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Testament


Ergänzungen/Änderungen und das Formerfordernis der Unterschrift

OLG München, Beschluss vom 25.08.2023 - 33 Wx 119/23 e -

Der Beschwerdeführer überließ dem Nachlassgericht mit dem Antrag, einen Erbschein auf sich als Alleinerben auszustellen, ein handschriftliches Testament der Erblasserin, in welchen nach dem Datum „Testament“ stand, dann der Name der Erblasserin, sodann der Text „Ich vermache alles was ich habe“ mit einer Auflistung von Vermögenswerten wie Sparbuch pp. und Versicherungen. Anschließend erfolgte Unterschrift der Erblasserin. Unter der Unterschrift befand sich der Text „An Herrn“ und es folgten der Name des Erblassers und seine Anschrift. Der Antrag wurde vom Nachlassgericht zurückgewiesen. Der Beschwerde half das Nachlassgericht nicht ab und legte sie dem Beschwerdegericht (Oberlandesgericht) vor. Die von OLG als zulässig bewertete Beschwerde wurde allerdings in der Sache als unbegründet zurückgewiesen. Es schloss sich dem Nachlassgericht an, demzufolge das Testament formunwirksam sei.

 

§ 2247 BGB gebiete, das ein eigenhändiges Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden müsse. Es handele sich um eine zwingende Formvorschrift, deren Verstoß zur Nichtigkeit führe (§ 125 BGB). Dies selbst dann, wenn die Urheberschaft und die Ernstlichkeit des Testaments feststehen würden.

 

Die Regelung des § 2247 solle eine erhöhte Sicherheit vor Verfälschungen des Erblaserwillens bieten und dazu beitragen, verantwortliches Testieren zu fördern sowie Streitigkeiten der Erbprätendenten über den Inhalt letztwilliger Verfügungen hintanzuhalten (BGH, Beschluss vom 04.091981 - Iva ZB 4/80 -).

 

Die Unterschrift, die zwingend erforderlich sei, müsse grundsätzlich am Schluss des Textes stehen. Sie dien der Identifikation des Erblassers und dokumentiere, dass sich der Erblasser zu dem über der Unterschrift stehenden Text bekenne, den Urkundentext räumlich abschließe und so gegen nachträgliche Ergänzungen und Zusätze sichere (BayObLG, Beschluss vom 29.07.2004 - 1Z BR 039/04 -).

 

Allerdings sei es unschädlich, wenn sich nach der Unterschrift, mit dem der Mindestinhalt des Testaments abgeschlossen werden müsse, nicht den Inhalt des Testaments berührende Zusätze befänden, wie Orts- und Datumsangabe. Unerheblich sei auch, ob die Unterschrift zeitlich vor oder nach der Niederlegung angebracht wurde, da es für die Formgültigkeit nur darauf ankäme, dass im Todeszeitpunkt eine die gesamte Erklärung deckende Unterschrift vorhanden sei.

 

Sollen Ergänzungen oder Änderungen auf demselben Bogen oder Blatt aufgenommen werden, auf dem das Testament niedergeschrieben ist, die aber räumlich nicht mehr von der bereits vorhandenen Unterschrift gedeckt sind, müssten diese zusätzlich unterschrieben werden. Nur dann, wenn die Auslegung des Testamentsergäbe, dass die Ergänzungen oder Änderungen von der vorhandenen Unterschrift gedeckt würden, bedürfe es keiner Unterschrift unter die Ergänzungen oder Änderungen. Das sei anzunehmen, wenn das Testament ohne die Ergänzungen lückenhaft, unvollständig oder nicht durchführbar wäre und der wirkliche Wille des Erblassers nur aus beiden niedergeschriebenen Erklärungen ersichtlich würde.  Dabei könnten zur Feststellung, soweit Anhaltspunkte dafür aus der niedergeschriebenen und unterzeichneten Erklärung vorhanden seien, auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 20.03.1974 - IV ZR 133/73 -). Das wurde für die Zuteilung von Beträgen an Kinder angenommen, die nach der Unterschrift vorgenommen wurde, wobei vor der Unterschrift lediglich bestimmt worden sei, dass die Eltern „das geerbte Geld“ von den Kindern verwalten sollten (BayObLG, Beschluss vom 29.07.2004 - 1Z BR 039/04/04 -). Auch wurde dies bejaht in dem Fall, in dem auf einer (unterschriebenen) Seite ein „x“ mit dem Kürzel „b.w.“ verwandt wurde und auf der nicht unterschriebenen Rückseite verwiesen wurde, die mit „a a“ gekennzeichnet gewesen sei und mit der Bezifferung „2 a)“ an die Vorziffer (2) anschloss, mit der inhaltlich die auf der Seite „x“ bereits bestimmte Testamentsvollstreckung als Dauertestamentsvollstreckung für einen Erbteil konkretisiert worden sei (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2021 - I-3 Wx 194/20 -).

