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Schaden


Anspruch des Eigentümers im Falle von § 851 BGB bei Zahlung an Nichtberechtigten

OLG Nürnberg, Urteil vom 11.06.2024 - 14 U 203/23 -

Bei der Klägerin handelte es sich um eine Leasinggesellschaft. Am 07.05.2021 ereignete sich ein Verkehrsunfall, an dem das bei der beklagten Haftpflichtversicherung (Pflichtversicherung) und der nach Angaben der Klägerin von ihr verleaste BMW beteiligt waren. Zunächst wurden nach nah dem Verkehrsunfall über eine Anwaltskanzlei für eine Z. GmbH Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des BMW gegenüber der Beklagten geltend gemacht, die von der Beklagten reguliert wurden. Sodann machte die Klägerin Schadensersatzansprüche mit der Behauptung geltend gemacht, sie sei Eigentümerin des BMW und es habe mit der Z GmbH ein Leasingvertrag bestanden.  geltend, die von der Beklagten zurückgewiesen wurden. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die beklagte bejahrt und der im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten wurde das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

 Kernpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung war, ob die Beklagte mit befreiender Wirkung an die Z. GmbH zahlen konnte. Unter Verweis auf § 851 BGB wurde dies vom Berufungsgericht bejaht. Danach könne ein Deliktsschuldner mit befreiender Wirkung an den Besitzer einer beweglichen Sache Ersatz leisten, wenn er ihn gutgläubig für den Eigentümer halte. Nach § 851 BGB würde die Redlichkeit des Ersatzleistenden Schädigers vermutet, weshalb die Beweislast für dessen Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der Leistung den wahren Eigentümer bzw. Inhaber eines dinglichen Rechts treffe, der den Schädiger seinerseits ein zweites Mail in Anspruch nehme und gegen den sich der Schädiger nach §§ 361, 851 BGB verteidige (OLG Saarbrücken, Urteil vom 10.05.2011 - 4 U 261/10 -).

 

Die Z. GmbH sei als Leasingnehmer (und damit nicht Eigentümerin) eine Nichtberechtigte. Sie habe das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls allerdings in ihrem Besitz gehabt. Entsprechend der Wertung in § 1006 Abs. 3 BGB gelte § 851 BGB sowohl für den unmittelbaren wie auch den mittelbaren Besitz (OLG Saarbrücken aaO.), weshalb es vorliegend ohne Bedeutung sei, dass die Z. GmbH als Leasingnehmerin im Zeitpunkt des Schadensereignisses infolge des unmittelbaren Besitzes des faktischen Fahrzeughalters C. nur mittelbare Besitzerin gewesen sei. Auch wenn im Leasingvertrag die „Z. GmbH i.G. stand, habe der Senat infolge der gleichen Anschrift und Firmierung keine Zweifel, dass eine Identität vorläge. Auch auf Haftpflichtschäden nach §§ 7, 18 StVG ei § 851 BGB anzuwenden (OLG Saarbrücken aaO.).

 

Für eine Bösgläubigkeit der Beklagten iSv. § 851 BGB sei der gleiche Maßstab wie für § 932 Abs. 2 BGB anzulegen. Der Ausschluss der befreienden Wirkung greife also bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis. Grobe Fahrlässig in Bezug auf die Kenntnis des Rechts des Dritten läge vor, wenn der Ersatzpflichtige die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet habe, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 13.04.1994 - II ZR 196/93 -). Der gute Glaube des Ersatzpflichtigen müsse zum Zeitpunkt der Leistung vorliegen, spätere Erkenntnisse seien unschädlich.  

 

Unstreitig kannte die Beklagte zum Zeitpunkt der Leistung die Eigentümerstellung der Klägerin nicht. Die Klägerin habe auch nicht den Nachweis geführt, dass ihr das Eigentum der Klägerin infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei.

 

Eine grobe Fahrlässigkeit wegen einer nicht verlangten Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II und einer unterbliebenen Einsichtnahme in die Ermittlungsakte negierte das Berufungsgericht. Der Vorgang sei nicht vergleichbar demjenigen bei einem gutgläubigen Erwerb eines Fahrzeugs. Bei der Regulierung von Verkehrsunfällen würde die von § 851 BGB intendierte zügige Schadensabwicklung verzögert, würde der Haftpflichtversicherer zunächst einen Eigentumsnachweis des Geschädigten fordern. Auch der Umstand, dass in der heutigen Wirtschaftspraxis die Aufspaltung von Nutzungs- und Eigentumsrecht eher der Regalfall sei, dürfe grob fahrlässige Unkenntnis von der Nichtberechtigung des Besitzers nicht pauschal bejaht werden, wenn ohne Vergewisserung zur Eigentumslage gezahlt würde und keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, dass es sich bei dem Unfallwagen um Vorbehaltsware oder ein Leasingfahrzeug handele (OLG Saarbrücken aaO.).

