 199/22 -

 

Leitsatz: „Der Keller eines im Jahr 1954 errichteten Einfamilienhauses weist zum Kaufzeitpunkt im Jahr 2019 trotz der baujahrtypisch und standzeitbedingt üblichen Feuchtigkeit eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Der damals übliche Schwarzanstrich der Kelleraußenwand hat nur eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 30 bis 40 Jahren. Nach Ablauf dieser Zeit ist bei einem unsanierten Haus regelmäßig von üblichen Durchfeuchtungen der Kellerwände auszugehen.“

 

Ohne entsprechende vertragliche Regelung oder Befragen durch den Käufer bedarf es keiner Offenbarung dieser Feuchtigkeit durch den Verkäufer.

 


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Links blinken am Traktorgespann: Unklare Verkehrslage und Haftungsabwägung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom  26.07.2023 - 7 U 42/23 -

 

Ein Überholen ist bei eingeschalteten linken Fahrtrichtungsanzeiger an einem Traktor wegen unklarer Verkehrslage nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO. Dies gilt auch dann, wenn für den Überholer eine Feld- oder Hofeinfahrt, in die das Gespann abbiegen könnte, nicht sichtbar ist.

 

Ereignet sich bei diesem Abbiegevorgang ein Unfall, sind die wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge sowie die Betriebsgefahr der Fahrzeuge gegeneinander abzuwägen. Auf Seiten des Traktorgespanns ist ein Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO (kein Abbiegen in eine Einfahrt, wenn Dritte gefährdet werden können) und auf Seiten des Überholers ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO zu berücksichtigen; unter Berücksichtigung der jeweiligen Betriebsgefahr führt dies zu einer Haftungsteilung (50 : 50).

 


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Rechtsbeschwerde: Anforderungen bei Zurückweisung der Berufung mangels Erreichens der Beschwer

BGH, Beschluss vom 12.09.2023 - VI ZB 72/22 -

 

Setzt das Berufungsgericht den Beschwerdewert auf einen Betrag von bis zu € 600,00 fest und wird deshalb die Berufung als unzulässig verworfen, ist dagegen die Rechtsbeschwerde statthaft.

 

Zu prüfen wäre hier vom Berufungsgericht, ob das Erstgericht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer über € 600,00 liegt und es von daher keiner gesonderten Zulassung nach § 511 Abs.2 Nr. 1 ZPO bedarf, weshalb in diesem Fall das Berufungsgericht die Entscheidung über die Zulassung nachholen muss. Das Rechtsbeschwerdegericht muss dies aber nicht prüfen, wenn ein Grund für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung iSv. § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht vorliegt.

 

Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde richtet sich hier nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung). Dieser Zulassungsgrund ist in der Rechtsbeschwerde schlüssig darzulegen. Stellt die Rechtsbeschwerde (auch) auf die Höhe der Beschwer ab und nimmt eine solche von über € 600,00 an, so ist insoweit darzulegen, dass das Berufungsgericht sein Ermessen nach § 3 ZPO überschritten oder davon rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat. Fehlt es an entsprechenden Darlegungen, ist die Rechtsbeschwerde zwar statthaft, aber unzulässig.

 


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Haftungsverteilung zwischen rückwärts Einparkenden und rückwärts aus Grundstück Ausfahrenden

BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22 -

 

Ein (unmittelbares) Rückwärtseinparken („Rangieren“) ist ebenso wie ein Rückwärtsfahren aus einem Grundstück auf die Straße kein unzulässiges Rückwärtsfahren auf Richtungsfahrbahnen gegen die Fahrtrichtung.

 

Ein Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen ist aber unzulässig, wenn es erst dazu dient, zu einer freien oder freiwerdenden Parklücke zu gelangen; gleiches gilt auch dann, wenn das Rückwärtsfahren dazu dient, einem Fahrzeug die Ausfahrt aus einer Parklücke zu ermöglichen, um anschließend diese zu nutzen.

 

Zwar kann bei einem rückwärts aus einem Grundstück Fahrenden der erste Anschein dafür sprechen, dass ein Sorgfaltsverstoß gegen §§ 9 Abs. 5, 10 S. 1 StVO und mithin eine (Mit-) Verursachung des Unfalls vorliegt. Allerdings fehlt es an der erforderlichen Typizität für einen Anscheinsbeweis dann, wenn der Unfallgegner die Einbahnstraße unzulässig in entgegengesetzter Fahrtrichtung rückwärts befahren hat.

 


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Beweislast bei ordentlicher Kündigung zur Behauptung eines unbefristeten Mietverhältnisses

OLG Dresden, Urteil vom 12.07.2023 - 5 U 255/23 -

 

Der Mieter kann ein nicht befristetes Mietverhältnis (hier über Gewerberäume) jederzeit ordentlich, d.h. mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen, sollte nicht eine andere Frist vereinbart sein. Der Mieter, der sich zur Abwehr der Kündigung und des darauf gestützten Räumungsverlangens auf eine Befristung des Mietverhältnisses beruft (hier: bis 2044), muss diese Befristung darlegen und beweisen.

 

Liegen zwei Mitverträge gleichen Datums vor, wobei der die Befristung enthaltene Mietvertrag nur in Kopie vom Mieter vorgelegt wird, kann der Mieter den Beweis der Befristung nicht dadurch führen, dass er sich zum Bewies des vom Vermieter als Original vorgelegten, eine Befristung nicht enthaltenen Mietvertrages nicht erfolgreich auf eine Fälschung berufen. Einem Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung der Fälschung muss das Gericht nicht nachgehen, da auch bei unterstellter Fälschung sich nicht ergeben würde, dass ein Mietvertrag mit einer Befristung existiert.   

 

Die Berufung des Klägers auf Zeugen, dass die Kopie einem Original entspricht, ist unbeachtlich, wenn die Zeugen nach seiner eigenen Angabe den Inhalt dieses Originals nicht gelesen haben.

 


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Beschwerderecht des Zeugen bei teilweiser Stattgabe des geltend gemachten Zeugnisverweigerungsrechts

BGH, Beschluss vom 20.07.2023 - IX ZB 7/22 -

 

Bei dem dem Zeugen zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht ist u.a. zwischen Angehörigen eines Zeugen, die Partei sind (Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) und solchen, die nicht Partei sind (Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO) zu unterscheiden. Die Normen spiegeln unterschiedliche Konfliktlagen wieder.

