Rechtsprechung

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Auf dieser Homepage werden Entscheidungen und Hinweise zu Rechtsentwicklungen in der Regel nur kurz dargestellt. Es werden Verweise auf unsere anderweitigen Publikationen (qua Link) erfolgen, damit der interessierte Leser dort weiterlesen kann. 

 

Im nachfolgenden Blog sind die neuesten auf dieser Seite veröffentlichten Entscheidungen kurz (mit einem Link zu ihnen) dargestellt.

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Die Links zu den Blogbeiträgen führen auf die entsprechende Seite, auf der in der Regel mehrere Artikel finden. Die Blogbeiträge sind nach den Daten der besprochenen Entscheidungen sortiert, das jüngste Datum befindet sich immer oben. Die Überschriften der Beiträge entsprechend den Überschriften der Blogbeiträge.

 

 

Beschwer des Antragstellers bei Erlass eines beantragten Ordnungsgeldbeschlusses

BGH, Beschluss vom 23.11.2023 - I ZB 29/23 -

 

Bei einem Antrag auf Ordnungsmittel bei Zuwiderhandlung gegen ein durch Urteil auferlegtes Verbot ist der Antragsteller nicht gehalten, das Ordnungsmittel oder die Höhe desselben zu benennen. Art und die Höhe des Ordnungsmittels steht im Ermessen des Gerichts.

 

Beantragt der Gläubiger die Festsetzung eines Ordnungsgeldes, kann er – nennt er keinen bestimmten Betrag und macht er auch keine Angabe zur einer Größenordnung – mangels Beschwer keine zulässige Beschwerde gegen eine dem Antrag stattgebende Entscheidung mit dem Ziel der Erhöhung des Ordnungsgeldes einlegen.

 

Macht der Gläubiger im Laufe des Verfahrens vor einer Entscheidung über seinen Antrag Angaben zu einer Größenordnung und weicht das Gericht davon durch Unterschreitung ab, kann der Gläubiger Beschwerde einlegen. Ausreichend ist für die Angabe einer Größenordnung auch der Hinweis darauf, dass der Schuldner schon zweimal gegen das Verbot verstoßen habe und jeweils ein Ordnungsgeld von € 5.000,00 festgesetzt worden sei, weshalb nunmehr „natürlich ein deutlich empfindlicheres Ordnungsgeld festzusetzen“ sei, was dahingehend auszulegen ist, dass das Ordnungsgeld mehr als € 5.000,00 betragen soll.

 


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Unzulässigkeit einer herabsetzenden Meinungsäußerung

OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.02.2024 - 16 U 93/23 -

 

Meinungsäußerungen sind grundsätzlich vom Recht der Meinungsfreiheit geschützt, auch dann, wenn sie scharfe und auch abwertende Äußerungen enthalten. Bei ehrverletzenden Äußerungen ist allerdings eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen.

 

Die Ausführung in einem Beitrag auf einer Onlineplattform „„Anstatt eine junge Doktorandin zu unterstützen, die seit Monaten attackiert, auf offener Straße verfolgt und sogar körperlich angegriffen wird, unterstützt die Stiftung lieber einen 60-jährigen Mann, der an der Spitze eines Lobby-Vereins steht und maßgeblich an dem Frauenhass beteiligt ist, dem A seit Monaten ausgesetzt ist“ ist eine unzulässige Meinungsäußerung, da nach der Struktur des Satzes und der dort verwandten stilistischen Mittel, in dem die Bezeichnung „Mann“ verwandt würde, diese Bezeichnung für den Leser eine herabwürdigende Bedeutung zukommt. Eine seit Jahrzehnten nach außen gelebte geschlechtliche Identität wird der Klägerin abgesprochen, was sie nicht hinnehmen muss.

 


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Vorsätzliche arglistige Täuschung im Rahmen von Auskünften trotz Belehrung

OLG Dresden, Hinweisbeschluss vom 18.04.2024 - 4 U 67/24 -

 

Bei einer Obliegenheitspflichtverletzung wegen Falschbeantwortung von Fragen des Versicherers anlässlich eines Schadensfalls ist Vorsatz anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer die dazu führenden Umstände nicht plausibel darlegt. Arglist ist ebenfalls durch den Versicherungsnehmers durch Darlegung der Gründe, die dazu führten, auszuräumen. Liegt Arglist vor, bedarf es keines Nachweises, ob die Verletzung der Obliegenheit für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles oder für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist.


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Haftung bei Brand des parkenden Fahrzeugs (§ 7 StVG)

BGH, Urteil vom 12.12.2023 - VI ZR 76/23 -

 

Voraussetzung für eine Haftung nach § 7 StVG ist, dass sich der Schaden „bei dem Betrieb“ des Fahrzeugs ereignet hat. Danach muss die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung stehen.

 

Das Parken eines Fahrzeugs auf einer öffentlichen Straße gehört zum Betrieb des Fahrzeugs. Brennt dieses (und kommt es dadurch zu einen Drittschaden), haftet der Halter dieses Fahrzeugs nach § 7 StVG, wenn der Brand durch den Betrieb oder eine Betriebseinrichtung verursacht wurde. Die Beweislast hat der (klagende) Geschädigte. Kann nicht festgestellt werden, welche Betriebseinrichtung zum Brand führte und eine Brandstiftung nicht ausgeschlossen werden, ist die Klage des Dritten abzuweisen.

 


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Entschädigungsanspruch des Reiserveranstalters vs. Wesentliche Beeinträchtigung

BGH, Urteil vom 23.04.2023 - X ZR 58/23 -

 

Erfolgt ein wirksamen Reiserücktritt des Buchenden (§ 651h Abs. 1 S. 1 BGB), verliert der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den Reisepreis (§ 651h Abs. 1 S. 2 BGB), kann aber nach § 651h Abs. 1 S. 3 BGB einen Entschädigungsanspruch geltend machen, wenn nicht eine wesentliche Beeinträchtigung der Reise vorliegt.