 

Es könnten allerdings diese allgemeinen Grundsätze nicht auf eine Verfügung Anwendung finden, wenn sie ihrem Wesen und Inhalt nach dem Charakter und die Bedeutung einer eigenständigen ersten letztwilligen Verfügung habe (BayObLG, Beschluss vom 14.11.1974 - BReg 1 Z 73/74 -).

 

Zutreffend wird in diesem Zusammenhang vom OLG sodann darauf hingewiesen, dass das Testament vor der Unterschrift vorliegend lückenhaft gewesen sei, da nicht ausgeführt wurde, an wen „alles vermacht“ wird.  Damir handele es sich bei dem Text oberhalb der Unterschrift nicht um eine unvollständige Verfügung, sondern es läge gar keine Verfügung vor. Der Textzeile unter der Unterschrift „An Herrn ….“ komme im Zusammenhang mit dem Textteil oberhalb der Unterschrift einer erstmaligen Verfügung gleich, die einer eigenständigen Unterschrift bedürfe.

 

Die vom OLG als „Blanko-Erklärung“ angenommene Erklärung der Erblasserin im oberen, unterschriebenen Textteil gäbe nur wieder, was die Erblasserin alles vermachen wolle, während sie die Kernaussage, an wen alles vermacht werden solle, erst unter der Unterschrift aufgenommen worden sei. Die ratio der Formvorschrift, nämlich die Erblasserin zu veranlassen, sich selbst darüber klar zu werden, welchen Inhalt ihre letztwillige Verfügung haben soll, sei gerade nicht erfüllt worden. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die Erblasserin bei dem Niederschreiben und Unterschreibens des ersten Textteils ihrer Verfügung über die Person, der sie alles vermachen wolle, Klarheit verschafft hätte. Auch der weitere Sinn der Unterschrift, Vorüberlegungen und Entwürfe von letztwilligen Verfügungen abgrenzen zu können, sei durch das „Blanko“ gerade nicht erfüllt worden.

 

Zudem habe die Erblasserin nach den Darlegungen des Beschwerdeführers einen Ratgeber zur Errichtung von Testamenten auf ihrem Wohnzimmertisch gehabt, aus dem sich das Erfordernis einer „Unterschrift mit vollen Namen“ ergäbe. Dies lasse darauf schließen, dass sich die Erblasserin sehr wohl bewusst gewesen wäre, dass die Wirksamkeit des Testaments von einer Unterschrift abhängig sei und sie hätte den zweiten Textteil auch unterschreiben können.

 

Die Aufbewahrung in einem Umschlag mit der Aufschrift „Testament“ reiche nicht aus, die Formwirksamkeit zu begründen. Dies stelle nur eine Inhaltsangabe dar. Hier hätte die Erblasserin zusätzlich ihre Unterschrift auf dem Umschlag anbringen können (was aber zur Wahrung der Formwirksamkeit umstritten sei).

 

Anmerkung: Die Entscheidung ist zutreffend. Allerdings hätte auch bei der Annahme einer Lückenhaftigkeit des unterschriebenen Teils hier der Ergänzung im nicht unterschriebene  Teil keine Bedeutung beigemessen werden können, da sich aus dem unterschriebenen Teil nicht ergab, dass gerade der Beschwerdeführer diejenige Person sein soll, der alles vermacht werden soll und die dann nur noch ergänzend, quasi zur Klarstellung, unten aufgenommen wird. Denn es kamen nach dem Sachverhalt mehrere Personen als (testamentarische) Erben in Betracht.