 

Beruft sich ein Zeuge bei der Geltendmachung eines Zeugnisverweigerungsrechts sowohl auf § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als auch auf § 384 Nr. 2 ZPO, muss das damit befasste Gericht über beide Verfahrensgegenstände im Rahmen des Zwischenstreits durch Zwischenurteil entscheiden. Tenoriert das Erstgericht zwar, dass dem Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, lehnt es aber in den Entscheidungsgründen ein solche nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ab, ist der Zeuge diesbezüglich beschwert. Er kann in diesem Fall Beschwerde wie auch Anschlussbeschwerde (form und fristgerecht) einlegen. Legt er diese nicht ein, fällt der Weigerungsgrund des § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bei dem Beschwerdegericht (wenn eine Partei Beschwerde einlegt, der Zeuge aber weder Beschwerde noch Anschlussbeschwerde einlegt) nicht an und ist von diesem darüber nicht zu entscheiden.

 

Die Zeugnisverweigerung nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO greift weiter als jene nach § 384 Nr. 2 ZPO, da sie grundsätzlich für das gesamte Verfahren gilt, demgegenüber sich § 384 Abs.1 Nr. 2 ZPO nur auf die Beweisfrage bezieht. 


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Zur Informationspflicht des Reiseveranstalters zu Witterungsverhältnissen

OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.08.2023 - 16 U 54/23 -

 

Der Reiseveranstalter ist zur Information des buchenden Reisenden über übliche Witterungsverhältnisse am Zielort zu dem Buchungszeitraum nicht verpflichtet. Der Reisende kann sich selbst via Internet (kostenfrei) über die dortigen Witterungsverhältnisse informieren.

 

Eine Beeinträchtigung der Sichtverhältnisse bei einer Rundfahrt (hier in Ecuador, Festland) infolge jahreszeitbedingten (Monsum-) Regens und Nebelbildung begründet keine Minderung des Reisepreises, wenn diese Witterungsverhältnisse örtlich und jahreszeitlich üblich sind und soweit deshalb nicht Programmpunkte entfallen müssen.

 

Eine Informationspflicht bei Buchung besteht für den Reiseveranstalter dann, wenn sich für den Reisezeitraum eine atypische, unvorhergesehene Wetterlage abzeichnet und auf die vereinbarte Reiseleistung auswirken kann (so die Durchführbarkeit geplanter Fahrten oder Wanderungen). Insoweit trifft den Reiseveranstalter eine eigene Erkundigungs- und Umweltbeobachtungspflicht.

 


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Erhöhte Sorgfaltspflicht des auf die Straße vom Parkplatz auch bei Rotlicht der Fußgängerampel

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14.02.2023 - 7 U 63/22 -

 

Wer aus einem Grundstück, einer Fußgängerzone oder einem verkehrsberuhigten Bereich auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat dabei eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen; es gilt für ihn eine erhöhte Sorgfaltspflicht, § 10 StVO.

 

Der von einem Parkplatz auf die Straße Einfahrende wird auch dann nicht von seiner erhöhten Sorgfaltspflicht nach § 10 StVO entbunden, wenn sich auf der bevorrechtigten Straße eine Fußgängerampel befindet, deren Rotlicht den Verkehr sperrt. Die Fußgängerampel dient lediglich der Schutz des dortigen Fußgängerverkehrs, nicht aber (auch) zur Regelung der Verkehrsverhältnisse zur Einfahrt auf die Straße.

 


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Verletzung rechtlichen Gehörs bei fehlender Auseinandersetzung mit privatgutachtlich gestützten Vortrag

BGH, Beschluss 28.03.2023 - VI ZR 29/21 -

 

Begründet eine Partei unter Vorlage eines Privatgutachtens, auf welches sich der Vortrag stützt, dass eine Brandursache eines Geschirrspülers anhand der vorhandenen Lichtbilder des Brandortes und von Zeugen bekundeten Erkenntnissen vor Ort ausreichend Indizien für die Brandursächlichkeit eines Produktfehlers bieten, stellt sich der Hinweis des Gerichts im klageabweisenden bzw. die Berufung zurückweisenden Urteil nicht als erforderliche Auseinandersetzung mit dem auf das Gutachten gestützten Vortrag der Partei dar und verletzt die Partei entscheidungserheblich in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG), die Geschirrspülmaschine sei zwischenzeitlich entsorgt und damit einer Begutachtung nicht zugänglich, weshalb sich die Brandursache nicht mehr feststellen ließe.  

 

Der Geschädigte muss nicht nachweisen, dass der Produktfehler auf eine von dem Hersteller zu verantwortende Verletzung der Sorgfaltspflicht zurückzuführen ist und auf welche Weise die (etwaige) Pflichtverletzung zur Fehlerentstehung geführt hat.

 

Der Beweis eines Produktfehlers wird nicht deshalb grundsätzlich ausgeschlossen, da der angeblich produktfehlerhafte Gegenstand nicht mehr vorhanden ist.

 


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Arglistige Täuschung des Versicherers zu und unzureichende Darlegung von Vorschäden

Hanseatische OLG Bremen, Hinweisbeschluss vom 14.06.2023 - 3 U 41/22 -

 

Ein Versicherungsnehmer täuscht arglistig durch Vorspiegelung falscher oder Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums, wobei der Versicherungsnehmer vorsätzlich handeln muss, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Infolge des Verschweigens bekannter Vorschäden kann der Kaskoversicherer wegen Obliegenheitspflichtverletzung die versicherungsvertragliche Leistung verweigern, § 28 Abs. 3 S. 2 VVG.

 

Macht der Versicherungsnehmer einen fiktiven Schadensersatzanspruch auf Gutachtenbasis nach einem wirtschaftlichen Totalschaden in Form des (Netto-) Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwertes geltend, sind die Vorschäden nach Art und Umfang und eine mögliche Reparatur darzulegen und nachzuweisen. Erfolgt dies nicht, kann auch kein Mindestschaden nach § 287 ZPO geschätzt werden.