 

Die Formulierung in dem anwaltlichen Anspruchsschreiben zu dem „Pkw des Mandanten“ deute nach dem üblichen Sprachgebrauch auf eine Eigentümerstellung hin, weshalb auch aus dieser Formulierung nicht grob fahrlässig ein fehlendes Eigentum nicht erkannt worden sei. Zu der Formulierung und das Verständnis im allgemeinen Sprachgebrauch verweist das Berufungsgericht auf eine Entscheidung des KG Berlin vom 04.03.1976 - 22 U 1946/ 75 – (wonach dort zusätzlich vom Halter gesprochen wurde) und eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 09.03.1992 - 1 U 70/91 – hin (nach der allerdings der Anspruchsteller auch als Eigentümer bezeichnet worden sei). Anmerkung: Das Berufungsgericht weist zutreffend an anderer Stelle auf die heutige Wirtschaftspraxis hin, nach der zunehmend Nutzungsrecht und Eigentum an einem Kfz auseinanderfallen, was zum Zeitpunkt der von ihm benannten Entscheidungen in diesem Umfang noch nicht der Fall war. Da der „allgemeine Sprachgebrauch“ einer tatsächlichen Rechtslage häufig nicht gerecht wird, man zudem von einem Anwalt verlangen sollte, sich rechtlich klar auszudrücken, erscheint es bedenklich, jedenfalls und konkrete Nachfrage zum Eigentum und einer Bejahung durch die anwaltlich vertretene Anspruchstellerseite eine grobe Fahrlässigkeit zu negieren, da an sich einsichtig ist, dass eine Termins wie „Pkw meines Mandanten“ auch bewusst verwandt worden sein könnte, um gerade die fehlerhafte Behauptung von Eigentum zu vermeiden.

 

Neben der benannten Formulierung verwies aber das Berufungsgericht ergänzend darauf, dass verbliebene Zweifel des Sachbearbeiters der Haftpflichtversicherung dadurch zerstreut werden könnten, dass ein Gutachten vorgelegt würde, in dem der Anspruchsteller als Auftraggeber und Halter oder als Eigentümer benannt würde. Anmerkung: Gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aus dem Blickwinkel der zu prüfenden groben Fahrlässigkeit m.E. lediglich in dem Fall, dass der Anspruchsteller in einem von diesem über seinem Anwalt vorgelegten Gutachten als Eigentümer benannt wird (da damit die anwaltliche Angabe „Pkw meines Mandanten“ rechtlich konkretisiert wird). In Bezug auf die Zulassungsbescheinigung / Haltereigenschaft kann ihm nicht gefolgt werden, da weder der Inhaber der Zulassungsbescheinigung als Eigentümer ausgewiesen wird (so explizit auch der Hinweis auf der Zulassungsbescheinigung Teil II), noch notwendig der Halter Eigentümer sein muss (so z.B. bei Leasing, Sicherungseigentum).

 

Lägen im Einzelfall keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass es sich bei dem Unfallwagen um ein Leasingfahrzeug, sicherungsübereignetes Fahrzeug oder um Vorbehaltsware handele, so das Berufungsgericht, und bestünden auch aus anderen Gründen keine validen Zweifel, dass der Anspruchsteller Eigentümer des Unfallsfahrzeugs sei, müsse mithin von dessen Berechtigung ausgegangen werden dürfen.

 

Das LG Nürnberg-Fürth habe in seinem hier mit der Berufung angegriffenen Urteil zwar als Erfahrungssatz ausgeführt, dass nahezu in jedem zweiten Fall in finanziertes oder geleastes Fahrzeug betroffen sei. Unabhängig davon, ob dies zugrunde gelegt werden könne, und selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Unfall geleaster Fahrzeuge im gewerblichen Bereich (wie hier) noch höher ausfallen möge, verbliebe ein bestimmter Anteil an Fahrzeugen die im Eigentum des gewerblichen Nutzers stünden, weshalb sich alleine aufgrund dieser Tatsachen für die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines geleasten Fahrzeugs ergeben müsse. (Auf meine vorherigen Anmerkungen darf ich verweisen).

 

Die vom Erstgericht gestellten Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab seien zu weit gefasst und ließen eine klare Abgrenzung zur gewöhnlichen (einfache) Fahrlässigkeit nicht mehr zu, fordere man vom Haftpflichtversicherer nicht nur bei konkreten Anhaltspunkten zur Vermeidung des Vorwurfs einer groben Fahrlässigkeit, den Anspruchsteller zu einer eindeutigen Erklärung zum Eigentum aufzufordern. Anmerkung: Auch hier ist dem Berufungsgericht nicht zu folgen., Es ist ein Unterschied, ob verlangt wird, der Versicherer müsse sich den Beweis für das Eigentum erbringen lassen oder ob er nur die deutliche Erklärung des Anspruchsstellers zum Eigentum verlangt. Das Unterlassen der Nachweiserbringung kann tatsächlich (liegen nicht konkrete Anhaltspunkte vor, die gegen ein Eigentum sprechen) nicht als grob fahrlässig angesehen werden, anders aber das Unterlassen nach einer einfachen Erklärung zum Eigentum (in Ansehung geleaster und sicherheitsübereigneter Fahrzeuge).