 

 

Zur Sicherheit sollten alle eigenhändigen Testamente, die einen wie auch immer gearteten Zusatz unter der Unterschrift enthalten, nach der Ergänzung noch einmal am Schluss der Ergänzung unterschrieben werden.


Kann Erblasser den Vorerben zur Nacherbenbestimmung im Testament benennen ?

Kammergericht, Beschluss vom 25.08.2022 - 1 W 262/22 -

Die Erblasserin bestimmte in ihrem notariellen Testament die Beteiligte zu 1 bis 3 zu ihren Erben. Zu dem Beteiligten zu 3. führte sie aus, dass dieser „nur von den gesetzlichen Beschränkungen befreiter Vorerbe“ sei. Nacherbe seien seine „gewillkürten eigenen Erben, ersatzweise meine Tochter“ (hier die Beteiligte zu 2.; ausgenommen seien als Nacherben der Vater des Beteiligten zu 3. (der Sohn der verstorbenen, dessen Abkömmlinge aus anderen Verbindungen und seine Verwandten aufsteigender Linie. Die Nacherbenanwartschaften seien zwischen Erbfall und Nacherbfall nicht vererblich und übertragbar.

 

Der beteiligte zu 1. beantragte die Berichtigung des Grundbuchs durch seine und der Eintragung der Beteiligten zu 2. und 3. Anstelle der Erblasserin. Das Grundbuchamt verlangte mit Zwischenverfügung die Vorlage eines Erbscheins und wies darauf hin, dass Testament verstoße hinsichtlich der Nacherbfolge gegen § 2065 Abs. 2 BGB und der Beteiligte zu 3. würde unzulässig (und damit gegen § 138 BGB verstoßend) in der Freiheit seiner Erbenbestimmung beschränkt. Gegen die entsprechende Zwischenverfügung legte der Beteiligte zu 1. sofortige Beschwerde ein, die erfolgreich war.

 

Es handele sich hier um einen Antrag auf Berichtigung einer unrichtigen Eintragung im Grundbuch, § 13 Abs. 1 GBO, bei dem die Unrichtigkeit durch öffentliche Urkunde (§ 29 GBO) nachgewiesen würde, § 22 Abs. 1 GBO. Der Nachweis der Erbfolge würde durch einen Erbschein geführt, § 35 Abs. 1 Nr. 1 GBO. Würde aber die Erbfolge auf einem Testament beruhen, welches in einer öffentlichen Urkunde enthalten sei, genüge es, wenn die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werde, § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GBO. Das Grundbuchamt müsse prüfen, ob e sich daraus das behauptete Erbrecht ergäbe.

 

Zu den von einem Erblasser zu tätigen Bestimmungen in einem Testament würden die Bestimmung über den Gegenstand der Zuwendung und über die Person des Bedachten gehören, § 2065 Abs. 2 BGB. Allerdings reiche es, wenn er dies nur bedingt äußert. So könne auch die Erbeinsetzung unter einer Bedingung vornehmen, wobei er allerdings die Person des Bedachten und den Gegenstand der Zuwendung so bestimmt angeben müsse, dass die Bestimmung des Erben objektiv durch einen Dritten (ohne dass dessen eigenes Ermessen dabei bestimmend ist) für jede sachkundige Person möglich wäre.

 