 


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Darlehens-Rückzahlungspflicht wegen zugerechneter Kenntnis von Darlehensaufnahme

BGH, Urteil vom 26. September 2023 - XI ZR 98/22 -

 

1. Leitsatz BGH: Gemäß § 241a Abs. 2 Fall 2 BGB sind gesetzliche Ansprüche nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies zwar nicht selbst erkannt hat, ihm aber in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis einer anderen Person von dieser irrigen Vorstellung des Unternehmers zuzurechnen ist.

 

2. Nimmt die Ehefrau unter dem Namen ihres Ehemanns ein Darlehen (unter Fälschung der Unterschrift) auf und ist diese bei den Eheleuten für die finanziellen Belange verantwortlich, wird die Kenntnis von dem Darlehen dem Ehemann zugerechnet. Es liegt kein Fall des § 241a Abs. 1 BGB vor, § 241a Abs. 2 BGB.

 

3. Der Ehemann kann von der das Darlehen auszahlenden Bank wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) auf Rückzahlung in Anspruch genommen werden, auch wenn er selbst den Darlehensbetrag nicht erhielt. Eine Entreicherung (§ 819 Abs. 1 BGB) kann von ihm nicht eingewandt werden, da er sich die Kenntnis (§ 818 Abs. 3 BGB) seiner Ehefrau von der Rückzahlungsverpflichtung wie im Fall des § 241a BGB zurechnen lassen muss. 

 


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Zuständiges Gericht bei Unterlassungsklage zu ehrverletzenden Äußerungen zwischen Wohnungseigentümern

BGH, Urteil vom 22.09.2023 - V ZR 254/22 -

 

Erfolgt eine ehrverletzende Äußerung zwischen Wohnungseigentümern einer GdWE, liegt nicht bereits aufgrund ihrer gemeinschaftlichen Mitgliedschaft in dieser eine wohnungseigentumsrechtliche Angelegenheit iSv. § 43 Nr. 1 WEG a.F. / § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F. vor. Dies gilt auch dann, wenn die Äußerung im Zusammenhang mit einer Diskussion / einem Streit über Rechte und Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis erfolgt.

 

 

Etwas anderes gilt als Ausnahme und zur Angrenzung nur dann, wenn die ehrverletzende Äußerung im Rahmen einer Eigentümerversammlung der GdWE oder einer Beiratssitzung erfolgt. In diesem Fall ist die ehrverletzende Äußerung eine Angelegenheit nach § 43 Nr. 1 WEG a.F. / § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F.. Ein Rechtsstreit darüber wäre mithin zwingend vor einer für Abteilung WEG-Rechtsstreite bzw. bei dem  Landgericht entsprechenden Kammern, so diese gebildet wurden, zu führen.

 


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Verkauf hindert fiktiven Schadensersatzanspruch nicht

LG Halle, Urteil vom 03.02.2023 - 1 S 91/21 -

 

Nach Beendigung des Mitverhältnisses kann der Vermieter bei einem vom Mieter verursachten Substanzschaden Schadensersatz vom Mieter verlangen. Dies folgt aus der Obhutspflicht des Mieters nach § 538 BGB. Er kann Schadensersatz neben der Leistung nach seiner Wahl durch Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB) oder durch Geldzahlung (§ 249 Abs. 2 BGB) verlangen.

 

Die fiktive Geltendmachung des Schadensersatzes, d.h. ohne dass eine Reparatur durchgeführt wird, ist ihm möglich. Dies gilt auch dann, wenn er vor der Geltendmachung des Schadensersatzes das Mietobjekt verkauft hat. Bei einem Verkauf ist der Vermieter nicht verpflichtet, einen Schaden in Höhe einer eventuellen Kaufpreisminderung infolge des Schadens zu verlangen bzw. auf einen solchen beschränkt.


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Mietrecht: Schadensersatz fiktiv berechnet trotz teilweiser Reparatur und Verkauf

BGH, Urteil vom 19.04.2023 - VIII ZR 280/21 -

 

Wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und Rückbaukosten und sonstiger Schäden an der Mietsache kann der Vermieter vom Mieter anhand der voraussichtlich erforderlichen Kosten, aber (noch) nicht aufgewendeten (mithin fiktiven) Kosten seine Schadensersatzansprüche bemessen. Auch soweit der Vermieter Teile der Arbeiten, für die er Ersatz begehrt, bereits ausgeführt hat, kann er den gesamten Schaden ohne Bezug zu den tatsächlich getätigten Aufwendungen auf der Grundlage des von ihm eingeholten Kostenvoranschlags (und damit fiktiv) abrechnen.

 

Eine Überkompensation des Geschädigten wird dadurch ausgeschlossen, dass er nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten beanspruchen kann. Auch ist zu beachten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung bildet.

 

Bei einem Substanzschaden an der Mietsache hindert eine Veräußerung des Mietobjekts den Vermieter nach Vertragsende nicht, seinen fiktiven Schadensersatzanspruch geltend zu machen, auch wenn er den Schaden nicht beseitigt noch beim Verkauf keinen geringeren Erlös erzielt.

 

Die abweichende Rechtsprechung des VII. Zivilsenats (zuständig für Werkvertragsrecht / Architektenrecht) ist nicht übertragbar auf andere Vertragstypen.

 


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Wann haftet Radfahrer bei Auffahrunfall alleine ?

OLG Schleswig, Urteil vom 27.04.2023 - 7 U 214/22 -

 

Bei einem Auffahrunfall eines Radfahrers auf einen Pkw haften grundsätzlich Halter, Fahrer und Haftpflichtversicherer des Pkw, §§ 7 17, 18 StVG (iVm. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG). Allerdings ist ein Mitverschulden des Radfahrers nach §§ 9 StVG, 254 BGB zu berücksichtigen. Die Haftungsabwägung hat nach den zu § 17 Abs. 1 StVG entwickelten Rechtsgrundsätzen zu erfolgen.  Diese Abwägung kann auch zum vollständigen Ausschluss einer Einstandsverpflichtung auf Seiten des Pkw führen.