 

Richtig verweist das Berufungsgericht abschließend darauf hin, dass zwar § 119 Abs. 3 VVG dem Haftpflichtversicherer einen Auskunftsanspruch gegen den Dritten einräumt, aber keine Obliegenheit normiert, dass eine bestimmte Auskunft eingeholt werden müsse. Das aber ändert nichts an der Betrachtung zu § 851 BGB.

 


Auswahlverschulden bei Personenidentität Sachverständiger und Kfz-Reparaturwerkstatt

AG Hanau, Urteil vom 18.10.2023 - 39 C 30/23 -

Die Parteien stritten um die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten. Der Kläger hatte nach einem Verkehrsunfall ein Sachverständigenbüro (eine Gesellschaft bürgerlichen Rechte [GbR]) mit der Erstellung eines Gutachtens zu den unfallbedingten Schäden an seinem Fahrzeug beauftragt. Das Gutachten wurde erstellt und mit € 665,26 berechnet, zuzüglich Kosten der Werkstatt für die für die Gutachtenerstellung zur Verfügung gestellte Hebebühne mit € 184,45. Die Rechnung über € 665,26 wurde von der Beklagten an den Kläger gezahlt. Die restlichen € 184,45 klagte er ein. Die Beklagte, die Klageabweisung beantragte, erhob Widerklage auf Rückzahlung der gezahlten € 665,26 mit der Begründung, zwischen dem Sachverständigen und er Reparaturwerkstatt bestünde Personenidentität. Das Amtsgericht (AG) wies die Klage ab und gab der Widerklage statt.

 

Die Haftung der Beklagten nach §§ 7, 18 StVG iVm. § 115 VVG stand außer Streit. Streitig waren hier lediglich die Gutachterkosten. Zwar anerkannte das AG, dass die Kosten für das eingeholte Gutachten zu den Kosten gehören würde, die mit dem Unfall unmittelbar verbunden seien und deren Vermögensnachteile gemäß § 249 BGB auszugleichen seien, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig sei (BGH, Urteil vom 17.12.2019 - VI ZR 315/18 -). Würde das Fahrzeug repariert, diene das Gutachten eines neutralen Sachverständigen der Kontrolle der von der Werkstatt angerechneten Kosten durch den Geschädigten und den Schädiger sowie zur Überzeugung des ersatzpflichtigen Haftpflichtversicherers. Nur wenn sich das Gutachten nachträglich als ungeeignet erweise und dies vom Geschädigten zu vertreten sei (z.B.  Auswahlverschulden des Geschädigten), würde dies den Erstattungsanspruch tangieren. Dies sei dann der Fall, wenn der Geschädigte auf ein Gutachten vertraue, welches nicht frei sei von dem Verdacht unsachlicher Interessenswahrnehmung (LG München II, Beschluss vom 16.08.2017 - 8 S 2704/17 -), oder wenn ein Arbeitnehmer des an der Reparatur interessierten Betriebs oder gar dessen Geschäftsführer bzw. Gesellschafter als Sachverständiger beauftragt würde (LG Freiburg i. Breisgau, Urteil vom 25.10.2011 - 9 S 21/11 -).

  

Dass Amtsgericht sah hier den erheblichen Verdacht einer unsachlichen Interessenswahrnehmung als gegeben an. Dies leitete es daraus ab, dass dieselbe GbR Inhaberin sowohl des Sachverständigenbüros wie auch der Reparaturwerkstatt war. Damit könne das Gutachten seinen Zweck nicht erfüllen, die Kontrolle der von der Reparaturwerkstatt abgerechneten Kosten und die Überzeugung des Haftpflichtversicherers zu gewährleisten. Die gelte unabhängig von der Frage, ob das Gutachten inhaltlich richtig sei. Der Zweck des Gutachtens markiere den wesentlichen Unterschied zwischen einem bloßen Kostenvoranschlag bei der Reparaturwerkstatt, weshalb die Erstattungsfähigkeit der Kosten für einen Kostenvoranschlag nicht zugunsten der Erstattungsfähigkeit der regelmäßig um ein Vielfaches höheren Kosten eines Gutachtens fruchtbar gemacht werden könnten.

  

Hier treffe den Kläger auch ein Auswahlverschulden. Er habe zumindest fahrlässig gehandelt und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, § 276 Abs. 2 BGB. So habe er das Gutachten, die Gutachterhilfearbeiten (Hebebühne) und die Reparatur in einem Formular beantragt, ferner am gleichen Tag in einem Auftragsformular an de Reparaturwerkstatt erneut Nebenarbeiten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens beauftragt und vorgegeben, dass die Reparatur nach Maßgabe des Gutachtens erfolgen solle. Diese einheitlichem gemeinsame und gleichzeitige Auftragserteilung der Arbeiten zur Gutachtenerstellung und Reparatur habe eine dem Kläger deutlich erkennbare enge Verbindung zwischen dem Sachverständigenbüro und der Werkstatt aufgezeigt. Das sei auch deshalb für den Kläger erkennbar gewesen, da das Sachverständigenbüro ausweislich des Gutachtens und die Werkstatt ausweislich deren Rechnung für die Gutachterhilfe unter der gleichen Anschrift firmieren würden.  Zudem sei auch der Berater des Klägers ausweislich des Formulars für die umfassende Auftragserteilung, dessen Nachname auch Teils des Namens der GbR gewesen sei, die Inhaberin des Sachverständigenbüros sei.