Streitig sei dabei, worauf das Kammergericht verwies, ob eine Regelung zulässig sei, im Wege einer Bedingung Personen zu Nacherben zu bestimmen, die der Vorerbe zu seinen Erben einsetze (bejahend u.a. OLG München, Beschluss vom 05.01.2017 - 34 Wx 324/16 -; OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.04.2005 - 8 W 10/05 -; verneinend OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.12.1999 - 20 W 224/97 -). Das OLG würde sich hier der erstgenannten Ansicht anschließen, auch wenn es nicht verkenne, dass die vorliegende Regelung einer Bestimmung iSv. § 2065 Abs. 2 Alt. 1 BGB nahekomme. Dabei wies es darauf hin, dass bei dem zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung erst vierjährigen Beteiligten zu 3. Nicht bekannt war (und weiterhin ist), ob und welche Personen er zu seinen Erben bestimmen wird. Zwar könne der Erblasser nicht einen Dritten überlassen. Allerdings sei zu beachten, dass im Falle der Bestimmung seiner Erben der Beteiligte zu 3. unmittelbar nur seine eigenen Erben bestimme, § 1937 BGB, sich seien Anordnung also nicht auf die Bestimmung eines Nacherben beschränken würde; nur dies wäre nach § 2065 Abs. 2 Alt 1 BGB unzulässig (OLG München aO.). Diese Abgrenzung zwischen unmittelbarer und lediglich mittelbarer Bestimmung des (nach-) Erben durch Dritte sei von entscheidender Bedeutung für die Anwendung von § 2065 Abs. 2 BGB. Bei der Errichtung der eigenen letztwilligen Verfügung würde es dem Dritten darauf ankommen, den eigenen Nachlass zu regeln und Erben zu bestimmen; von untergeordneten Interesse sei es, dessen Personen auch den im Rahmen der Vorerbschaft erworbenen Nachlass zukommen zu lassen.

 

 

Anders sei dies beim Erblasser selbst. Ihm käme es auf einen Gleichlauf zwischen den Erben seines Vorerben und den eigenen Nacherben an. Hier müsse der Erblasser die Entscheidung treffen, wozu nicht notwendig eine individuelle Benennung des bedachten gehört, wenn sie sich aus den Umständen ergäbe (BGHZ 15, 199, 201). Dies sei hier erfolgt, da entweder Nacherben die vom beteiligten zu 3. Bestimmten Erben oder, bestimmt dieser keinen Erben, die Beteiligte zu 2. (auch) Nacherbin würde. 


Testament auf einem  kleinen Notizzettel (Voraussetzungen für ein wirksames Testament)

OLG Braunschweig, Beschluss vom 20.03.2019 - 1 W 42/17 -

Die kinderlosen Eheleute hatten ein gemeinschaftliches Testament ohne Bestimmung eines Schlusserbens. Nach dem Tot des Ehemanns der Erblasserin wurden zwei Entwürfe notarieller Testamente der Erblasserin zugunsten der Beteiligten zu 1. Als Alleinerbin erstellt. Nach dem Ableben der Erblasserin legte diese die Entwürfe sowie einen undatierten, quadratischen und nur wenige Zentimeter messenden Notizzettel dem Nachlassgericht vor und beantragte für sich einen Erbschein.  Auf dem Zettel, mit vollständiger Unterschrift der Erblasserin, stand: „Wenn sich für mich … einer findet, der für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt der bekommt mein Haus und alles was ich habe.“

 

Das Nachlassgericht wies den Erbscheinantrag zurück. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass dies deswegen keine letztwillige Verfügung sei, da der erbe nicht namentlich benannt sei. Das Amtsgericht, welcher der dagegen eingelegten Beschwerde nicht abhalf, legte den Vorgang dem OLG vor, welches die Beschwerde als unbegründet zurückwies.

 

Das OLG ließ es, ebenso wie das Nachlassgericht, dahinstehen, ob der Notizzettel überhaupt eigenhändig von der Erblasserin beschrieben wurde, da dies hier dem Schriftstück auch nicht zur Wirksamkeit als Testament verholfen hätte.

 

Grundsätzlich würde der hier verwandte beschriebene Zettel die formellen Voraussetzungen des § 2247 BGB erfüllen können (OLG Schleswig, Beschluss vom 16.07.2015 - 3 Wx 53/15 -).

 

Die fehlende Angabe des Ortes, an dem das Schriftstück erstellt wurde wäre in Ansehung des Umstandes, dass dies in § 2247 Abs. 2 BGB nur als Sollbestimmung vorgesehen ist, grundsätzlich unschädlich, es sei denn, wenn sich gerade daraus Zweifel an der Gültigkeit ergäben, § 2247 Abs. 5 S. 2 BGB (so diskutiert bei Erstellung eines Testaments im Ausland,  OLG Schleswig aaO.).

