Rechtsprechung

Tierrecht allgemein


Zum Ausschlussgrund „angeborene Krankheit“ in AVB einer Tierkranken- und Operationsversicherung

Amtsgericht Schwabach, Urteil vom 26.06.2023 - 4 C 766/22 -

Die Kläger hatten bei der Beklagten eine Tieroperations- und Tierkrankenversicherung für ihren Hund am 01.04.2021 abgeschlossen. In den vereinbarten Versicherungsbedingungen (AVB-TO/TKV) wurde in Ziffer 3.2. darauf hingewiesen, dass grundsätzlich nur gesunde Tiere versichert werden könnten. Zusätzlich wurde in Z. 2.1 geregelt, dass für Hunde mit Anzeichen oder Symptomen einer rassespezifischen Erkrankung eine Versicherung ausgeschlossen sei.

 

Die Kläger machten ihre Aufwendungen für Operationen im Juli und August 2021 geltend und trugen vor, diese seien infolge einer hochgradig schmerzhaften Patellaluxation Grad 3 erforderlich gewesen. Mit der Begründung, bei der Patellaluxation handele es sich um eine der häufigsten Knieerkrankungen bei Hunden und diese rühre von einer angeborenen Veranlagung her.  Das Amtsgericht hat durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben und die Klage abgewiesen.

 

Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei die Ursache für die operierten Patellaluxationen angeboren ist und somit der Ausschlussgrund der Z. 3.2 der AVB-TO/TKV der Beklagten, die unstreitig Vertragsbestandteil geworden seien, vorläge. Sämtliche Anzeichen würde dafür sprechen, dass es sich nicht um eine traumatische Schädigung handele, sondern um eine angeborene: So sei eine traumatische Luxation in der Regel nur einseitig, hier aber sei die Luxation zweiseitig, die zudem auch fast zeitgleich und im ersten Lebensjahr aufgetreten wären, was bei der angeborenen Erkrankung typisch sei; eine im OP-Bericht benannte Knorpelläsion ließe sich nicht feststellen.

 

 

Das Amtsgericht ging von einer Beweislast der Kläger aus, die unter Bestreiten einer angeborenen Erkrankung ein traumatisches Geschehen behaupteten (insoweit wurde mit dem Beweisbeschluss auch der Kostenvorschuss von den Klägern eingefordert).


Züchtereigenschaft aufgrund eines Nutzungs- und Ausbildungsvertrages

BGH, Urteil vom 20.02.2020 - III ZR 55/19 -

Die Klägerin war Eigentümerin einer Stute, bei der es sich weltweit um eines der erfolgsreichsten Dressurpferde handelte. Sie verbrachte die Stute im April 2011 auf den Hof des Beklagten zu 3., mit dem sie vereinbarte, dass diese auf unbestimmte Zeit dort verbleibt. Der Beklagte verpflichtete sich, die Stute zur Grand-Prix-Reife auszubilden. Er übernahm die Kosten für Pflege, Unterstellung und Beritt und die Klägerin gewährte ihm im Gegenzug das Recht, alle ein bis zwei Jahre ein Embryo aus der Stute zu spülen, um hierdurch ein Fohlen zu gewinnen. Im Juli 2012 ließ der Beklagte zu 3. Die Stute von einem Hengst decken. Einige Tage später ließ er die befruchtete Eizelle aus der Stute ausspülen und in eine in seinem Eigentum stehende Stute einsetzen. Im Juni 2013 gebar die Austragungsstute ein weibliches Fohlen. Im September 2013 wurde vom Beklagten zu 3. der Beklagten zu 2., einem Zuchtverband, der Standort des Fohlens und als „Zuchtbesitzerin“ die Tochter des Beklagten zu 3. mitgeteilt, woraufhin der Beklagte zu 1. für die Beklagte zu 2. für das Fohlen eine Equidenpass sowie eine Eigentumsurkunde ausstellte und dem Beklagten zu 3. überließ. In diesen Papieren wurde der Beklagte zu 3. als Züchter benannt. Die Klägerin, die der Ansicht war, Züchterin zu sein, begehrte mit ihrer Klage die Einziehung und Unbrauchbarmachung von Equidenpass und Eigentumsurkunde begehrt. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

 

Der BGH negierte einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB iVm. dem Nutzungs- und Ausbildungsvertrag sowie aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 StGB sowie aus § 826 BGB. Eine Voraussetzung wäre jeweils, dass der Beklagte zu Unrecht in den Urkunden als Züchter benannt worden wäre.

 

Die Auslegung des Vertrages der Klägerin mit dem Beklagten zu 3. Verstoße nicht gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze.  Danach sei nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht festgestellt habe, dass dem Beklagten zu 3. die Steuerung des gesamten Zuchtvorgangs übertragen worden sei. Auch aus der Angabe zur „Zuchtbesitzerin“ gegenüber der Beklagten zu 2. ließe sich nichts anderweitiges herleiten, da auch dort der Beklagte zu 3. von einer Zucht durch ihn und einer Übertragbarkeit der ihm zukommenden Züchtereigenschaft auf seine Tochter ausgegangen sei.