 

Zwar ist zur Covid-19-Pandemie anerkannt, dass diese eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen kann. Dies kann aber dann nicht angenommen werden, wenn zum Zeitpunkt der Buchung (hier: Januar 2021 für November/Dezember 2021 nach Thailand) diese Beeinträchtigung bereits bekannt ist. Ausreichend für den Ausschluss der Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung ist aber auch bereits, dass bei der Buchung Umstände vorliegen, die der Durchführung der Reise zwar nicht zwingend entgegenstehen, aber doch so gravierend sind, dass nicht jeder Reisende die damit verbundenen Risiken auf sich nehmen möchte. Es kommt auch nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Buchung die Weiterentwicklung der Situation noch nicht absehbar ist, wenn jedenfalls eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass es innerhalb kürzester Zeit zu gravierenden Veränderungen kommt.


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Gesellschaftsregister: Wie ist die Rechtsform bei der eGbR in Gesellschaftsnamen zu integrieren ?

OLG Köln, Beschluss vom 22.04.2024 - 4 Wx 4/24 -

 

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts (MoPeG) wurde das Gesellschaftsregister für die GbR eingeführt. Nach § 707a Abs. 2 S. 1 BGB muss die eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts in ihrem Namen den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder (abgekürzt) „eGbR“ als Rechtsformzusatz führen. Eine Vorgabe, an welcher Stelle des Gesellschaftsnamens der Zusatz aufzunehmen ist, enthält das Gesetz nicht.

 

Da mit der gesetzlichen Anordnung eine Information des Rechtsverkehrs über die Gesellschafts- und Haftungsverhältnisse bezweckt ist, kommt es nur darauf an, ob durch die Stellung des Zusatzes diese Informations- und Aussagekraft beeinträchtigt wird.

 

Bei „…eGbR K2-Straße…“ trennen der Name (…) und die Ortsangabe (K2-Straße…) die Rechtsform, ohne dass Zweifel an dieser entstehen können.

 


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Gerichtlicher Vergleich auf Grundlage fehlerhaften Gutachtens

OLG Hamm, Beschluss vom 12.04.2024 - 26 U 2/23 -

 

Ein Vergleich ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vergleichs als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre, § 779 Abs. 1 BGB. Dies gilt auch für einen Prozessvergleich. Voraussetzung ist ein Irrtum aller beteiligten Parteien.

 

Eine Anfechtung wegen Irrtums scheidet aus, wenn es sich lediglich um einen Motiv- oder Kalkulationsirrtum handelt, § 119 Abs. 1 BGB. Ist Grund der Anfechtung ein (angenommener oder wirklicher) Fehler eines vom Gericht zu einem streitigen Punkt eingeholten Gutachten, so liegt lediglich ein unbeachtlicher Motivirrtum vor.

 

§ 123 Abs. 1 BGB greift bei einem fehlerhaften Gutachten nur, wenn nachgewiesen würde, dass der Sachverständige arglistig täuschte oder bewusst falsche Angaben machte und zudem die Gegenseite nachweislich die arglistige Täuschung kannte oder hätte kennen müssen.

 


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Grundsteuer: Übermaßverbot und Einwendungen

Eine Ungenauigkeit zwischen dem gem. §§ 218 ff BewG ermittelten Wert und dem gemeinen Wert  ist der typisierenden und pauschalierenden Wertermittlung des Bewertungsgesetzes geschuldet und hinzunehmen. Verfassungsgemäß ist dies solange, wie ein Verstoß gegen das Übermaßverbot im Einzelfall durch verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahmen abgewendet werden kann. Das Übermaßverbot greift, wenn der vom Finanzamt Nach §§ 218 ff BewG festgestellte Wert um 40% oder mehr den niedrigeren gemeinen Wert übersteigt.  

 

Dem Steuerpflichtigen ist bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit einzuräumen, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.

 

Der Vollzug des Grundsteuerwertfeststellungsbescheides ist auszusetzen, wenn der Nachweis für einen niedrigeren gemeinen Wert möglich erscheint.

 

 

BFH, Beschluss vom 27.05.2024 - II B 78/23 (AdV) -


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Handelsregister: Keine Wahrung einer Sitzverlegung ins Ausland bei GmbH

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20.03.2024 - 7 W 10/24 -

 

Entscheidend ist § 4a GmbHG, demzufolge der Sitz der GmbH der Ort im Inland ist, der im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist. Damit ist eine Sitzverlegung des Satzungssitzes ins Ausland ausgeschlossen. Ein Beschluss zur Verlegung des Satzungssitzes ins Ausland kann deshalb nicht im Handelsregister gewahrt werden.

 


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Zum Getrenntleben nach § 1567 BGB in ehelicher Wohnung (Trennungszeitpunkt)

OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.03.2024 - 1 UF 160/23 -

 

Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Annahme eines Getrenntlebens der Eheleute in der gemeinschaftlichen Wohnung  (§ 1597 BGB) sind:

 

Objektive Voraussetzung: Es ist ein der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung herzustellen, was verlangt, dass die Eheleute innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt wohnen und schlafen und so die Trennung nach außen sichtbar wird. Es darf der Haushalt nicht mehr gemeinschaftlich geführt werden, was gelegentliche und nicht regelmäßige Gefälligkeiten (keine Intensität), also für ein eheliches Zusammenleben unwesentliche Leistungen, nicht ausschließt. Ebenso sprechen ein höflicher und freundschaftlicher, vernünftiger Umgang miteinander nicht gegen das Getrenntleben; dies gilt insbesondere, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben (was mithin gemeinsame Mahlzeiten mit diesen nicht ausschließt).