 

Auch wenn die Angabe von Tag, Monat und Jahr der Errichtung des Testaments nur als Sollbestimmung in § 2247 Abs. 2 BGB aufgenommen ist, sei hier durch das Fehlen der Angabe bereits die Ungültigkeit eines eventuell in dem Notizzettel liegenden Testaments zu sehen. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass es zeitlich vor dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute vom 28.01.2001 geschrieben wurde. Ein evtl. in dem Notizzettel zu sehendes Testament ließe sich nach § 2247 Abs. 5 S. 1 BGB deshalb nur dann als gültiges Testament ansehen, wenn sich der Zeitpunkt über die Errichtung anderweitig feststellen ließe; der Errichtungszeitpunkt sei erforderlich, wenn mehrere Testamente existieren und deren Gültigkeit von dem jeweiligen Zeitpunkt der Errichtung (wie hier) abhängen. Zwar könne die Formulierung „mein Haus“ ein Indiz für die Errichtung nach dem Ableben des Ehemannes sein, wenn zuvor beide Eigentümer des Hauses gewesen sein sollten; allerdings könne die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung noch Alleineigentümerin gewesen sein oder mit der Formulierung gar nicht die Eigentumsstellung im dinglichen Sinne wiederspiegeln sollte. Wenn damit möglich wäre, dass die Erblasserin den Notizzettel schrieb, bevor das gemeinschaftliche Testament errichtet wurde (nach dem der Ehemann der Erblasserin ihr Alleinerbe werden sollte) wäre mit dem gemeinschaftlichen Testament konkludent das vorherige Testament widerrufen worden.

 

Zudem würde vorliegend nicht zweifelsfrei feststehen, dass die Erblasserin den Notizzettel mit Testierwillen verfasst habe. Zwar könne der letzte Wille, eigenhändig geschrieben und unterschrieben, in einem Brief oder auf einem Notizzettel verfasst werden, ohne dass nach der äußeren Form dies eindeutig als Testament erkannt werden müsse. Auch wenn so den Voraussetzungen des § 2247 BGB genüge getan ist, wäre doch die Feststellung eines entsprechenden Testierwillens erforderlich, der als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aus § 2247 Abs. 3 S. 2 BGB abzuleiten sei.  Es müsse mithin zweifelsfrei feststehen, dass die Erblasserin die Urkunde als letztwillige Verfügung ansah oder zumindest das Bewusstsein hatte, die Urkunde könne als Testament und nicht bloß als einen Entwurf, eine Ankündigung oder ähnliches darstellen. Die entsprechende Feststellung des Testierwillens habe im Wege der Auslegung nach § 133 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände, auch außerhalb der Urkunde, zu erfolgen. Entspricht das Schriftstück nicht üblichen Gepflogenheiten für Testamente, seien strenge Anforderungen zu stellen und wäre § 2084 BGB (wonach im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen ist, bei der die Verfügung Erfolg haben kann) nicht anwendbar (hier bezieht sich das OLG auf eine ständige Rechtsprechung, so z.B. OLG Schleswig aaO.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.07.2014 - 3 Wx 95/13 -). Damit aber würden Zweifel daran verbleiben, ob hier mit Testierwillen gehandelt wurde. So sei zu beachten, dass die Erblasserin aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments (wenn dieses vorher verfasst wurde) die übliche Gepflogenheit beim Abfassen eines privatschriftlichen Testaments gekannt habe (Anmerkung: Diese Annahme des OLG ist zweifelhaft, da alleine durch den einmaligen Gebrauch, bei dem nicht ersichtlich ist, dass er auf die Erblasserin zurückgeht, wissen kann, dass dies eine „übliche Gepflogenheit ist). Zudem würde die Formulierung auf dem Notizzettel, dass derjenige „der auf mich aufpasst und nicht ins Heim schickt“ das Haus „bekommen“ solle, ließe die Interpretation zu, dass dies auch schon zu Lebzeiten erfolgen soll, nicht erst nach dem Tod (das Wort „erben“) sei nicht enthalten. Auch die notariellen Testamentsentwürfe würden Zweifel am Vorliegen des Testierwillens begründen, da danach die Erblasserin wohl kurz vor ihrem Tod notarielle testieren wollte, was nicht erforderlich gewesen wäre, wenn sie zuvor den Notizzettel mit Testierwillen verfasst habe. Auch die Angabe der Beteiligten zu 1. unterstellt, die Erblasserin habe ihr erklärt, sie als Erbin einzusetzen, trage nicht, da eine mündliche Äußerung zur wirksamen Erbeinsetzung nicht ausreiche und in dem Dokument keinen Widerhall fände.