  

Damit hätte der Kläger erkennen müssen, dass das Gutachten dem Verdacht der unsachlichen Interessensausübung ausgesetzt sein würde und seinem Zweck der neutralen Schadenskalkulation nicht erfüllen könne. Auch wenn der Kläger seinen Angaben zufolge zwischenzeitlich statt der Reparatur eine fiktive Abrechnung verfolgt haben sollte, bevor er sich wieder zur Reparatur entschieden habe, würde dies das ursprünglich verwirklichte Auswahlverschulden nicht tangieren können.

  

Im Hinblick darauf könne der Kläger die Erstattung der € 184,45 nicht verlangen.

  

Die Beklagte hingegen könne nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB die Rückzahlung der gezahlten Gutachterkosten von € 665,26 verlange, da diese der Kläger ohne Rechtsgrund erhalten habe, da der Kläger vorliegend keinen Erstattungsanspruch auf Sachverständigenkosten (und damit im Zusammenhang stehenden Kosten) habe. Dabei sei unerheblich, ob die Klägerin die Zahlung an den Kläger oder den Sachverständigen geleistet habe, da auch im Falle direkter Zahlung an den Sachverständigen dies zugunsten des Klägers erfolgt wäre (der dem Sachverständigen gegenüber schuldrechtlich verpflichtet war).

 

 

Anmerkung: Das Urteil ist in der Sache zu begrüßen und stellt sich vom Ablauf leider auch nicht als Einzelfall dar. Immer häufiger werden Kfz-Reparaturwerkstätten mit Sachverständigen „aus dem eigenen Haus“ angetroffen. Da eine Überprüfung des vom Geschädigten Sachverständigengutachtens in der Regel durch den Schädiger bzw. dessen Versicherers durch eigene Begutachtung des beschädigten Kraftahrzeugs nicht möglich ist, also auf die Grundlagen in dem eingeholten Gutachten abgestellt werden muss, ist es wichtig, dass eine gewisse Neutralität des Sachverständigen vorliegt, um seien Befundungen zu Schädigungen pp. überhaupt einer Bewertung zugrunde legen zu können. An dieser Neutralität fehlt es, wenn der Sachverständige als Kfz-Werkstattinhaber bzw. Mitarbeiter oder Gesellschafter einer solchen ein eigenes Interesse an der Reparatur hat und so die Gefahr fehlerhafter Gutachten, die ggf. infolge erfolgter Reparatur nicht mehr ausreichend geprüft werden können, besteht. Richtig wird vor diesem Hintergrund vom Amtsgericht auch davon ausgegangen, dass es auf eine (evtl., gar nicht mehr mögliche) Prüfung der Richtigkeit des Gutachtachtens ankommen kann, da das dem Erstattungsanspruch entgegenstehende fehlerhafte Auswahlermessen bereits vor der Gutachtenerstellung lag. 


Eigenes Fahrzeug der Kfz-Werkstatt und Unternehmensgewinn bei Schadensabrechnung

BGH, Urteil vom 26.05.2023 - VI ZR 274/22 -

Die Klägerin, deren Fahrzeug einen Unfallschaden erlitt, war Betreiberin einer eigenen, gewinnorientierten Kfz-Werkstatt. Nach dem Verkehrsunfall veräußerte sie das unreparierte Fahrzeug.  Sie machte gegen die beklagte Haftpflichtversicherung des den Verkehrsunfall alleine verursachenden Fahrzeugs fiktiven Schadenersatz (berechnet auf Basis eines von ihr eingeholten Sachverständigengutachtens) geltend. Die Haftpflichtversicherung zog von dem Schadensbetrag 20% mit Hinweis darauf ab, dabei handele es sich um den (unterstellten) Unternehmensgewinn der Klägerin, der dieser nicht zustehe, da ihr Reparaturbetrieb nicht ausgelastet gewesen sei. Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht gab ihr statt und ließ dies Revision zu. Die von der Klägerin eingelegte Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

 

Zunächst fasste der BGH die Grundsätze zusammen, nach denen der Geschädigte im Rahmen fiktiven Schadensersatzes nach einem Verkehrsunfall den Unternehmensgewinn als Teil der Reparaturkosten ersetzt verlangen kann.