 

Wird ein Pkw plötzlich stark abgebremst, da ein diesen überholender Fahrradfahrer (aus unbekannter Ursache) gegen die rechte vordere Seite des Pkw fährt und stürzt, ist das Abbremsen gerechtfertigt (§ 4Abs. 1 S. 2 StVO). Fährt in der Folge ein anderer Radfahrer, obwohl er bremst, auf den Pkw auf, so hat der Radfahrer entweder den nach § 4 Abs. 1 S. 1 StVO notwendigen Sicherheitsabstand nicht eingehalten oder war unaufmerksam. Dadurch verstieß dieser Radfahrer grob gegen Verkehrspflichten, was seine alleinige Haftung begründet.

 


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Mietrecht: Ungenehmigter Badewanneneinbau rechtfertigt Kündigung

Erfolgt ein Einbau einer Badewanne inklusive der Verlegung der Wasserleitungen sowie der Einbau eines Boilers, stellt dies eine schuldhafte nicht unerhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten des Mieters dar, § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, insbesondere dann, wenn im Mietvertrag bestimmt ist, dass bauliche Veränderungen wie Um- und Einbauten sowie die Änderung der Installation der vorherigen Erlaubnis des Vermieters bedürfen.

 

Unter gewissen Umständen kann der Mieter zwar einen Anspruch auf Genehmigung von Veränderungen auf eigene Kosten haben, wenn diese zur Anpassung der Wohnung oder ihrer Einrichtungen z.B. an den technischen Fortschritt dienen. In der Regel sind aber Eingriffe in die Substanz, insbesondere bauliche Veränderungen der Mieträume, dem Mieter nicht gestattet.

 

Die benannten Maßnahmen begründen nach der Lebenserfahrung die Gefahr der Durchfeuchtung der Bausubstanz geschaffen, was selbst bei Einschaltung einer Fachfirma nicht ganz ausgeschlossen ist. Damit besteht auch kein Duldungsanspruch, der der Kündigung und damit der Räumungsklage entgegen stehen könnte.

 

 

AG Kreuzberg, Urteil vom 15.03.2022  - 13 C 285/18 -


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Verfahrensrechtliche Durchführung der Videoverhandlung bei einem präsenten Beteiligten

BFH, Beschluss vom 18.08.2023 - IX B 104/22 -

 

Die Begründung zur gesetzlichen Regelung zur „Videoübertragungstechnik“ erlaubt es, einem Beteiligten die Teilnahme mittels Videoübertragung zu erlauben, wenn dies „ohne Verlust an rechtsstaatlicher Qualität“ genutzt werden kann (BT-Drucks. 17/112, S. 10). 

 

Rechtliches Gehör wird u.a. durch die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gewährt; Art. 103 Abs. 1 GG setze voraus, dass sich die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt über den gesamten Verfahrensstoff informieren können.

 

Wird einem Beteiligten erlaubt, mittels Videokonferenz an der Verhandlung teilzunehmen, § 91a Abs. 1 S. 1 FGO, muss das Geschehen vollständig übermittelt werden (darf sich also nicht auf einzelne Beteiligte beschränken) und jeder Beteiligte muss zeitgleich die anderen Beteiligten visuell und akustisch wahrnehmen können. Daran ermangelt es, wenn ein anwesender Beteiligter einen zugeschalteten Beteiligten nur sehen kann, wenn er sich selbst um 180° wendet.

 

Eine darauf beruhende Entscheidung ist aufzuheben, wenn das Rügerecht besteht, § 295 Abs. 1 ZPO iVm. § 155 S. 1 FGO. Ein Verzicht auf das Rügerecht liegt in einem Fall wie hier nicht vor, wenn die Partei nicht rechtskundig vertreten war.

 


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Abwehr gegen Videoaufzeichnung durch Wohnungseigentümer als Individualanspruch zulässig

LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.05.2023 - 2-13 T 33/23 -

 

Bei Videoaufzeichnungen im Hausflur mit Blick auf die Wohnungseingangstür eines Miteigentümers der Wohnungseigentumsanlage kann der betroffene Wohnungseigentümer ein Unterlassung zulässig gerichtlich geltend machen. Es handelt sich um einen deliktischen Anspruch nach § 823 BGB iVm. dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder aus der DSGVO und damit um einen Individualanspruch, der nicht nach § 9a Abs. 2 WEG der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Ausübung übertragen wurde.

 


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Heimliche Videoaufzeichnung als Beweismittel ?

AG Lörrach, Urteil vom 27.02.2023 - 3 C 111/22 -

 

Dahingestellt bleiben kann, ob eine Videoaufzeichnung zur Überführung eines Schädigers zulässig ist. Eine solche dürfte gegen Art. 6 DSGVO verstoßen. Dies führt aber nicht zwingend zu einem Beweisverwertungsverbot.

 

Auf der einen Seite ist das Interesse des die Aufzeichnung als Beweismittel Nutzenden an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, verankert im Grundgesetz mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 GG iVm. dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege und einer materiell richtigen Entscheidung, zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beklagten aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild, soweit er auf einer Aufnahme erkennbar ist, zu berücksichtigen. (Im Anschluss an BGH, Urteil vom 15.08.2018 –VI ZR 233/17 -).

 

Wird (wie hier) zwar auf dem eigenen Grundstück des Beklagten ohne dessen Wissen gefilmt, aber nur ein Teilbereich des Grundstücks mit Eingangstür und im Vordergrund den geschädigten Wagen, so wird nur geringfügig in das Persönlichkeitsrecht eingegriffen, weshalb das Interesse des Klägers an der Nutzung des Beweismittels vorgeht, welches darin besteht, den Schädiger festzustellen. Das Persönlichkeitsrecht Dritter steht dem nicht entgegen, wie auch nicht das Recht des Beklagten am eigenen Bild, wenn dieses nicht gem. § 22 KunstUrhG genutzt wird.