 

Subjektive Voraussetzung: Es ist eine Prognose erforderlich, dass die eheliche Gemeinschaft nicht wieder hergestellt werden soll, wobei ausreichend ist, wenn zumindest ein Ehegatte klar bekundet, dass er nicht mehr bereit ist, die eheliche Gemeinschaft wieder herzustellen.

 

Der Zeitpunkt, zu dem die objektiven und subjektiven Voraussetzungen vorliegen, ist der Trennungszeitpunkt.

 


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Verkehrssicherungspflicht von Straßenbäumen und Amtshaftung

OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom 28.06.2023 - 11 U 170/22 -

 

Der Verstoß des Trägers der Straßenbaulast gegen die Obliegenheit der Erhaltung der Verkehrssicherheit der Straße, die sich auch auf die Straßenbäume bezieht, begründet einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB iVm. Art. 34 GG.

 

Es ist ausreichend, wenn in regelmäßigen Zeitabständen die Straßenbäume auf ihre Standfestigkeit geprüft werden. Als gefährdet angesehene Bäume oder Teile von Bäumen sind zu beseitigen; kann dies nicht zeitnah erfolgen, ist der entsprechende Straßenabschnitt einstweilen für den Verkehr zu sperren.

 

Bei (auch orkanartigen) Sturm ist eine Sperrung der Straße wegen der Gefahr des Umsturzes von (auch gesunden) Bäumen oder Astbruch nicht notwendig. Der Verkehrssicherungspflichtige muss nur diejenigen Gefahren ausräumen bzw. vor ihnen warnen, die für den Benutzer bei erforderlicher Sorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar sind oder auf die er sich nicht rechtzeitig einrichten kann, was bei einem aufkommenden (orkanartigen) Sturm nicht der Fall ist.

 


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Wann kann (nach Todesfall) Testierfähigkeit verneint werden ?

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 24.04.2024 - 8 W 60/23 -

 

Die gesetzgeberische Konzeption des § 2229 BGB besagt, dass jedermann, der das 16. Lebensjahr vollendet habe, solange als testierfähig gilt, bis das Gegenteil zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen ist.

 

Verbleiben nach der notwendigen Ermittlung zur Feststellung der für eine Entscheidung notwendigen Tatsachen (so auch im Rahmen eines Sachverständigengutachtens) Zweifel, gehen diese Zweifel zu Lasten desjenigen, der sich auf eine fehlende Testierfähigkeit beruft.

 

Wird post-mortem eine Testierunfähigkeit aus einen zeitnah vor der Erstellung des Testaments angenommenen pathologischen Zustand gefolgert, können auch von einem Sachverständigen nicht auszuräumende Unsicherheiten dazu führen, dass die notwendige volle Überzeugung vom Bestehen einer Testierunfähigkeit nicht gewonnen werden kann.

 


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Vergemeinschaftung von Mängelansprüchen bei Mehrhaus-Untergemeinschaften

BGH, Urteil vom 23.01.2024 - V ZR 132/23 -

 

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft können gemäß Vereinbarung (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG), besteht die Gemeinschaft aus mehreren Häusern, Untergemeinschaften (bezogen auf jedes Haus) gebildet werden, die weitgehend rechtlich verselbständigt sind. 

 

Individuelle Rechte des Erwerbers gegen den Bauträger können vom Erwerber solange selbst verfolgt werden, solange dadurch nicht schützenswerte gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers beeinträchtigt werden. Die GdWE ist aber von vornherein für die Geltendmachung und Durchsetzung solcher Rechte alleine zuständig, die ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind und ein eigenständiges Vorgehen der einzelnen Wohnungseigentümer nicht zulassen würden (Minderungsrechte und kleiner Schadensersatz). Die GdWE kann im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung des Gemeinschaftseigentums die auf ordnungsgemäße Herstellung desselben gerichteten Rechte durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen.

 

Das gilt auch bei bei Mehrhausanlagen gebildeten und weitestgehend verselbständigten Untergemeinschaften je Haus, und zwar auch dann, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil einer Anlage betreffen. Ansonsten wäre eine effektive Rechtsverfolgung beeinträchtigt.

 


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Selbständiges Beweisverfahren: Zulässigkeit eines Gegenantrages

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.04.2024 - 8 W 7/24 -

 

Ein Gegenantrag ist in einem selbständigen Beweisverfahren (§ 485 ZPO) grundsätzlich statthaft, wenn er sich im Rahmen des dem Beweisantrag zugrundeliegenden Sachkomplex hält und vor Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens gestellt wird, soweit es nicht (trotz noch nicht abgeschlossenen Verfahren) ersichtlich durch den Gegenantrag zu einer Verzögerung kommt.

 

Der Gegenantrag ist (auch wenn er nach Vorstehendem zulässig wäre) zurückzuweisen, wenn er aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht durchführbar ist. Die ist z.B. der Fall, wenn der Antragsteller und Berechtigte bei einer durch den Gegenantrag  notwendigen Maßnahme (wie eine zerstörerische Untersuchung / Bauteilöffnung) eine Wohnung des Berechtigten betroffen ist, § 144 Abs. 1 S. 3 ZPO.

 


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Befangenheit: Vormalige Tätigkeit des Richters als Anwalt in Kanzlei einer Prozesspartei

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.01.2024 - 1 W 32/23 -

 

 

Ein Grund für die Annahme der Befangenheit eines Richters iSv. § 42 ZPO liegt vor, wenn dieser geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen; erforderlich (aber auch ausreichend) ist dafür das Vorliegen eines Sachverhalts, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung und Würdigung aller Umstände berechtigten Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Richters gibt.