 

Nach § 249 Abs. 1 BGB habe der Schädiger den Zustand wiederherzustellen, der dem Zustand ohne das Schadenereignis entspräche. Er könne bei der Beschädigung einer Sache gem. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB statt der Herstellung auch den dazu erforderlichen Geldbetrag leisten. Der Geschädigte wäre infolge seiner Dispositionsfreiheit in der Verwendung der von ihm vom Schädiger verlangten Mittel frei, sei also insbesondere nicht zur Reparatur verpflichtet (BGH, Urteil vom 17.09.2019 - VI ZR 396/18 - mwN.). Allerdings habe der Geschädigte unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten diejenige zu wählen, die den geringeren Aufwand erfordere; nur der für diese Art der Schadensbehebung notwendige Geldbetrag sei im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Herstellung erforderlich (BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19 -).

 

Dies bezeichnet der BGH als Wirtschaftlichkeitsgebot, welches allerdings nicht absolut gelte, sondern nur im Rahmen des dem Geschädigten Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage. Nähme der Geschädigte die Schadensbehebung selbst vor, sei im Rahmen der sogen. subjektbezogenen Schadensbetrachtung der zur Herstellung erforderliche Aufwand nach der besonderen Situation des Geschädigten zu bemessen. Auf seine evtl. beschränkten Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie für ihn bestehende Schwierigkeiten sei zu seinen Gunsten Rücksicht zu nehmen. Andererseits sei zugunsten des Schädigers darauf Rücksicht zu nehmen, wenn der Geschädigte über besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile oder Erleichterungen verfüge, was sich anspruchsverkürzend für den Geschädigten auswirken könne (BGH vom 19.10.2019 - VI ZR 45/19 -).

 

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze habe der Geschädigte regelmäßig Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten, unabhängig davon, on er das Fahrzeug voll oder minderwertig oder gar nicht reparieren lasse. Dem Wirtschaftlichkeitsgebot genüge der Geschädigte idR., wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze Ersatzteilkosten auf dem allgemeinen regionalen Markt einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde lege. Die so ermittelten Reparaturkosten würden auch demjenigen zustehen, der kraft eigener Fähigkeiten oder aus sonstigen individuellen Gründen zu einer kostengünstigeren Eigenreparatur imstande sei (BGH, Urteil vom 16.05.1970 - VI ZR 168/69 -).

 

Auch wenn der Geschädigte einen eigenen auf Gewinnerzielung ausgerichteten Reparaturbetrieb führe, habe er Anspruch auf diese Kosten einschließlich des darin enthaltenen Gewinnanteils des Reparaturbetriebes. Nach dem Grundsatz der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB müsse sich der Geschädigte allerdings in diesem Fall auf eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit in seiner eigenen Werkstatt verweisen und es ihm zumutbar sei, ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur zu nutzen lassen, wenn sein Betrieb nicht ausgelastet sei (BGH, Urteil vom 19.11.2013 - VI ZR 363/12 -). Würde man in einem solchen Fall § 254 Abs. 2 S. 1 BGB nicht anwenden, stünde der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung besser als er bei einer konkreten Schadensberechnung (Durchführung der Reparatur und Geltendmachung der Kosten) stehen würde (BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19 -), weshalb auch bei der fiktiven Abrechnung (wie bei der konkreten Schadensabrechnung) die konkrete Ausgangssituation der Werkstatt des Geschädigten zu berücksichtigen sei.

 

Die Darlegungs- und Beweislast zu § 254 BGB trifft allerdings auch hier dem Schädiger. Da es sich aber um Umstände außerhalb der Sphäre des Geschädigten handele, obliege dem Schädigten eine sekundäre Darlegungslast, seine betriebliche Auslastungssituation darzustellen (BGH, Urteil vom 19.11.2013 - VI ZR 363/12 -) und ggf. Umstände anzuzeigen, die eine Reparatur in der eigenen Werkstatt unzumutbar erscheinen lassen würden. Vom Geschädigten aufgezeigte Umstände habe der Schädiger zu widerlegen.

 

Nach diesen Grundsätzen verneinte der BGH einen Anspruch der Klägerin auf den Unternehmensgewinn.

 

Grundsätzlich könne die Klägerin fiktiv abrechnen und, obwohl sie einen gewinnorientierten Reparaturbetrieb betreibe, eine Abrechnung auf Basis des von ihr eingeholten Sachverständigengutachtens vornehmen.  Allerdings müsse sich hier die Klägerin aus der ihr obliegenden Schadensminderungspflicht heraus auf eine Reparaturmöglichkeit in der eigenen Werkstatt verweisen lassen. Danach könne offen bleiben ob (wie vom Berufungsgericht angenommen) für die Auslastungssituation des Betriebs der maßgebliche Zeitraum mit der Veräußerung des Fahrzeugs ende, denn die Klägerin habe zu dieser nichts vorgetragen und auch keine Anhaltspunkte aufgezeigt, die gegen die Anwendung des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB sprechen würden.