 

Ein Verstoß gegen verbands- und vereinsrechtliche Regelungen läge auch nicht vor. Sowohl aus der Zucht-Verbands- und der Leistungs-Prüfungs-Ordnung der FN als auch der Zuchtordnungen der Beklagten zu 2. Läge nicht vor, da dort ausdrückliche abweichende Vereinbarungen zur Züchtereigenschaft zugelassen seien. Dies folge für die Zucht-Verbands-Ordnung bereits aus § 4 Nr. 10, wonach Züchter der Eigentümer der Zuchtstute ist, wenn nicht die Parteien anderweitiges vereinbart hätten, was hier vorliege und jedenfalls in der benannten Vereinbarung konkludent als getroffen anzusehen sei. Nach § 11 S. 1 LPO sei Züchter der Besitzer der Mutterstute zum Zeitpunkt der Bedeckung. Dies war der Beklagte zu 3. Der Besitz würde in § 12 LPO geregelt. Diese Regelung greife nur, wenn Zweifel bestünden. Diese lägen hier aber nicht vor, da der Beklagte zu 3. die Stute zur Zeit der Bedeckung im unmittelbaren Besitz gehabt habe und den Zuchtvorgang gesteuert habe. Dafür, dass mit § 11 LOP auch der mittelbare Besitz gemeint sein könnte (der bei der Klägerin lag) sei nichts ersichtlich und würde auch dem Sinne, Rechtsklarheit zu schaffen, widersprechen. Ob sich aus § 28 Nr. 1 ZBO (der Beklagten zu 2.) etwas anderes ergebe, könne auf sich beruhen, da die Klägerin diesem Verband nicht angehört habe. Unabhängig davon würde sich daraus auch nichts zugunsten der Klägerin ergeben, da auch hier zwischen Eigentum und Besitz unterschieden würde.

 

 

Da damit der Beklagte zu 3. zutreffend in der Eigentumsurkunde und im Equidenpass als Züchter eingetragen worden sei, sei die Klage abzuweisen. 


Pferdepensionsvertrag: Kündigungsfristen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

BGH, Urteil vom 12.02.2020 – XII ZR 6/19 -

Die Parteien stritten um weitere monatliche Vergütung, nachdem die Beklagte den Pferdepensionsvertrag gekündigt hatte. In diesem Zusammenhang setzte sich der BGH in Ansehung der Entscheidung des Berufungsgerichts mit dessen Ansicht zur Rechtsnatur eines derartigen Vertrag auseinander (und ließ dies im Ergebnis als nicht entscheidungserheblich offen) und entscheid die Frage, ob eine in dem AGB-Vertrag vorgesehene Klausel zur Kündigungsfist von drei Monaten der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält.

 

Der BGH stufte den Vertrag als typengemischten Vertrag ein. Ein solcher würde aber ein einheitliches Ganzes darstellen, weshalb der Vertrag dem Recht zu unterstellen sei, welches den Schwerpunkt bilde. Das würde aber nicht bedeuten, dass nicht auch Bestimmungen aus dem Vertragsrecht angewandt werden könnten, bei dem der Schwerpunkt des Vertrages zwar nicht liege, aber anders die Eigenart des Vertrages nicht richtig gewürdigt werden könne (BGH, Urteil vom 02.10.2019 - XII ZR 8/19 -).

 

Das Berufungsgericht hatte den Schwerpunkt bei einem Verwahrungsvertrag gem. § 668 BGB gesehen. Der Schwerpunkt des Vertrages müsse im Bereich der Verwahrung, nicht in den Bereichen Dienstvertragsrecht und Mietvertragsrecht angenommen werden. So habe sich der Kläger dem beklagten Einsteller gegenüber verpflichtet, dem Einsteller die Reithalle sowie die zugänglichen Bereiche im Bereich des Aktivlaufstalls, sich aber nicht verpflichtet, das Pferd zu reiten oder zu führen, weshalb nicht Dienstvertragsrecht gem. §§ 611ff BGB angenommen werden könne. Der Kläger habe dem Einsteller auch keine individuelle Pferdebox zugewiesen, weshalb mietvertragsrecht ausscheide. Demgegenüber habe er aber für den Verwahrvertrag typusbildende Obhuts- und Fürsorgepflichten übernommen, wie das Ausmisten, die Fütterung und die Gesundheitskontrolle für das eingestellte Pferd.

 

Der BGH hatte bisher diese Frage nicht beantwortet und ließ sie auch hier ausdrücklich offen. Nach seiner Auffassung käme es bei der Frage, ob die Kündigungsfrist von drei Monaten wirksam sei, darauf nicht an.

 

Eine Unangemessenheit der Kündigungsfrist könnte nach § 307 BGB Abs. 1 S. 1 BGB vorliegen, wenn sie den Vertragspartner (hier Einsteller) entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteilige.