 

 

Auch wenn nicht jede abgeschlossene geschäftliche oder berufliche Beziehung des Richters zu einem Prozessbeteiligten einen Befangenheitsgrund darstellt, rechtfertigt nach oben genannten Grundsätzen ein früheres Anstellungsverhältnis des Richters in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten einer Partei die Annahme seiner Befangenheit, wenn dieses erst kurze Zeit (hier: weniger als 6 Monate) vor der Befassung des Richters mit dem Rechtsstreit beendet wurde. In diesem Fall kommt es auf ein zeitliches Überschneiden des Mandatsverhältnisses zu der Kanzlei mit der dortigen Anwaltstätigkeit des Richters nicht an.


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Kein Anscheinsbeweis für Zugang einer einfachen E-Mail

OLG Rostock, Hinweisbeschluss vom 3.4.2024 - 7 U 2/24 -

 

Ist die Absendung einer E-Mail unstreitig (oder nachgewiesen) und erfolgt (auch unstreitig oder nachgewiesen) keine Nichtzustellungsbescheinigung beim Absender, liegen gleichwohl die Voraussetzungen für einen Anscheinsbeweis für den Zugang bei dem Adressaten nicht vor.  

 

Zum Nachweis des Zugangs einer entsprechenden Mail ist der Beweisantrag unzulässig, nach dem der angebliche Empfänger selbst seinen E-Mail-Account mit dem virtuellem Posteingangskorb und ggf. weiteren Ablageordnern (wie „Gelöschte Elemente“ o.ä.) zu Beweiszwecken zur Verfügung stellen müsste.

 


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Berechnung der Vorfälligkeit nach der Aktiv-Passiv-Methode

BGH, Urteil vom 12.03.2024 - XI ZR 159/23 -

 

Wird ein (Immobiliar-) Darlehen durch den Darlehensnehmer vorzeitig gekündigt, hat er eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank zu entrichten, § 490 Abs. 2 S. 3 BGB. Die Bank kann diese nach der Aktiv-Aktiv-Methode als auch nach der Aktiv-Passiv-Methode berechnen.

 

Bei der Aktiv-Aktiv-Methode vergibt die Bank den freiwerdenden Betrag erneut als Darlehen. Im Rahmen der Aktiv-Passiv-Methode wird (fiktiv) auf eine laufzeitkongruente Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen abgestellt.

 

Die laufzeitkongruente Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen umfasst auch anfallende negative Renditen. Diese sind Ergebnis der im Darlehens-Rückzahlungszeitpunkt bestehenden Zinslandschaft, der die Bank durch die vorzeitige Kündigung des Darlehens ausgesetzt ist.

 


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Öffentliches Baurecht: Stellplätz auf Grundstück, Vorbelastung, Rücksichtnahme sowie Schikaneverbot

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 23.01.2024 - 1 ME 139/23 -

 

 

Grundsätzlich sind Stellplätze und Garagen möglichst nah an öffentlichen Verkehrsflächen heranzubauen, damit kein Störpotential in Ruhezonen hineingetragen wird, in denen bisher keine Fahrzeugbewegungen stattfanden. Dies gilt auch für nach § 47 NBauO notwendige Stellplätze und Garagen. Konkurrierende Nutzungsinteressen sind abzuwägen. Was danach dem Bauherrn gestattet bzw. dem Nachbarn zugemutet werden kann, richtet sich nach der Vorbelastung des geplanten Aufstellungsortes durch vergleichbare Anlagen, ferner nach der planungsrechtlichen Vorbelastung.

 

Eine rechtmäßige Vorbelastung bestimmt auch dann den Rahmen des Zumutbaren, wenn ein Grundstück nach Abriss des alten Bestandes neu bebaut wird.

 

 

Es gilt das Gebot der Rücksichtnahme, welches bis zur Grenze des Schikaneverbots nicht fordert, unter mehreren in Betracht kommenden Grundstücksnutzungen die nachbarverträglichste auszusehen. 


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Wirksamkeit des Widerrufs einer Rücknahme eines Zwangsversteigerungsantrages

BGH, Beschluss vom 15.02.2024 - V ZB 44/23 -

 

Erfolgt eine Rücknahme eines (Teilungs-) Zwangsversteigerungsantrages, so wird damit regelmäßig eine Verfahrensbeendigung bezweckt. Diese Verfahrensbeendigung tritt allerdings nicht mit der Rücknahmeerklärung ein, sondern erst mit dem Aufhebungsbeschluss, der konstitutiv wirkt. Bis zu diesem Aufhebungsbeschluss kann die Rücknahme des Versteigerungsantrages wirksam jederzeit widerrufen / zurückgenommen werden.

 


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Werkunternehmer errichtet Zaun auf Nachbargrundstück (Schadensersatz)

OLG Celle, Hinweis vom 05.02.2024 - 5 U 134/23 -

 

Wird ein Zaun durch den beauftragten Werkunternehmer aufgrund eines Fehlers des Werkunternehmers teilweise auf dem Grundstück des Nachbarn des Auftraggebers errichtet, kommt jedenfalls dann kein Schadenersatzanspruch in Höhe der Beseitigungskosten in Betracht, wenn ein Beseitigungsverlangen des Nachbarn zeitlich (aufgrund von nachbarschaftsrechtlichen - landesrechtlichen – Bestimmungen) ausgeschlossen ist. 

 

In diesem Fall kann der Schaden nach dem Wert des Teils des Zaunes geschätzt werden, der auf dem Nachbargrundstück steht und gem. § 94 BGB wesentlicher Bestandteil des Nachbargrundstücks geworden ist.

 


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Werbungskosten: Abzugsfähigkeit von Strafverteidigerkosten

FG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2024 - 3 K 2389/21 E -

 

Der Steuerpflichtige Arbeitnehmer kann Strafverteidigerkosten als (auch nachträgliche) Werbungkosten aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht werden, wenn ihm eine Tat in Ausübung und nicht nur bei Gelegenheit der beruflichen Tätigkeit zur Last gelegt wird und die Tat nicht durch einen privaten Veranlassungszusammenhang überlagert wird.