 

 

Zu Recht habe das Berufungsgericht eine sekundäre Darlegungslast der Klägerin zu dem Einwand der beklagten Versicherung, die Klägerin könne aufgrund freier Kapazitäten in der eigenen Werkstatt den Unternehmensgewinn nicht verlangen, angenommen. Dem Geschädigten dürfe bei seiner Darlegungslast nichts Unmögliches abverlangt werden. Er könne beanspruchen, dass der Geschädigte an der Beweisführung mitwirke, soweit es sich um Umstände aus seiner Sphäre handele (BGH, Urteil vom 20.07.2006 - IX ZR 94/03 -). Dieser sekundären Darlegungslast zur Auslastungssituation sei die Klägerin nicht nachgekommen. Die beklagte Versicherung habe nicht aus eigenem Wissen zur Dauer der Reparatur noch dazu, wann der Weiterverkauf erfolgt sei, vortragen können. Nur die (Anm.: voraussichtliche) Reparaturdauer habe sich aus dem klägerseits vorgelegten Sachverständigengutachten (Grundlage der fiktiven Schadensabrechnung) ergeben; zu allen anderen Umständen stünde die beklagte Versicherung - anders als die Klägerin - außerhalb des Geschehensablaufs und verfüge über keine Erkenntnismöglichkeiten für einen konkreten Vortrag, der der Klägerin möglich und zumutbar gewesen wäre.


Optischer Mangel, Schadensersatz bei Unverhältnismäßigkeit und Entschädigungsanspruch

OLG Celle, Urteil vom 15.02.2023 - 14 U 166/21 -

Nach einem Verkehrsunfall verlangten die Kläger von der beklagten Versicherung Schadensersatz in Höhe von € 12.550,00 für die Wiederherstellung der gesamten Hofeinfahrt, §§ 7 Abs. 1 StVG iVm. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. VVG, da nur so ein einheitliches Fugenbild zu erreichen sei. Die Beklagte zahlte lediglich Schadensersatz für die (nach ihrer Ansicht ausreichende) Teilerneuerung der betroffenen Pflasterung. Die Berufung der Kläger gegen die Klageabweisung der ersten Instanz wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen. Das verbleibende teilweise uneinheitliche Fugenbild stelle nur eine kaum wahrnehmbare optische Beeinträchtigung dar und ein auszugleichender Minderwert würde dadurch auch nicht entstehen.

 

Auch wenn der Geschädigte nach § 249 Abs. 1 grundsätzlich die Wiederherstellung des Zustandes verlangen könne, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Insoweit würde dem Geschädigten (auch der Geldersatzanspruch nach § 249 Abs. 2 BGB, sei allerdings nach § 249 Abs. 2 BGB allerdings dann nicht zustehen, wenn die Herstellung dieses Zustandes unverhältnismäßig sei; dann sei der Ersatzberechtigte in Geld zu entschädigen, § 251 Abs. 2 S. 1 BGB.

 

Zur Feststellung, ob die Wiederherstellung iSv. § 251 Abs. 2 S. 1 unverhältnismäßig sei, dürfe der mit der Nachbesserung erzielbare Erfolg in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Geldaufwandes stehen. Diese Unverhältnismäßigkeit sei anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb unangemessener Aufwand gegenüberstünde (BGH, Urteil vom 06.12.2001 - VII ZR 241/00 -). Zu berücksichtigen seien der Wert der Sache in einem mangelfreien Zustand und die Bedeutung des Mangels (BGH, Urteil vom 04.04.2014 - V ZR 275/12 -).

 

Daran ausgerichtet sei eine komplette Neupflasterung der ca. 250 m² großen Hofeinfahrt zum Erreichen eines einheitlichen Fugenbildes unverhältnismäßig. Es würde sich nur um einen optischen Mangel handeln, der den bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht beeinträchtige. Zwar handele es sich hier nicht um ein werkvertragliches Vertragsverhältnis zwischen den Parteien (sondern um einen deliktischen Schadenersatzanspruch nach § 7 StVG), doch sei gleichwohl das objektiv geringe Interesse der Klägerin zu berücksichtigen.

 

Auch bei lediglich optischen Beeinträchtigungen sei ein strenger Maßstab anzulegen (OLG Celle, Urteil vom 01.11.2011 - 14 U 52/11 -). Im Einzelfall sei aber zu differenzieren, wie stark sich diese im Gesamteindruck auswirke. Es handele sich hier um eine Fläche, die dem Rangieren und Abstellen von Fahrzeugen diene. Die nicht ganz gradlinigen Fugen in einem Teilbereich der Pflasterung, die auf den Übersichtsbildern nicht wahrnehmbar seien, würden keine Auswirkungen auf den Gesamteindruck haben. Nur bei vergrößerten Aufnahmen und unter Zuhilfenahme einer Wasserwaage und eines Zollstocks wären die Abweichungen erkennbar. Diese fehlende Einheitlichkeit trete bei der bestimmungsgemäßen Nutzung der Fläche mit parkenden und rangierenden Fahrzeugen im optischen Gesamteindruck soweit zurück, dass sie für den unbefangenen Betrachter nicht mehr wahrnehmbar sei und schon gar nicht zu einer optischen Gesamtbeeinträchtigung der Anlage führe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass besondere ästhetische Anforderungen an die Hoffläche zu stellen seien, denen diese nicht mehr gerecht würde (OLG Celle, Urteil vom 18.07.2002 - 22 U 197/01 -).