 

 

Darüber hinaus wäre eine eventuelle letztwillige Verfügung auf dem Notizzettel unbestimmt und daher nichtig. Der Erblasser müsse sich über den Inhalt aller wesentlichen Teile seines letzten Willens selbst schlüssig sein, § 2065 BGB. Dazu gehöre die Bestimmung der Person, die bedacht werden soll. Dies müsse nicht namentlich erfolgen müsse und ausreichend sei, dass die Person anhand des Inhalts und ggf. außerhalb der Urkunde liegender Umstände erst zuverlässig festgestellt werden könne. Die Bestimmung sei aber so im Testament aufzunehmen, dass jede Willkür eines Dritten ausgeschlossen sei (Bay ObLG, Beschluss vom 23.05.2001 - IZ BR 10/01 -). Der Erblasser könne nicht die Bestimmung, sondern nur die Bezeichnung der Person einem Dritten überlassen (BGH, Urteil vom 18.11.1954 - IV ZR 142/54 -). Es sei eine Auslegung nach § 2084 BGB vorzunehmen; bleibe der Wortlaut der letztwilligen Verfügung aber so unklar, dass eine Auslegung ergebnislos verlaufe, sei die Verfügung nichtig. Nach der hier verwandten Formulierung „aufpassen“ und nicht ins Heim „gesteckt“ werden, sei wohl die Ermöglichung eines Lebens außerhalb eines Heimes gemeint. Damit ergäbe sich ein breites Spektrum: Der Nachbar, der klingelt und nachfragt, wenn er die Erblasserin einige Zeit nicht wie gewohnt sieht, Personen, die der Erblasserin bei Schriftverkehr und in finanziellen Angelegenheiten oder bei der körperlichen Pflege helfen. Die Hilfe könne gelegentlich, regelmäßig oder ständig erfolgen, auch durch mehrere Personen mit unterschiedlich hohem Anteil. Damit sei der Begriff „aufpassen“ für eine Bestimmung der Person des Bedachten nicht auslegungsfähig. Anders wäre es, wenn sich die Formulierung auf eine einzige Pflegekraft beziehen würde, die der pflegebedürftige Erblasser selbst bestimmt, aber namentlich im Testament nicht nennt. 


Rechtsfolgen aus einem unauffindbaren Testament ?

OLG Köln, Beschluss vom 19.07.2018 - 2 Wx 261/18 -

Der verwitwete Erblasser war kinderlos. Rechte an dem Erbe wurden von der Tochter seiner verstorbenen Ehefrau (Beteiligte zu 4) und seinen Halbgeschwistern (Beteiligte zu 1 bis 3) geltend gemacht; die Eltern des Erblassers waren vorverstorben. Die Beteiligten zu 1 – 3 hatten unter Berufung auf die gesetzliche Erbfolge einen Erbschein beantragt, dem die Beteiligte zu 4 zunächst nicht entgegen getreten war. Am 15.06.2016 erließ das Nachlassgericht den Erbschein. Am 08.08 und am 16.08.2016 beantragte die Beteiligte zu 4 die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin und die Einziehung des Erbscheins vom 15.06.2016. Dabei berief sie sich darauf, dass der Erblasser am 13.02.2016 ein privatschriftliches Testament errichtet habe, mit welchem sie als Alleinerbin eingesetzt worden sei. Dieses habe er in einer Küchenschublade abgelegt. Dort habe sie, die Beteiligte zu 4, zwar im Mai 2016, nach dem Ableben des Erblassers, den entsprechenden, allerdings leeren Umschlag gefunden. Zum Beweis der Umstände der Testamentserrichtung berief sie sich auf das Zeugnis von zwei Freundinnen sowie ihres Lebensgefährten, die bei der Errichtung des Testaments anwesend gewesen sein sollen. Von den Beteiligten zu 1 bis 3 wurde Verwunderung geäußert, dass die Beteiligte zu 4 zunächst nichts gegen ihren Erbscheinantrag eingewandt hätten und im Übrigen Beweis dafür angeboten, dass der Erblasser ein distanziertes Verhältnis zur Beteiligten zu 4 gehabt habe.