 

Alleine der Vorwurf des Anzeigenerstatters eines Schädigungsvorsatzes bzw. einer Bereicherung des Steuerpflichtigen und/oder eines Dritten durch die vorgeworfenen Taten führt – jedenfalls bei einem strafrechtlichen Untreuevorwurf - nicht zur Überlagerung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs der Strafverteidigerkosten durch außerberufliche private Gründe (entgegen FG Thüringen, Urteil vom 12.02.2014 - 3 K 926/13 -).

 


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Hausratversicherung: Nachweis für einen Einbruchdiebstahl

BGH, Urteil vom 17.04.2024 - IV ZR 91/23 -

 

Nach  § 5 Nr. 1 Buchst. a Abs. 1 VHB 84, liegt ein Einbruchdiebstahl in der Hausratversicherung u.a. vor, wenn der Dieb in einen Raum eines Gebäudes einbricht oder einsteigt.

 

Der Versicherungsnehmer hat den behaupteten Einbruchdiebstahl nachzuweisen. Er muss ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen, beweisen. Dazu gehört das Vorhandensein von Einbruchspuren. Diese müssen aber nicht stimmig in dem Sinne sein, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen.

 

Ist der erforderliche Nachweis für einen Einbruchdiebstahl erbracht, muss der Versicherer nachweisen, dass es sich um einen vorgetäuschten Einbruch handelte, will er den Versicherungsschutz versagen.

 


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Fälligkeit des Eigentumsverschaffungsanspruchs und seine Verjährung

BGH, Urteil vom 15.03.2024 - V ZR 224/22 -

 

Der Anspruch auf Übertragung eines Grundstücks verjährt in zehn Jahren, § 196 BGB. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, § 200 BGB.  Dies setzt die Fälligkeit des Anspruchs voraus, was auch für synallagmatisch verbundene Ansprüche, wie bei  einem Grundstückskaufvertrag, gilt.

 

Üblicherweise wird ein Anspruch aus einem Kaufvertrag mit dessen Abschluss fällig. In Grundstückskaufverträgen kommt es häufig zur Sicherung des Verkäufers zu einer davon abweichenden Regelung, der zufolge der Käufer die Zahlung des Kaufpreises nachweisen muss; in diesem Fall tritt die Fälligkeit erst mit dem Nachweis derselben ein. Bis dahin beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen, unbeschadet des Umstandes, dass es hier der Käufer in der Hand hat., die Fälligkeitsvoraussetzung zu begründen.

 


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Sonder- und Wegerechte des Rettungswagens im Einsatz (§ 35 StVO)

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom 04.01.2024 - 7 U 141/23 -

 

Die StVO sieht u.a. für Rettungswagen (Krankenrettungswagen) im Einsatz Sonder- und Wegerechte vor, die für Rettungswagen zu einer Befreiung von den Vorschriften der StVO führen, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, § 35 Abs. 5a StVO. Das Sonderrecht darf allerdings nur unter größtmöglicher Sorgfalt ausgeübt werden, § 35 Abs. 8 StVO. Der Nachweis des Vorliegens eines nach § 35a Abs. 5a StVO obliegt dem Fahrer/Halter des Rettungswagens.

 

Bei einer gut einsehbaren Hauptstraße darf der Rettungswagen statt erlaubter 35 km/h auch 70 km/h fahren.

 

Andere Verkehrsteilnehmer haben „freie Bahn“ bei eingeschalteten Blaulicht und Martinshorn am Rettungswagen zu machen. Im Zweifel - gibt es keine anderweitige Ausweichmöglichkeit - hat der Verkehrsteilnehmer stehen zu bleiben.

 


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Unwirksamkeit einer öffentlichen Zustellung

BGH, Beschluss vom 22.02.2023 - V ZR 117/23 -

 

Die durch eine öffentliche Zustellung gem. § 185 ZPO begünstigte Partei muss alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anstellen, um den Aufenthalt des Zustellungsempfängers zu ermitteln und ihre ergebnislosen Bemühungen dem Gericht darlegen; eine ergebnislose Anfrage beim Einwohnermeldeamt reicht in der Regel nicht aus.

 

Ist eine E-Mail-Adresse der Partei bekannt, der öffentlich zugstellt werden soll, so ist zuvor der Zustelladressat über diese Mainanschrift zu kontaktieren und in Ansehung einer beabsichtigten Klageerhebung aufzufordern, seine Meldeanschrift bzw. eine Zustellanschrift oder ggf. einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

 


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Ohne Hinweis unterlassene Einvernahme des (geladenen) Zeugen

BFH, Beschluss vom 04.04.2024 - V B 12/23 -

 

Erlässt das Finanzgericht einen Beweisbeschluss und lädt deshalb einen Zeugen zur mündlichen Verhandlung, schafft es eine Verfahrenslage, auf die sich die Beteiligten einstellen können. Wird der Zeuge nicht angehört und ergeht ein Urteil, ohne dass zuvor vom Gericht unmissverständlich auf das beabsichtiget Absehen der Einvernahme des Zeugen hingewiesen wird, wird der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, Art. 103 GG. Dies gilt sowohl in dem Fall, in dem der Zeuge ohne förmlichen Beweisbeschluss zur Verhandlung geladen wurde wie auch in dem Fall, dass der Zeuge trotz Ladung zum Termin nicht erscheint.