 

In diesem Zusammenhang prüfte der BGH, ob sich diese Unangemessenheit aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ableiten ließe, wonach eine Bestimmung mit im Zweifel wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist. Eine derartige Unangemessenheit folge nicht aus § 695 S. 1 BGB. Dies gelte unabhängig davon, ob nach der Vorschrift der Hinterleger die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern könne, auch wenn eine Zeit bestimmt sei und der Vorschrift, wie das Berufungsgericht meint, eine Leitfunktion für den Verwahrungsvertrag zukommen sollte. Zwar enthalte der Einstellvertrag hier keine ausdrückliche Regelung, dass der Einsteller sein  Pferd vor Ablauf der Vertragslaufzeit jederzeit wieder an sich nehmen könne. Alleine die Vereinbarung einer Kündigungsfrist sei (auch in einem formularmäßigen Pferdeeinstellvertrag – eindeutig dahingehend auszulegen (§§ 133, 157 BGB), dass die Kündigungsfrist nur den Vergütungsanspruch des Verwahrers beträfe, nicht aber den Herausgabeanspruch des Hinterlegers (Einstellers). Dafür spräche hier auch § 4 des Vertrages, wonach die Vergütung auch bei Abwesenheit des Pferdes zu zahlen sei.  Mithin läge eine Abweichung von einem auf § 695 S. 1 BGB beruhenden Leitbild nicht vor.

 

Abzugrenzen sei dies von der Frage, ob derartige Abreden mit denen sich der Einsteller zur Zahlung auch nach Rücknahme der Sache verpflichte, mit dem Wesen des Verwahrungsrechts vereinbar sind. Allerdings zeige § 699 Abs. 2 BGB, dass das Verwahrungsrecht für derartige Vergütungsabreden offen sei. Es könne vereinbart werden, dass bei vorzeitiger Beendigung der Aufbewahrung der Vergütungsanspruch des Verwahrers nicht geschmälert werden soll, und zwar sowohl im Rahmen einer Individualvereinbarung als auch durch AGB (BGH, Urteil vom 02.10.2019 aaO.).

 

Eine Unangemessenheit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB käme auch in Betracht, wenn der AGB-Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für seine Interessen missbraucht, ohne von vornherein die Interessen seines Vertragspartners zu berücksichtigen. Damit sei das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung mit dem Interesse seines Vertragspartners am Wegfall der Klausel und Ersetzung durch die maßgebliche gesetzliche Regelung abzuwägen. Aber auch hier sei, ginge man mit dem Berufungsgericht von einem Verwahrungsvertrag aus, die Vereinbarung einer dreimonatigen Kündigungsfrist (noch) nicht zu beanstanden. Zwar würde der Einsteller bei sofortiger Rückforderung des Pferdes noch für eine gewisse Zeit belastet. Allerdings würd (mit Ausnahme im Fall einer fristlosen Kündigung) die Kündigungsfrist für beide Vertragsparteien gelten mit der Folge, dass sie auch vom Verwahrer eingehalten werden müsse und er nicht jederzeit die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen könne. Da das Verwahrungsrecht keine gesetzliche Regelung zur Kündigung von Verträgen mit unbestimmter Laufzeit enthalte, biete sich für ein mögliches Leitbild  die Reglung des § 473 HGB zum Lagervertrag an. Danach kann bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden.  Diese Frist sei eine Mindestkündigungsfrist, weshalb am Maßstab des § 307 BGB orientiert eine maßvolle Überschreitung hingenommen werden könne, solange angenommen werden könne, dass diese Frist auch für den Einsteller zum Zwecke der Suche nach einem neuen Einstellplatz von Nutzen sein kann. Die Dreimonatsfrist sei dem Lagergeschäft nicht völlig fremd sei (sie habe bis zum 30.06.1998 der Mindestlagerfrist des § 422 Abs. 1 S. 1 HGB entsprochen und wurde nach der Gesetzesbegründung diese Frist für das moderne Lagergeschäft nicht mehr für zweckmäßig gehalten).  

 

Es dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Interessen des Einstellers in vielerlei Hinsicht denen eines Mieters gleichen, da er regelmäßig nicht in der Lage sei, das Tier ohne weiteres wieder in die eigene Obhut zu nehmen und sich wünsche, jederzeit bei Fortbestand des Obhutsverhältnisses an einem festen Ort zurückgreifen zu können. Orientiert an die Kündigungsfristen für Mitverhältnisse gem. § 580a BGB (Mietverhältnisse über andere Sachen als Wohnraum) würde die Überschreitung der Kündigungsfrist sich noch im Rahmen dessen halten, was als angemessener Interessensausgleich der Vertragsparteien angesehen werden könne, selbst wenn, wie das Berufungsgericht annimmt, die mietrechtlichen Elemente durch das Verwahrungsrecht dominiert würden.

 

 

Nach Ansicht des BGH verstößt daher die hier vereinbarte Kündigungsfrist von drei Monaten nicht gegen § 307 Abs. 1 BGB.