 


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Mieterhöhung wegen Modernisierung und Berücksichtigung und Information zu Drittmitteln

BGH, Urteil vom 19.07.2023 - VIII ZR 416/21 -

 

Wenn der Vermieter zur Deckung der Kosten für Modernisierungsmaßnahmen oder von laufenden Aufwendungen infolge solcher zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus öffentlichen Haushalten, durch Darlehen oder Mietvorauszahlungen des Mieters oder durch Leistungen eines Dritten für den Mieter sowie aus Mitteln der Finanzierungsinstitute von Bund und Ländern erhält, verringert sich der Erhöhungsbetrag der modernisierungsbedingten Mietpreiserhöhung um den Jahresbetrag der Zinsermäßigung, des Zuschusses oder des Darlehens.

 

Die Drittmittel müssen dem Mieter im Rahmen der Mieterhöhung zugute kommen.

 

In dem Erhöhungsverlangen hat der Vermieter sich zu den Drittmitteln zu erklären, wenn er sie (z.B. durch Angabe eines entsprechenden Förderungsantrages) in dem Ankündigungsschreiben zur Modernisierung erwähnte und in dem Erhöhungsverlangen darauf verweist, um dem Mieter eine (Plausibilitäts-) Prüfung er ermöglichen. Ansonsten hat er die im Rahmen des Mieterhöhungsverlangens darzulegen, wenn er sie in Anspruch nahm.

 


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Kostenerstattung für 2. Rechtsanwalt bei Anwaltswechsel ?

OLG Celle, Beschluss vom 19.06.2023 - 2 W 75/23 -

 

§ 91 Abs. 2 S. 2 ZPO ist Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes kostensparender Prozessführung. Damit sind Kosten, die durch einen Anwaltswechsel bedingt sind, nur erstattungsfähig, wenn der Anwaltswechsel notwendig war, wobei neben der objektiven Notwendigkeit noch eine Unvermeidbarkeit hinzukommen muss.

 

Auch dann, wenn nur die Kosten des zweiten von zwei hintereinander mandatierten Rechtsanwälten zur Kostenfestsetzung angemeldet werden, ist dies bei fehlender Notwendigkeit des Anwaltswechsels abzuweisen (auf die Kosten des ersten Rechtsanwalts zu kürzen), wenn z.B. durch eine Änderung der Gebührenordnung die Gebühren des zweiten Rechtsanwalts höher sind als jene des ersten Rechtsanwalts.

 


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Fehlende Absicherung eines Lochs durch Handwerker führt zum Köperschaden eines Mieters

OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2022 - 11 W 15/22 -

 

Wird der Handwerker zur Renovierung der Wohnung (hier nach einem Wasserschaden) durch den Vermieter beauftragt, steht der Handwerker in keinem Vertragsverhältnis zum Mieter. Haben Vermieter und Mieter vereinbart, dass der Mieter während der Zeit der Arbeiten aus der Wohnung auszieht und diese nicht betritt, liegt im Hinblick auf eine Körperverletzung (hier: Sturz des Mieters aufgrund eines nicht gesicherten Lochs im Boden der Küche) mangels einer erforderlichen Leistungsnähe auch kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vor, in dessen Schutzbereich der Mieter einbezogen wäre.

 

Befindet sich aufgrund der laufenden Arbeiten in der Wohnung ein Loch in der Bodendecke der Küche und stürzt die Mieterin infolge dieses Loches, scheidet damit eine Haftung des die Wohnung oder das Loch nicht absichernden Handwerkers aus, da er mit dem Betreten durch den Mieter nicht rechnen musste. Auf ein Mitverschulden des Mieters (wegen Erkennbarkeit der Arbeiten und des Lochs) kommt es damit nicht an, da es an einer Haftungsgrundlage ermangelt.

 


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Beschwer bei Einkünftequalifikation, § 157 Abs. 2 AO ?

BFH, Beschluss vom 04.07.2023 - VI B 21/23 -

 

Die Qualifikation der Einkünfte durch das Finanzamt (so die Zuordnung der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen zu Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Vermietung und Verpachtung) wird nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung (§ 2 Ab. 7 S. 1, 2 EStG) für jeden Veranlagungszeitraum vom Finanzamt neu entschieden (keine Bindungswirkung für nachfolgende Veranlagungen). Es handelt sich dabei um einen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Einkommensteuerbescheides, § 157 Abs. 2 AO. Nur wenn sich durch die Qualifizierung die Steuerhöhe ändert, liegt insoweit eine Beschwer vor, weshalb in diesem Fall eine Anfechtung zulässig wäre.


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Verpflichtung des ausgeschiedenen (abberufenen) Verwalters zur Erstellung der Jahresabrechnung ?

AG Wiesbaden, Beschluss vom 26.05.2023 - 92 C 2882/22 -

 

 

Bis zur der umfassenden Rechtsänderung durch das WEModG zum 01.12.2020 galt der im Wirtschaftsjahr ausscheidende Verwalter als verpflichtet, noch die Jahresabrechnung für das Vorjahr zu erstellen. Streitig ist, ob sich daran durch die neue Gesetzeslage etwas geändert hat. Nasch dieser obliegt nunmehr der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung. Der Verwalter ist nur noch Organ der GdWE.

 

Scheidet der Verwalter im laufenden Wirtschaftsjahr (hier infolge fristloser Abberufung) aus, so ist er aus nachwirkender Vertragsverpflichtung weiterhin zur Erstellung der Jahresabrechnung verpflichtet, da die entsprechende Vertragsverpflichtung mit dem Zeitpunkt der Entstehung  begründet wurde und nicht erst bei deren Fälligkeit (im Anschluss an BGH, Urteil vom 16.02.2018 - V ZR 89/17 - zum alten Recht; entgegen AG Kassel, Urteil vom 11.11.2021 - 800 C 850//21 -, welches auf den Wegfall der Organstellung abstellt).

 

 

Die Entscheidung des AG Wiesbaden wird im Beitrag besprochen.


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Verkehrssicherungspflicht: Erkennbare Unebenheiten der Terrassenfläche des Gasthauses und Sorgfaltspflicht

OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 18.07.2023 - 17 U 33/23 -

 

Stürzt ein Gast wegen Unebenheiten des Terrassenbelags (bestehend aus verschiedenen Natursteinen)  einer Gaststätte, und ist diese Unebenheit für den Gast bei gebotener Sorgfalt erkennbar, muss der Gast den genauen Ort des Sturzes darlegen, damit geprüft werden kann, ob hier eine besondere Gefährlichkeit vorliegt, die eine Haftung nach § 823 BGB aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht begründet.