 


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Vertragsstrafe Werkvertrag: Einheitspreisvertrag und 5%-Grenze

BGH, Urteil vom 15.02.2024 - VII ZR 42/22-

 

In einem als Einheitspreisvertrag abgeschlossenen Werkvertrag stellt sich die AGB-Klausel  

 

„Der Auftragnehmer hat bei Überschreitung der unter 1. genannten Einzelfristen oder der Frist für die Vollendung als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs zu zahlen: 0,2 v.H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme ohne Umsatzsteuer. Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 5 v. H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) begrenzt.“

 

als entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Klausel zu Lasten des Vertragspartners dar und ist unwirksam, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Vertragsstrafe darf maximal 5% der Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) betragen. Nach der benannten Klausel in dem  Einheitspreisvertrag kann aber der tatsächliche Auftragswert nach Abrechnung (z.B. wegen Verringerung der Mengen) niedriger sein als der im Angebot benannte Betrag, auf den nach der Klausel abzustellen wäre.


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Betriebsgefahr versus eigenständiger Gefahrenkreis (Heizölanlieferung)

OLG Celle, Urteil vom 15.11.2023 - 14 U 56/23 -

 

„Bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ gem. § 7 StVG wird jemand verletzt bzw.  etwas beschädigt, wenn sich in dem Schaden die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, also bei wertender Betrachtung der Schaden durch das Kraftfahrzeug (mit-) geprägt worden ist.

 

Bei einem Kraftfahrzeug mit Arbeitsfunktion ist erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung desselben als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (§ 1 Abs. 2 StVG) besteht. Es muss sich bei dem Schaden um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll. Damit entfällt eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG, wenn (i) die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Fahrzeugs keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird, oder (ii) wenn es sich um Schäden handelt, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht.

 

Fliest bei einem Befüllvorgang mit Heizöl Öl aus, da am Heizöltank die Füllstandsanzeige defekt ist, scheidet damit eine Haftung nach § 7 StVG aus, da sich hier ein gegenüber der Betriebsgefahr des Öltankwagens eigenständiger Gefahrenkreis verwirklichte.

 


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Positive Entscheidung des Versicherers und Ende der Verjährungshemmung nach § 115 VVG

Kammergericht, Beschluss vom 10.07.2023 - 25 U 46/22 -

 

Die Mitteilung der Entscheidung des Versicherers (§ 115 Abs. 2 S. 3 VVG), auf Grund der die Verjährungshemmung endet, muss eine klare und umfassende Erklärung darstellen, aus der sich der Umfang der in Betracht kommenden Regulierung ergibt. Hierfür kommt nicht nur eine ablehnende, sondern auch eine anspruchsbejahende und damit grundsätzlich für den Geschädigten positive Entscheidung des Versicherers in Betracht.

 

Mit Eingang der Entscheidung des Versicherers bei dem Geschädigten läuft die durch den Eingang der Anspruchsanmeldung bei dem Versicherer gehemmte Verjährung weiter.

 


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Verletzung durch abbrechenden Ast eines Baumes im Stadtpark

OLG Brandenburg, Urteil vom 08.01.2024 - 2 U 10/23 -

 

Notwendige und zumutbare Vorkehrungen, um eine von einem Baum ausgehende Schädigung anderer möglichst zu verhindern (eingeschränkt im Wald für sogen. waldtypische Gefahren), hat der für den Baum Verantwortliche (Verkehrssicherungspflichtige) zu treffen. Die Kontrolle beschränkt sich, bestehen keine Anhaltspunkte für eine Schädigung, grundsätzlich auf eine optische Kontrolle, Grundsätzlich muss er regelmäßig die Bäume auf Schädigungen kontrollieren. Die Abstände der Kontrollen werden in der Rechtsprechung unterschiedlich betrachtet. Die Durchführung der Kontrollen hat im Schadensfall der Verkehrssicherungspflichtige darzulegen und zu beweisen. Dies gilt auch für Bäume in einem Stadtpark an einem Fuß- und Radweg.

 

Hat der Verantwortliche die Kontrollen nicht durchgeführt oder kann er den Beweis nicht erbringen, so begründet dies noch keine Haftung wegen Verletzung der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem durch einen Astbruch o.ä. Verletzten. Erforderlich ist, dass das Unterlassen der Kontrollen für den Schaden ursächlich war. Dies ist ohne Beweiserleichterung von dem Geschädigten darzulegen und zu beweisen. Mutmaßungen eines beauftragten Sachverständigen (mangels tatsächlicher Gegebenheiten) reichen zur Feststellung der Kausalität nicht aus.

 


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Unklare Verkehrslage beim Abbiegen in Grundstück; Haftungsabwägung mit Überholenden

OLG Schleswig, Urteil vom 06.02.2024 - 7 U 94/23 -

 

Eine unklare Verkehrslage iSv. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO, die zu einem Überholverbot führt, ist anzunehmen, wenn das vorausfahrende Fahrzeug bei einem angezeigten Rechtsabbiegen in ein Grundstück (unter Verstoß gegen § 9 Abs. 1 S. 2 StVO: rechts einordnen) nach links ausholt. Der Überholende hat mit einem weiteren Ausscheren nach links vor dem eigentlichen Abbiegen zu rechnen oder damit, dass der rechte Fahrtrichtungsanzeiger nur versehentlich statt dem linken gesetzt wurde.

 

Kommt es zu einer seitlichen Kollision zwischen dem unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO bei unklarer Verkehrslage Überholenden und dem nach rechts in ein Grundstück einbiegenden, der zwar den rechten Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hat, sich aber (zur besseren Einfahrt) zur Straßenmitte einordnet um schließlich direkt vor der Einfahrt noch einmal weiter nach links ausholt, ist (trotz Verstoß gegen § 9 Abs. 1 S. 4 StVO) eine Haftungsquotelung zu Lasten des Überholenden mit 60% zu 40% gerechtfertigt, §§ 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 3 StVG.