 

Auch sei zu berücksichtigen, dass nach dem eingeholten Sachverständigengutachten die Hoffläche von Anfang an nicht den technischen Regelwerken entsprochen habe und in jedem Fall zu Fugenverschiebungen geführt hätte. Die Kläger stünden bei einer vollständigen Neupflasterung besser als ohne das Schadensereignis, da die sanierte Fläche einen deutlich besseren Aufbau habe und die die nicht sanierte Fläche ohnehin nicht fachgerecht (direktes Aneinanderlegen von Klinkersteinen) verlegt worden sei.

 

Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 251 Abs. 1 S. 2 BGB. Dieser Anspruch richte sich nicht wie bei §§ 249, 250 BGB auf das Integritätsinteresse des Geschädigten und wäre nicht nach den Herstellungskosten zu bemessen, sondern auf Ersatz des Wertinteresse. Zu ersetzen sei daher im Falle der Unverhältnismäßigkeit von Wiederherstellungskosten die Differenz zwischen dem Vermögen, wie es sich ohne das schädigende Intereses darstellen würde, und dem Wert des Vermögens, wie es sich durch das schädigende Ereignis darstelle (BGH, Urteil vom 11.03.2020 - IX ZR 104/08 -).

 

 

Hier läge ein messbarer Minderwert nicht vor. Die Pflasterfläche stelle nach dem Gutachten, unabhängig vom Fugenverlauf, keinen Wertanteil an dem streitgegenständlichen Objekt dar. Der Gesamtwertanteil der Pflasterfläche betrage 0,7% des Verkehrswertes (€ 2.450,00). Bei Berücksichtigung üblicher Rundungsdifferenzen würde dieser Wertanteil nach dem Gutachten in den Rundungen untergehen. 


Ersatz von Reparaturkosten bis 130% vom Wiederbeschaffungswert und Beweiswürdigung

BGH, Urteil vom 16.11.2021 - VI ZR 100/20 -

Immer wieder kommt es zum Streit zwischen  dem Geschädigten und dem Schädiger/dessen Versicherer, ob bei einem wirtschaftlichen Totalschaden gleichwohl Reparaturkosten verlangt werden können. Der BGH hat in seiner Entscheidung dazu neuerlich Stellung genommen und erstmals sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Ersatz von Reparaturkosten auch verlangt werden kann, wenn die Kostenprognose im Schadensgutachten Reparaturkosten vorsieht, die über die 130%-Grenze liegen. Ferner musste er sich damit auseinandersetzen, wie die Feststellung erfolgen muss, um festzustellen, dass tatsächlich zu den geltend gemachten Kosten der Schaden komplett sah- und fachgerecht behoben wurde.

 

In dem Fall betrug der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges nach dem Schadensgutachten € 4.500,00, die Reparaturkosten gab der Sachverständige mit € 7.148,84 an. Der Kläger ließ das Fahrzeug zu einem Preis von € 5.695,49 reparieren, nutzte es weiterhin und machte gegen die Beklagten diesen Betrag abzüglich der erfolgten Zahlung auf den Wiederbeschaffungswert geltend.

 

Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten wurde unter Zulassung der Revision zurückgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung.

 

1. Der BGH verwies auf seine Rechtsprechung, wonach dem Geschädigten in Abweichung von dem Wirtschaftlichkeitsgebot in Ansehung seines Integritätsinteresses ausnahmsweise ein Anspruch auf Ersatz des den Wiederbeschaffungswert des beschädigten Fahrzeugs um bis zu 30% übersteigenden Reparaturaufwandes (Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Entschädigung für den merkantilen Minderwert) zustünde. Voraussetzung sei, dass er den Zustand des ihm vertrauten Fahrzeuges wie vor dem Unfall wiederherstellt, um es nach der Reparatur (mindestens für ein Jahr) weiter zu nutzen. Fachgerecht sei die Reparatur nur dann, wenn diese so durchgeführt würde, wie es vom Sachverständigen in seiner Kostenschätzung vorgesehen worden sei. Würde der Aufwand mehr als 30% betragen, sei die Reparatur wirtschaftlich unvernünftig und dem Geschädigten stünde nur der Wiederbeschaffungswert (abzüglich eines etwaigen Restwertes) als Schadensersatz zu. Anderes würde im Falle der Reparatur nur dann gelten, wenn der Geschädigte auf der Grundlage eines entsprechenden Gutachtens den Weg der Schadensbehebung mit dem vermeintlich geringeren Aufwand wähle, die Reparatur aber teurer würde und ihm kein Auswahlverschulden zur Last falle. Ließe er aber das Fahrzeug reparieren, obwohl wie hier die Kostenprognose bei über 30% über dem Wiederbeschaffungswert läge und erweise sich dies als richtig, sei der Schadensersatzanspruch auch auf den Wiederbeschaffungswert (abzüglich eines möglichen Restwertes) beschränkt.