 

Der Umstand, dass die Terrasse insgesamt Unebenheiten aufweist, rechtfertigt eine Haftung des Gastwirts dann nicht, wenn diese Unebenheiten für einen Gast bei der zu erwartenden Sorgfalt zu erkennen sind und er sich darauf einstellen kann. Ob dies auch dann gilt, wenn sich der Gast infolge alkoholischer Getränke oder sonstiger Umstände unverständig verhalten und in seiner Gehsicherheit beeinträchtigt ist, ist nicht zu entscheiden, da sich der Kläger auf einen solchen Zustand nicht berief.

 

Schutznormen, die einen Schaden wie hier verhindern sollen, liegen für den Innenbereich, nicht aber für den Außenbereich (hier: Terrassenbereich) vor.

 


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Entgeltfortzahlung und Darlegungslast des Arbeitnehmers zur Ersterkrankung nach § 3 Abs. 1 EFZG

BAG, Urteil vom 18.01.2023 - 5 AZR 93/22 -

 

Im Falle einer schuldloser Erkrankung hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung von sechs Wochen, § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG. Wird der Arbeitnehmer danach neuerlich infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig, verliert er gem. § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit seinen Entgeltfortzahlungsanspruch für einen weiteren Zeitraum von sechs Wochen dann nicht, wenn er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder bei Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

 

Bestreitet der Arbeitgeber, dass innerhalb der Fristen des § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG eine neue Erkrankung vorliegt, hat der Arbeitnehmer Tatsachen vorzutragen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung vorgelegen. Diese abgestufte Darlegungslast begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und ist auch mit dem Unionsrecht im Einklang stehend. Auch liegt kein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Regelungen vor. Der Arbeitnehmer hat auch die ihn jeweils behandelnden Ärzte mitzuteilen und diese von deren Verschwiegenheitsverpflichtung zu befreien.

 

Die Darlegung des Arbeitsnehmers zu den Erkrankungen in dem Zeitraum des § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG muss zeitlich und inhaltlich vollständig sein. Ein Verweis auf IC-10 Klassifikationen und deren „Übersetzung“ in Krankheiten und Symptome genügt diesen Anforderungen nicht. Er muss im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitraum schildern, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Beschwerden mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden.

 

Nach der entsprechenden Darlegung des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber dazu substantiiert vortragen und Beweis antreten.

 

Kommt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast nicht (genügend) nach, ist eine Fortsetzungserkrankung anzunehmen.

 


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Brandschaden durch abgestellten Motorroller

Hanseatisches OLG Bremen, Hinweisbeschluss vom 05.07.2023 - 1 U 12/23 -

 

Brennt ein im (öffentlichen Verkehrsraum) angestellter Motorroller und wird dadurch das Eigentum Dritter geschädigt, scheidet eine Haftung des Halters und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherers des Fahrzeugs nach § 7 StVG aus, es sei denn, es wird positiv festgestellt, dass der Brand auf einem technischen Defekt oder einer anderen technischen Ursache (Reibung, Wärme) beruhte.

 

Die für eine Gefährdungshaftung nach § 7 StVG (Betriebsgefahr) anspruchsbegründende Tatsache des Entstehens eines Schadens beim Betrieb eines Fahrzeugs hat der Geschädigte darzulegen und zu beweisen. Das Risiko der Nichterweislichkeit eines behaupteten technischen Defekts des Motorrollers als Ursache des Brandes des Fahrzeugs geht zu Lasten des Schädigers.


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Grundstücksbeeinträchtigung durch überhängende Äste, §§ 1004, 910 BGB

LG Köln, Urteil vom 02.03.2023 - 6 S 27/20 -

 

Nach § 1004 BGB kann der Nachbar im Falle der Beeinträchtigung seines Grundstücks verlangen, § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB. Das Vorliegen einer Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, deren Nichtvorliegen von demjenigen darzulegen und zu beweisen sind, auf dessen Grundstück der Baum steht.

 

Kann der Nachbar die Beseitigung des Baumes nach dem Nachbarrecht des Landes wegen Zeitablaufs nicht mehr verlangen (hier: § 47 Abs. 1 NachbG NRW) und steht die Störung im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts des Überhanges außer Verhältnis, ist die Beseitigung unzumutbar. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die verlangte Maßnahme die Gefahr des Absterbens des Baumes bewirkt oder zu einer erhöhten Risikolage führt. Das Verlangen läuft dann auf eine verbotene Beseitigung des Baumes hinaus.

 

Anmerkung: Der BGH hat in seinem Urteil vom 11.06.2021 - V ZR 234/19 - zum Selbsthilferecht nach § 910 BGB bei Überhang von Ästen und Überwuchs von Wurzeln ausgeführt, dass das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 BGB nicht deshalb ausgeschlossen ist,  da durch die Beseitigung des Überhangs das Absterben des Baumes oder der Verlust seiner Standfestigkeit droht, es sei denn, naturschutzrechtliche Beschränkungen stünden dem entgegen . „Eine Verhältnismäßigkeits- oder Zumutbarkeitsprüfung, mit der der Ausschluss des Selbsthilferechts teilweise begründet wird (…), ist gesetzlich nicht vorgesehen und widerspräche den Vorstellungen des Gesetzgebers.“ Auch landesrechtliche Ausschlussfristen zur Beseitigung von Bäumen sind nicht beachtlich.

 


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Wert für Erbscheinverfahren bei Rückübertragungsanspruch für ein Grundstück

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2023 - I-3 Wx 74/23 -

 

Wird im notariellen Grundstücksübertragungsvertrag (hier zwischen Mutter als Veräußerin und Sohn als Erwerber) für den Fall des Todes des Erwerbers ein Rückübertragungsanspruch des Veräußerers vereinbart, verwirklicht sich durch den Tod des Erwerbers bei Geltendmachung des Anspruchs durch den Veräußerer eine vom Erwerber herrührende Verbindlichkeit iSv. § 40 Abs. 1 S. 2 GNotKG. Es handelt sich um eine Erblasserschuld, die bei der Wertermittlung im Erbscheinverfahren zu berücksichtigen ist der Wert der Immobilie und des Rückübertragungsanspruchs heben sich faktisch auf).