 

Das Amtsgericht hörte die von den Beteiligten benannten Zeugen an und zog mit Beschluss vom 14.02.2018 den Erbschein vom 15.06.2016 ein; ferner stellte es mit Beschluss vom gleichen Tag fest, dass die Voraussetzungen zur Erteilung eines Erbscheins für die Beteiligte zu 4 vorlägen. Gegen diese Beschlüsse richtete sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3. Das Nachlassgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem OLG Köln zur Entscheidung vor. Die Beschwerden wurden vom OLG zurückgewiesen.

 

Zutreffend sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Erblasser wirksam ein privatschriftliches Testament aufgesetzt habe und darin die Beteiligte zu 4 als Alleinerbin eingesetzt habe. Ein solches Testament sei nicht alleine wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig. Vielmehr könnten Form du Inhalt mit allen zulässigen Beweismitteln festgestellt werden (Palandt, 77. Aufl. 2018, § 2255 Rn. 9). Die Unauffindbarkeit des Testaments begründe auch keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser vernichtet worden sei und deshalb gem. § 2255 BGB als widerrufen anzusehen sei (OLG Köln, Beschluss vom 26.02.2018 – 2 Wx 115/18 -; OLG Schleswig, Beschluss vom 12.08.2013 – 3 Wx 27/13). Soweit sich die Beteiligten zu 1 – 3 darauf beriefen, dass die Beteiligte zu 4 nichts bereits in deren Erbscheinantragsverfahren Einwendungen erhoben habe, sei das Amtsgericht zutreffend den Ausführungen der Beteiligten zu 4 gefolgt, sie habe als juristischer Laie nicht davon ausgegangen, dass auch ein nicht auffindbares Testament rechtlich von Bedeutung sein könne; ihr sei dies erst anlässlich einer juristischen Beratung bekannt geworden.

 

Ein Widerruf des Testaments sei vom Amtsgericht zutreffend negiert worden. Die fehlende Auffindbarkeit lasse dazu (und zu einer möglichen Vernichtung) keinen Rückschluss zu. Indizien, die für eine Willensänderung des Erblassers sprechen könnten, seien von den Beteiligten zu 1 bis 3 nicht vorgetragen worden. Insbesondere würde auch die Aussage der Eheleute H., denen gegenüber der Erblasser noch eine Woche vor seinem Tod von dem Testament berichtet habe, dagegen sprechen. Auch wäre nicht nachvollziehbar, dass der Erblasser das Testament zwar vernichte, den Umschlag aber in der Schublade belasse.

 

 

Anmerkung: Wenn Dritte ein privatschriftliches Testament kennen, ist die Gefahr, dass es bei willentlicher Vernichtung durch den Erblasser weiterhin gilt, groß. In diesem Fall wäre es notwendig, einen schriftlichen Widerruf zu fertigen, der auch jedenfalls gefunden  wird / werden kann und nicht „verlustig“ geht. 


Gemeinschaftliches Testament, Testierfreiheit für den Längerlebenden und Verschwiegenheitspflicht des beratenden Anwalts

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2018 - 3 Wx 202/17 -

Die Eheleute hatten in 2004 ein handschriftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten und zum Schlusserben den gemeinsamen Sohn (Beteiligten zu 2.) bestimmten. Im Testament wurde ( zu Ziff. 2.) die Regelung aufgenommen, dass der überlebende Ehegatte „durch dieses Testament nicht beschwert oder beschränkt „ sein soll und „in jeder Weise frei verfügen“ können soll.  Nach dem Tot ihres Ehemanns errichtete die Ehefrau ín 2015 ein weiteres Testament und bestimmte in diesem die Beteiligte zu 1. Zur Alleinerbin, wobei sie den Beteiligten zu 2. ausdrücklich auf dessen Pflichtteil verwies. Nach dem Ableben der Ehefrau beantragte die Beteiligte zu 1. unter Berufung auf das Testament aus 2015 einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein. Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück. Hiergegen legte die Beteiligte zu 1. Beschwerde ein, in deren Rahmen des Nachlassgericht den Zeugen Rechtsanwalt A. anhörte, der sich auf seine Zeugnisverweigerungspflicht berief. Nach Nichtabhilfe der Beschwerde legte das Nachlassgericht den Vorgang dem OLG zur Entscheidung über die Beschwerde vor.