 


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Anhörungsrüge und Rechtsbeschwerdezulassung nach § 70 FamFG

BGH, Beschluss vom 18.10.2023 - XII ZB 169/23 -

 

Grundsätzlich ist eine Rechtsbeschwerde, bei der sich aus der Beschlussformel oder den Gründen deren Zulassung ergibt,  die gem. § 70 Abs. 1 FamFG zugelassen wird, zulässig. Erfolgt die Zulassung allerdings erst nach einer Anhörungsrüge, ist vom BGH die Zulässigkeit im Hinblick auf die Berechtigung der Anhörungsrüge zu prüfen.

 

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf eine Anhörungsrüge gemäß § 44 FamFG kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn das Beschwerdegericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde Vortrag übergangen hat, der sich auf die Zulassungsentscheidung bezog. Erfolgt neuer Vortrag im Rahmen der Anhörungsrüge, liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vor.

 

Erfolgt eine Anhörungsrüge und wurde das Verfahren aufgrund dieser fortgesetzt und sodann die Rechtsbeschwerde zugelassen, ist vom BGH zu prüfen, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war.

 


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Unzulässige eigene Würdigung zur Arbeitsunfähigkeit bei Vorlage ärztlicher Bescheinigung

BGH, Beschluss vom 12.03.2023 - VI ZR 283/21 -

 

Legt der Geschädigte (oder jener, der aus übergegangenen Recht klagt, z.B. § 6 Abs. 1 EntgFG) ärztliche Unterlagen vor, aus denen sich gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergeben (Diagnosen), wie auch die darauf beruhende Einschätzung der behandelnden Ärzte zur fehlenden Arbeitsfähigkeit, handelt es sich bei diesen Unterlagen um qualifizierten Sachvortrag, über welchen sich das Gericht nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Einschätzung aus der Diagnose unter anderweitiger Bewertung von Tätigkeiten des Geschädigten hinwegsetzen darf. Bei einem Verstoß ist das rechtliche Gehör verletzt, Art. 103 GG.

 

Das Gericht (der Tatrichter) darf auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn es entsprechende eigene besondere Sachkunde hat. Hierauf hat das Gericht die Parteien vorher hinzuweisen.

 


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Leasing: Klage gegen Hersteller: Bewertung des Nutzungsvorteil bei deliktischen Vorteilsausgleichs

BGH, Urteil vom 05.03.2024 - VI ZR 466/19 -

 

Zugrunde liegt dem Urteil ein sogen. Dieselfall (Abschalteinrichtung) bei einem geleasten Fahrzeug. Macht der Leasingnehmer seinen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Hersteller des Fahrzeugs geltend, bestehen zwischen den Parteien keine vertraglichen Beziehungen. Von daher kann er nicht ein positives Interesse (Erfüllungsinteresse) geltend machen. Es kommt lediglich der Ersatz des negativen Interesses (Erhaltungsinteresse) in Betracht.

 

Der bei der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigende Nutzungsvorteil bei einem Leasingfahrzeug ist  im Rahmen der deliktischen Vorteilsausgleichung in Höhe des Gesamtleasingpreises zu berücksichtigen, nicht wie bei einem gekauften Fahrzeug nach der anerkannten Formel (Kaufpreis x Fahrstrecke) : Laufleistungserwartung.

 

Offen bleibt (weiterhin), ob eine andere Bewertung dann vorzunehmen ist, wenn der Leasingnehmer nach dem Vertrag nach Ablauf der Leasingzeit das Fahrzeug übernimmt oder eine Kaufoption hat.

 


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Elektronischer Vollstreckungsauftrag nach Justizbeitreibungsgesetz ausreichend

BGH, Beschluss vom 17.01.2024 - VII ZB 2/13 -

 

Ein von der Vollstreckungsbehörde mittels eines elektronischen Dokuments erteilter Vollstreckungsauftrag (zur Sachpfändung oder zur Abgabe der Vermögensauskunft) nach dem Justizbeitreibungsgesetz (JBeitrG), der eine qualifizierte elektronische Signatur des bearbeitenden Mitarbeiters oder von der verantwortenden Person signiert ist und auf einem sicheren Übermittlungsweg (hier: beBPO) übermittelt wurde, ist Grundlage der beantragten Zwangsvollstreckung. Es bedarf nicht der (zusätzlichen) Übermittlung des Auftrages in Schriftform mit Unterschrift und Dienstsiegel.

 


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Befangenheit: Notfrist abgelaufen und kein Erlass eines Versäumnisurteils

OLG München, Beschluss vom 24.11.2023 - 28 W 1292/23 Bau -

 

Grobe Verfahrensverstöße können die Besorgnis der Befangenheit des Richters rechtfertigen, wenn das prozessuale Vorgehen des Richters einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren unterscheidet, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdränget.

 

Liegen die Voraussetzungen für den (zuvor, hier in der Klageschrift) beantragten Erlass eines Versäumnisurteils vor, da die Notfrist für eine Verteidigungsanzeige nicht gewahrt ist, muss bei Schlüssigkeit der Klage ein Versäumnisurteil erlassen werden. Ein statt dessen an die beklagte Partei erfolgter Hinweis, dass die Notfrist abgelaufen ist unter Hinweis auf die Folgen gem. § 331 Abs. 3 ZPO  rechtfertigt die Annahme der Befangenheit. Ob der Hinweis sich auswirkte ist für die Annahme der Befangenheit nicht von Bedeutung.

 

Schlüssigkeitsmängel können das Vorgehen nicht rechtfertigen, wenn keine Bedenken zur Schlüssigkeit gegenüber der klagenden Partei mitgeteilt wurden.

 

Da § 331 Abs. 3 ZPO keinen Ermessenspielraum eröffnet, rechtfertigen auch nicht prozessökonomische Gründe ein solches Vorgehen. Ebenso wird dies nicht durch eine Fürsorgepflicht des Richters gerechtfertigt, da es diese hier nicht gibt.