 

Obliegt die Pflicht zur Rückübertragung dem alleinigen Erben des Erblassers, erlischt der Rückübertragungsanspruch durch Konfusion. Gleichwohl ist der Rückübertragungsanspruch bei der Ermittlung des Geschäftswertes für das Erbscheinerteilungsverfahren nach § 40 Abs. 1 Nr. 2, S. 2 GNotKG wertmindernd zu berücksichtigen.

 


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Unfall beim Entladen des Anhängers: Haftung im Innenverhältnis Zugfahrzeug und Anhänger

OLG München, Hinweisbeschluss vom 15.05.2023 - 24 U 721/23 e-

 

Eine Mehrfachversicherung liegt vor, wenn das Zugfahrzeug und der mit diesem verbundene Anhänger bei verschiedenen Haftpflichtversicherungen pflichtversichert sind. Kommt es zu einem Unfall durch das Gespann, haften im Außenverhältnis Halter und Haftpflichtversicherer sowohl der Zugmaschine als auch des Anhängers, im Innenverhältnis zwischen diesen im Regelfall nur Halter (und Versicherer) der Zugmaschine (§ 19 Abs. 4 S. 2 StVG).

 

§ 19 Abs. 4 S. 3 StVG normiert eine Ausnahme von der Regelung in § 19 Abs. 4 S. 2 StVG, wenn der verbundene Anhänger ausnahmsweise zu einer Erhöhung der Betriebsgefahr führt, was z.B. bei einem technischen Defekt des Anhängers oder seiner außergewöhnlichen Beschaffenheit (Überlänge, Überbreite, Schwertransport etc., vgl. im Einzelnen BT-Drucks. 19/17964 S. 17) der Fall sein kann.

 

Kommt es bei Entladen des Anhängers zu einem Schaden (hier: Herabfallen von Ladegut auf einen Pkw), genügt dies für die Annahme der Ausnahme nach § 19 Abs. 4 S. 3 StVG nicht.

 


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WEG: Passivlegitimation bei Klage auf Zustimmung zur Veräußerung

BGH, Urteil vom 21.07.2023 - V ZR 90/22 -

 

Mit dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) zum 01.12.2020 hat sich die Stellung des Verwalters in die eines Organs der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) gewandelt.

 

Dies hat auch Auswirkungen auf die Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung), wenn dort geregelt wird, dass bei Veräußerung des Wohnungseigentums eine Zustimmung erforderlich ist. Wird dort geregelt, dass die Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum erforderlich ist, hat die Zustimmung durch die GdWE zu erfolgen und der Verwalter nach Zustimmung die Erklärung abzugeben.

 

Die Klage auf Zustimmung zur Veräußerung ist gegen die GdWE zu richten. Dies gilt auch dann, wenn in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) geregelt ist, dass die Zustimmung zur Veräußerung vom Verwalter zu erfolgen hat. Der Verwalter handelt nach dem durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz zum 01.12.2020 erfolgten Paradigmenwechsel lediglich als Organ, was auch bei älteren Teilungserklärungen durch entsprechende Auslegung zu berücksichtigen ist.


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Fortbildungsvertrag (AGB) und Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers

BAG, Urteil vom 25.04.2023 - 9 AZR 187/22 -

 

Wird die Rückzahlungsverpflichtung in einem vorformulierten, für eine Vielzahl von Verträgen vorgesehenen Fortbildungsvertrag (§ 305 BGB) an ein wiederholtes Nichtablegen der Prüfung gekoppelt, kann dies den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Sie ist geeignet, auf den Arbeitnehmer einen Bleibedruck im bestehenden Arbeitsverhältnis auszuüben und damit die freie Arbeitsplatzwahl nach dem in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG benannten Grundrecht einschränken.

 

Wird keine Regelung (Härtefallregelung) für eine durch Arbeitgeberverhalten veranlasste Eigenkündigung aufgenommen, liegt eine Unangemessenheit der Rückzahlungsklausel iSv. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vor.

 

Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch Klauseln unterworfen, die in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, welches sich im Entscheidungsfall nicht realisierte.

 


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Beschwerdebefugnis des Gesellschafters gegen Zurückweisung der Löschung der Geschäftsführereintragung ?

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2023 - 3 Wx 55/22 -

 

Der GmbH-Gesellschafter hat keine Beschwerdebefugnis, wenn sein Antrag vom Amtsgericht (Handelsregister) auf Löschung des (evtl. fehlerhaft) berufenen Geschäftsführers zurückgewiesen und er für die Beschwerde keine Gründe nach § 59 Abs. 1 FamFG hat.

 

Nach § 59 Abs. 1 FamFG muss die angefochtene Entscheidung bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren; ein bloß rechtliches oder wirtschaftliches Interesse ist nicht ausreichend.

 


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Vorschussrückzahlungsverpflichtung des (wegen Straftat) entlassenen Insolvenzverwalters

BGH, Urteil vom 29.06.2023 - IX ZR 152/22 -

 

Entnimmt der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Insolvenzgerichts einen Vorschuss auf Vergütung und Auslagen, ist diese Zustimmung nicht entscheidend für die endgültige Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters, die erst nach Abschluss seiner Tätigkeit auf Antrag durch das Insolvenzgereicht  mit Bescheid festgesetzt wird, § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 InsVV.. Ob und inwieweit er den Vorschuss behalten kann, ist nach Abschluss der Tätigkeit des Insolvenzverwalters nach dem Bescheid des Insolvenzgerichts über die Vergütung festzustellen.

 

Wird der Insolvenzverwalter entlassen und wird sein Antrag auf Vergütungsfestsetzung rechtskräftig abschlägig beschieden, kann der neue Insolvenzverwalter zugunsten der Masse Rückzahlung eines vom entlassenen Insolvenzverwalters entnommenen Vorschusses verlangen. Der Bescheid des Insolvenzgerichts hat präjudizielle Wirkung, weshalb der entlassene Insolvenzverwalter keine Einwendungen zur Höhe des zurückgeforderten Betrages im Hinblick auf von ihm ausgeführte Tätigkeiten geltend machen kann.