 

Das OLG wies das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. zurück. Das Testament aus 2004 hindere die Wirksamkeit des Testaments der überlebenden  Ehefrau und der evtl. gewollte anderweitige Zweck der Regelung unter Ziffer 2. Könne nicht geklärt werden, da sich der evtl. auskunftsfähige RA A. auf eine bestehende Verschwiegenheitsverpflichtung berufen habe.

 

Mit dem Ableben des Ehemanns sei die Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 2. Nach § 2271 Abs. 2 S. 1 1. Halbs. BGB bindend geworden. Dass die Eheleute einen Änderungsvorbehalt in ihrem Testament aufgenommen hätten oder hatten aufnehmen wollen, sei nicht erkennbar.

 

Die Verfügung unter Ziffer 2. im Testament aus 2005 sei auslegungsbedürftig und –fähig.  Eine Formulierung der hier verwandten Art würde allgemein als klarstellender Hinweis angesehen, dass der Überlebende die volle Stellung eines unbeschränkten Erben haben solle, was sich auf lebzeitige Rechtsgeschäfte bezöge. Es sei nicht Ausdruck einer Verfügungsstellung über die Schlusserbfolge im Testament.

 

Umstände außerhalb der Urkunde, die hier der Formulierung eine anderweitige Bedeutung beimessen könnten, seien nicht ersichtlich. Hier sei lediglich eine Aussage des Zeugen RA A. in Betracht gekommen, der ggf. Angaben zu Entstehung der Regelung hätte machen können. Diese habe sich aber zulässig auf seine Verschwiegenheitspflicht berufen und von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Zeuge sei Rechtsanwalt gewesen (und sei es noch); es möge sein, dass er und die Erblasserin auch persönlich verbunden gewesen waren, doch habe sie ihn auch in ihren erbrechtlichen Angelegenheiten (2004 und/oder 2015 bliebe schon in Ansehung des Zeugnisverweigerungsrechts offen) konsultiert.

 

Der Zeuge sei nach dem Tot der Erblasserin nicht von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung befreit worden, § 385 Abs. 2 ZPO. Diese Entbindung sei lediglich durch die Erben möglich, mithin in einem Verfahren, in dem festgestellt werden solle, wer Erbe ist, durch alle in Betracht kommenden Erben. Vorliegend habe nur die Beteiligte zu 1. Ihn entbunden, nicht der Beteiligte zu 2.  Aber es käme die Möglichkeit der Entbindung (durch den oder die Erben) auch nur in Betracht,  soweit die Aussage lediglich Tatsachen im vermögensrechtlichen Bereich beträfen, da nur insoweit die Befreiungsbefugnis nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben übergehen könne. Eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht durch den oder die Erben könne nicht erfolgen, soweit die höchstpersönliche Sphäre des Verstorbenen berührt sei.

 

Ein reiner Vermögensbezug sei aber bei dem Beweisthema eines etwaigen Änderungsvorbehalts ausgeschlossen, da notwendigerweise nicht nur Fragen des Verhältnisses der Eheleute zu ihrem Vermögen, sondern auch solche des Verhältnisses der Eheleute untereinander sowie zu dem gemeinsamen Sohn (dem Beteiligten zu 2.) betroffen wären.

 

 

Im Rahmen eines Erbscheinverfahrens käme zwar auch ein Rückgriff auf den mutmaßlichen, auf die Entpflichtung des Zeugen gerichteten Willens in Betracht. Die tragende Erwägung für einen entsprechenden Willen sei, dass dem verstorbenen an einer Aufklärung gerade im Hinblick auf die Wirksamkeit einer von ihm gewünschten Erbfolge gelegen sei. Hier spräche dagegen, dass der Zeuge RA A. auf den zu Lebzeiten der Erblasserin zur Nichtoffenbarung der maßgeblichen Tatsachen und Umstände geäußerten Willen auf dezidierte Nachfrage hingewiesen habe.