 


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Abänderung gerichtlich gebilligter Umgangsregelung und Vollstreckbarkeit

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2024 - 5 WF 166/23 -

 

Die gerichtlich gebilligte Regelung zum Umgang mit dem gemeinsamen Kind, die die Eltern getroffen haben, ist  vollstreckbar, § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG, wenn der gebotene Hinweis auf die Möglichkeit der Anordnung von Ordnungsmitteln für den Fall der Zuwiderhandlung erteilt wurde und eine  Zustellung an jeden Elternteil vorliegt, § 87 Abs. 2 FamFG.

 

Soweit den Eltern nicht das Umgangsrecht entzogen wurde, sind sie materiellrechtlich jedoch  - soweit nicht Dritte betroffen sind – über das Umgangsrecht weiterhin verfügungsbefugt und können die gerichtlich gebilligte Umgangsregelung (auch teilweise) ändern, die dann insoweit aber nicht mehr vollstreckbar ist.

 


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Beschwer des Beklagten bei Grundurteil zu Schmerzensgeldanspruch

BGH, Beschluss vom 16.01.2024 - VI ZB 45/23 -

 

Für die Zulässigkeit der Berufung muss diese entweder vom Erstgericht zugelassen worden sein (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) oder der Wert des Beschwerdegegenstandes muss den Betrag von € 600,00 übersteigen (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Bestimmt wird der Wert nach dem Betrag, um den der Berufungskläger nach seinem Vortrag durch das erstinstanzliche Urteil in seinem Recht verkürzt wurde und in dessen Höhe er mit seinem Berufungsantrag eine Abänderung des Urteils beantragt.

 

Wird vom Erstgericht mit Grundurteil festgestellt, dass Schmerzensgeld dem Grunde nach der klagenden Partei zusteht, bemisst sich die Beschwer - bei umfassender Anfechtung des Grundurteils - nach dem Betrag, der von der Klagepartei geltend gemacht wurde. Wird mit dem Grundurteil ein zu berücksichtigender Mithaftungsanteil festgestellt, verringert sich der klageweise geltend gemachte Schmerzensgeldbetrag zur Bemessung der Beschwer des Berufungsklägers um den Mithaftungsanteil.

 

Das Berufungsgericht ist nicht berechtigt, den Wert der Beschwer davon abweichend festzusetzen mit Hinweis darauf, dass die Verletzung kein von der klagenden Partei geltend gemachtes Schmerzensgeld rechtfertigt. Das gilt selbst dann nicht, wenn das Erstgericht im Grundurteil die dem Betragsverfahren vorbehaltene Bemessung des Schmerzensgeldes bereits vornahm, da dies nicht bindend ist.

 

Da hier die fehlerhafte eigene Bewertung des Berufungsgerichts zur Höhe eines möglichen Schmerzensgeldes der klagenden Partei zur Zurückweisung der Berufung wegen Nichterreichens des notwendigen Beschwerdewertes von über € 600,00 führte, war die gegen die Entscheidung eingelegte Rechtsbeschwerde zum BGH begründet.

 

 

Der die Berufung wegen Nichterreichens der Beschwer nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig  zurückweisende Beschluss  des Landgerichts wurde auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wegen Nichtbeachtung der obigen Umstände aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen.


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Keine Betreuungserweiterung ohne vom Betreuten gewünschten Wunschbetreuer

BGH, Beschluss vom 10.01.2024 - XII ZB 217/23 -

 

Die Einrichtung oder Erweiterung einer Betreuung mit einem anderen als dem vom Betreuten gewünschten Betreuer widerspricht dem Willen des Betreuten, wenn Betreute eine bestimmte Person wünschte und eine andere Person (hier bei Erweiterung den bisherigen Betreuer) bestimmt wird. Gemäß § 1814 Abs. 2 BGB darf ein Betreuer nicht gegen den freien Willen eines Volljährigen bestellt werden.

 

Der freie Wille des Betreuten (beruht sein Wunsch auf einer freien Willensbildung, die ggf. zu prüfen ist) ist auch dann zu berücksichtigen, wenn eine Fortsetzung der Betreuung mit dem bisherigen Betreuer für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre. Allerdings ist in einem solchen Fall des entgegenstehenden Willens des Betroffenen trotz Betreuungsbedürftigkeit und -bedarf sowohl eine Einrichtung wie auch eine Erweiterung der Betreuung ausgeschlossen.

 


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Fehlendes Empfangsbekenntnis und teilweise Unleserlichkeit des Datums auf Briefumschlag

OLG Koblenz, Urteil vom 13.12.2023 - 10 U 472/23 -

 

Prozessual besteht für einen Rechtsanwalt (anders als nach Standesrecht) keine Pflicht, bei mit Post oder elektronisch zugesandten Schriftstücken ein Empfangsbekenntnis abzugeben.

 

Erfolgt die Zustellung (hier eines Versäumnisurteils) mit postalischer Zustellung, ist zwingend nach § 180 S. 3 ZPO auf dem Zustellungsumschlag vom Zusteller das Datum der Zustellung zu vermerken. Wird auf diesem kein Datum vermerkt, gilt die Zustellung erst als mit dem Tag des tatsächlichen Zugangs (§ 189 ZPO) als bewirkt (BGH, Urteil vom 15.03.2023 - VII ZR 99/22 -). Dies gilt auch dann, wenn das Zustellungsdatum auf dem Briefumschlag nicht eindeutig zu lesen ist (hier bei dem Tag der Zustellung, ob es sich um den 12. oder 17.12.2022 handelt).

 

Gibt der Anwalt (hier bei einem Einspruch gegen ein Versäumnisurteil) an, an welchem Tag (Datum) er dieses erhalten hat, rechnet sich die vom Gericht gesetzte oder gesetzlich vorgeschriebene Frist ab diesem Datum, § 189 ZPO.  

 


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