 

Der Rückforderungsanspruch richtet sich nicht nach § 812 BGB. Die Anspruchsgrundlage für überzahlte Vorschüsse folgt hier aus § 667 BGB. Erfolgt die Entnahme aufgrund eines noch nicht rechtskräftigen Vergütungsbeschlusses (wie vorliegend nicht), ergibt sich mit Aufhebung oder Änderung desselben zum Nachteil des Insolvenzverwalters die Rückzahlungsverpflichtung aus der entsprechenden Anwendung des § 717 Abs. 2 BGB.

 


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Auffahren auf Straße über Gehweg und Durchfahrtshöhe Kabel über Gehweg

LG Aachen, Urteil vom 08.08.2023 - 5 S 79/22 -

 

§ 2 Abs. 2 StVO verbietet nicht, dass ein Traktor von dem von diesem bearbeiteten Acker über einen Gehweg auf die Fahrbahn auffahren darf, selbst dann, wenn es anderweitige Möglichkeiten geben sollte, auf die Fahrbahn zu gelangen.

 

Wird im Zusammenhang mit einer Baustellenlichtzeichenanlage ein Stromkabel über den Gehweg gespannt, muss (wie auf Fahrbahnen) gewährleistet sein, dass ein Fahrzeug mit den maximalen Abmessungen gem. § 32 StVZO (Höhe 4 m) unter dem Kabel passieren kann.

 


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Mitwirkungspflicht bei Versorgungsausgleich zum Versicherungsverlauf und Zwangsgeld

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.05.2023 - 20 WF 76/23 -

 

Ist der Versicherungsverlauf des Versorgungsträgers lückenhaft, sind die beteiligten Eheleute im Rahmen des Versorgungsausgleichs auf Anordnung des Gerichts zur Mitwirkung verpflichtet, § 220 Abs. 2, 3 und 5 FamFG. Kommt ein Ehegatte dem nicht nach, kann ein Zwangsgeld verhangen werden (§ 35 FamFG), wenn darauf (zur Warnung) hingewiesen wurde.

 

Ein Zwangsgeld kann dann nicht verhangen werden, wenn der Beteiligte dem zwar nicht nachkommt, die Anordnung formal aber fehlerhaft war. Die Anordnung, Fehlzeiten aufzuklären oder „Unterlagen“ vorzulegen ist unzureichend. Vielmehr müssen die Fehlzeiten genannt werden und angegeben werden, welche Belege vorgelegt werden müssen und welche Angaben (welche Erwerbstätigkeit der Beteiligte bei welchem Arbeitgeber ausgeübt hat, wann er innerhalb der Zeiträume Leistungen der Arbeitsverwaltung oder Krankengeld bezog und welche Ausbildungszeiten er zurückgelegt hat) erforderlich sind.


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Eintragung der Erben nach Tod eines GbR-Gesellschafters im Grundbuch

OLG Rostock, Beschluss vom 02.05.2023 - 3 W 13/23 -

 

Grundsätzlich wandelt sich die GbR nach dem Ableben eines Gesellschafters in eine Abwicklungsgesellschaft. Im Gesellschaftsvertrag kann die Anwachsung des Gesellschaftsanteils mit einer entsprechenden Fortsetzungsklausel oder einem Eintrittsrecht regeln. Erfolgt dies nicht, werden Gesellschafter der Abwicklungsgesellschaft anstelle des verstorbenen Gesellschafters dessen Erben.

 

Hält die GbR Grundvermögen bedarf es zur Wahrung der Erben im Grundbuch keiner Bewilligung nach § 19 GBO. Es kann Berichtigung des Grundbuchs wegen (nachträglicher) Unrichtigkeit beantragt werden. Dazu müssen die verbliebenen Gesellschafter in der Form des § 29 GBO erklären, dass ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht besteht und besondere Vereinbarung für den Kündigungs- und Todesfall nicht getroffen wurden, ferner die Erben in der Form des § 29 GBO erklären, dass nach ihrer Kenntnis weder ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag besteht noch abweichende Vereinbarungen für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen wurden. Die Vorlage hat durch denjenigen zu erfolgen, der die Unrichtigkeit geltend macht.

 


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Beweislast bei Fehlern verschiedener Unternehmen und Folgeschaden

OLG Dresden, Urteil vom 18.04.2023 - 14 U 1551/22 -

 

§ 830 Abs. 1 S. 2 BGB ist auch zum Nachweis der Kausalität der Haftung mehrerer Beteiligter bei ungewissen Verursachungsbeitrag für Folgeschäden nach einem Mangel eines am Bau Beteiligten anwendbar. Eine Ersatzpflicht ist nicht nur für solche Schäden gegeben, die auf dem pflichtwidrigen Verhalten eines Bauunternehmers beruhen, sondern die im Deliktsrecht angesiedelte Norm des § 830 BGB ist auch im Bereich der vertraglichen Haftung entsprechend anzuwenden.

 

Voraussetzung für die Einbeziehung von § 830 Abs. 1 S. 2 BGB ist, dass bei dem in Anspruch Genommenen wie bei den übrigen Beteiligten ein anspruchsbegründendes Verhalten vorliegt, sieht man vom Nachweis der Ursächlichkeit dieser haftungsbegründenden Tatsache für den Schaden ab, weiterhin eine der unter den Begriff der Beteiligung  zusammengefassten Personen diesen verursacht haben muss und nicht festzustellen ist, welcher von ihnen den Schaden ganz oder teilweise verursacht hat.

 

§ 830 Abs. 1 S. 2 BGB trägt der Beweisnot des Klägers (hier: Bauherr) Rechnung. Die Beweislast im Rahmen des § 830 BGB trägt derjenige, der für diese Schadensquelle verantwortlich ist (vorliegend neben dem in Anspruch Genommenen noch weitere am Bau Beteiligte, die fehlerhaft arbeiteten). Zwar kann sich jeder Beteiligte exkulpieren, indem er den Nachweis erbringt, dass sein Verhalten nicht ursächlich für den Schaden sei; ein reines Bestreiten der Verantwortlichkeit reicht nicht aus.

 


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