 

Vom Grundsatz her seien die Angaben des vom Geschädigten beauftragten Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten zur Höhe nicht für den geschädigten verbindlich und er könne den Betrag verlangen, der gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich sei. Er müsse in diesem Fall den Angaben des Sachverständigen konkret entgegentreten und geltend machen, der von ihm ermittelte Betrag gebe den objektiv zur Herstellung erforderlichen Betrag wieder; würde dies vom Gegner bestritten, müsse dies im Rechtsstreit auf entsprechenden Beweisantrag des Geschädigten durch Einholung eines vom Gericht zu veranlassenden Sachverständigengutachtens geklärt werden.

 

In den Fällen, in denen die Reparaturkosten über 130% des Wiederbeschaffungswertes lägen, die Reparatur aber fachgerecht (ggfls. unter Verwendung von Gebrauchtteilen) Kosten auch unter Berücksichtigung des merkantilen Minderwertes den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen würden, würde daher ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten bestehen. Anm.: Bei dieser Berechnung bleibt der Restwert des Fahrzeuges außer Ansatz, dessen Abzug sich der Geschädigte bei Ersatz des Wiederbeschaffungswertes auf diesen anrechnen lassen muss.

 

Offen gelassen hatte der BGH bisher den Ersatzanspruch auf Reparaturkosten, die sich unter Berücksichtigung des merkantilen Minderwertes auf 101 bis 130% des Wiederbeschaffungswertes belaufen. Nunmehr hielt der BGH fest, dass auch in dem Fall, dass sich die erforderlichen Reparaturkosten für eine fachgerechte Reparatur (auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen) zur Wiederherstellung des Zustandes des Fahrzeuges wie vor dem Unfall innerhalb der 130%-Grenze bewegen, dem Geschädigten diese „Integritätsspritze“ nicht versagt werden könne. Der gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ersatzfähige Betrag würde nicht durch die Einschätzung des vorgerichtlich tätigen Sachverständigen bestimmt, sondern von den tatsächlichen Kosten einschl. des merkantilen Minderwertes.

 

2. Ob die durchgeführte Reparatur sach- und fachgerecht und nach den Vorgaben des Sachverständigen erfolgt sei, sei bei Bestreiten des Gegners vom Gericht zu prüfen. Die Beweislast, der durch Einholung eines zu beantragenden und vom Gericht einzuholenden Sachverständigengutachtens nachzukommen ist, obliegt dem Geschädigten.

 

Das Amtsgericht hatte ein Sachverständigengutachten eingeholt und auf dessen Grundlage den vom Kläger zu erbringenden Beweis als erbracht angesehen. Vom Landgericht sei dies fehlerhaft nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als festgestellte Tatsache des Erstgerichts seiner Entscheidung zugrunde gelegt worden. Bestünden konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der festgestellten Tatsachen, würde dies eine erneute Feststellung durch das Berufungsgericht erfordern. Aufgabe der Berufungsinstanz als zweite (wenn auch eingeschränkte) Tatsacheninstanz sei die Gewinnung einer „fehlerfreien und überzeugenden“ und damit „richtigen“, der materiellen Gerechtigkeit entsprechenden Entscheidung.  

 

So sei ein Verfahrensfehler zu berücksichtigen, was namentlich dann vorläge, wenn das erstinstanzliche Urteil nicht den Anforderungen entspräche, die von der Rechtsprechung zu §§ 286, 287 ZPO entwickelt worden seien. Dies sei z.B. dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoße. So seien auch unklare oder widersprüchliche Gutachten keine ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung durch das Gericht.

 

Die vom Landgericht als bindend angesehene Feststellung des Amtsgerichts zu dem Sachverständigengutachten, dieses habe aufgrund der vor, während und nach der Reparatur aufgenommenen Fotos eine sach- und fachgerechte Reparatur bejaht, sei von den Ausführungen des Sachverständigen vor Gericht nicht gedeckt. Verschiedentlich sei vom Sachverständigen darauf hingewiesen worden, dass nach der zwischenzeitlich erfolgten Veräußerung des Fahrzeuges eine eingeschränkte Beurteilungsgrundlage fehlen würde und sich auf die relativierende Aussage beschränkt, nach den übergebenden Fotos seien keine Anzeichen vorhanden, die gegen eine sach- und fachgerechte Reparatur sprechen würden. Nur vor diesem Hintergrund habe er eine fachgerechte Reparatur bestätigt. Demgegenüber habe das Amtsgericht in der Entscheidung ausgeführt, der Sachverständige habe an keiner Stelle seines Gutachtens zu erkennen gegeben, dass sich für ihn bei der Beantwortung der Beweisfrage Einschränkungen ergeben hätten, wie er den Pkw nicht mehr habe begutachten können.

  

 

Damit war das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.