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Zuständigkeit


Rechtsweg Zivil- oder Arbeitsgericht: Kündigung des angestellten Geschäftsführers

BAG, Beschluss vom 21.01.2019 - 9 AZB 23/18 -

Ein Fremdgeschäftsführer einer GmbH nimmt wie ein Gesellschafter-Geschäftsführer eine Arbeitgeberfunktion wahr und damit  Gegenspieler der Arbeitnehmerschaft. Damit ist er eine arbeitgeberähnliche Person.

 

Der Begriff des Arbeitnehmers iSv. § 5 ArbGG ist nicht deckungsgleich mit dem sozialversicherungsrechtlichem Beschäftigungsverhältnis iSv. § 7 Abs. 1 SGB IV.

 

Für Klagen des abberufenen Geschäftsführers wegen der Kündigung des Anstellungsverhältnisses ist der Weg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit nach § 13 GVG, nicht zu den Arbeitsgerichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) und b) ArbGG eröffnet.  


Gesetzlicher Richter: Verstoß bei Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter

BGH, Beschluss vom 18.12.2018 - VI ZB  2/18 -

Vorliegend musste das Landgericht über eine sofortige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss entscheiden, nachdem der Rechtspfleger des Amtsgerichts dieser nicht abgeholfen hatte. Hier entschied nicht die zuständige Kammer in voller Besetzung, sondern der Einzelrichter. Er wies die sofortige Beschwerde zurück, ließ aber die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung zu. Der BGH hat nun nicht über die der Entscheidung zugrunde liegende Rechtsfrage entschieden, sondern den Beschluss des Einzelrichters wegen eines Verstoßes gegen den „gesetzlichen Richter“ aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Ein Verstoß gegen den „gesetzlichen Richter“ (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) führt zwingend zur Aufhebung der darauf beruhenden Entscheidung, da nur der „gesetzliche Richter“ befugt ist, eine Entscheidung in der Sache zu treffen. Es kommt also nicht darauf an, ob die Entscheidung materiell-rechtlich zutreffend ist oder nicht und ob sie der BGH bei einer Entscheidung in der Sache selbst stützen würde und eine gegen sie erhobene Rechtsbeschwerde zurückweisen würde. Der Verstoß muss nicht notwendig von dem Rechtsmittelführer gerügt werden; das Gericht hat dies, wenn sich Anhaltspunkte für einen Verstoß ergeben,  von Amts wegen zu prüfen (BSG, Urteil vom 23.08.2007 - B 4 RS 2/06 R -; BGH, Beschluss vom 18.09.2018 - VI ZB 34/17 -).

 

Grundlage ist im Beschwerdeverfahren § 568 ZPO, demzufolge das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet, § 568 S. 1 ZPO, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter (oder wie hier) einem Rechtspfleger erlassen wurde. Allerdings ist der an sich originär zuständige Einzelrichter nach § 568 S. 2 ZPO verpflichtet, der Kammer (Landgericht) oder dem Senat (Oberlandesgericht) das Verfahren zu übertragen, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist (Nr. 1.) oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 2.).

 

Indem vorliegend der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen habe, habe er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen. Auch wenn § 568 S. 3 ZPO die Begründung eines Rechtsmittels mit der erfolgten oder unterlassenen Übertragung ausschließt, sieht der BGH in dem Beschluss doch eine objektiv willkürliche Entscheidung des Einzelrichters und Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters, da er nach § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO zwingend bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung das Verfahren der Kammer hätte vorlegen müssen. 


Abgrenzung allgemeiner Familiensache von sonstiger Zivilsache

BGH, Hinweisbeschluss vom 22.08.2018 - XII ZB 312/18 -

Der BGH hatte eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des OLG Hamburg deshalb als unzulässig angesehen, da es sich um eine Familiensache handele. Während in Familiensachen Nichtzulassungsbeschwerden unzulässig sind, wäre sie auch bei einer Entscheidung durch das Familiengericht zulässig, wenn es sich tatsächlich um eine Familiensache handele, was vorliegend verneint wurde. Damit hatte sich der BGH mit der notwendigen Abgrenzung auseinandergesetzt.

 

Zugrunde lag dem folgender Sachverhalt: Die Parteien des Verfahrens waren seit 2002 getrennt und das Scheidungsverfahren war seit 2008 rechtshängig. Der Antragsgegner (AG) war bis 2011 alleiniger Gesellschafter der T GmbH, Geschäftsführer von 2003 bis 2008 die Antragstellerin (AS) sowie über 2008 hinaus die neue Lebensgefährtin  des AG, der der AG in 2011 seine Gesellschaftsanteile übertrug.   Die Parteien hatten der Gesellschaft in 2002 Kredite gewährt, deren Rückzahlung „auf erstes Anfordern“ erfolgen sollte. Im März 2014 forderte die AS den AG auf, gemeinsam mit ihr die Kündigung der Kredite gegenüber der Gesellschaft zu erklären, worauf der AG nicht reagierte. Mit ihrer 2014 erhobenen Klage forderte die AS die Abgabe der erforderlichen Willenserklärung vom AG. Der AG verteidigte sich damit, dass er in 2003 der AS die Hälfte des Kredites in bar ausgezahlt habe. Das Landgericht hatte nach Hinweis auf Antrag beider Parteien den Rechtsstreit an das Amtsgericht – Familiengericht – verwiesen, welches den Antrag der AS zurückwies. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem OLG (während dem die Scheidung der Ehe ausgesprochen wurde und der AG seine Lebensgefährtin heiratete) stellte die AS als Hilfsantrag einen Zahlungsantrag, dem das OLG stattgab. Dagegen richtete sich die Nichtzulassungsbeschwerde des AG.

 

Da die Nichtzulassungseschwerde in Familiensachen nicht gegeben sei und eine Rechtsbeschwerde nur bei hier nicht vorliegender Zulassung nach § 70 Abs. 1 FamG statthaft sei, käme es darauf an, ob es sich tatsächlich um eine sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handele.

 

Sonstige Familiensachen seien Verfahren, die Ansprüche zwischen miteinander verheirateter oder ehedem verheirateter Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe beträfen, sowie nicht die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis k) ZPO genannten Sachgebiete, Wohnungseigentumsrecht oder Erbrecht betroffen sei und sofern es sich nicht nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handele. Ordnungskriterium sei die Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand, welches im Interesse der Beteiligten alle durch den sozialen Verband der Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten entscheiden soll. In den Fällen des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG müsse ein Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe bestehen, was dann der Fall sei, wenn das Verfahren vor allem der wirtschaftlichen Entflechtung der (vormaligen) Ehegatten diene. Für die Prüfung käme es nicht lediglich auf den klägerischen Vortrag, sondern auch auf jenen des Beklagten an.   

 

Die AS habe hier das Ziel der Auflösung einer Mitgläubigerschaft mit dem AG (§ 432 BGB) verfolgt. Streitig sei hier lediglich gewesen, ob durch eine Barzahlung des AG die Entflechtung bereits erfolgt sei. Dass der Anspruch seinen Rechtsgrund nicht unmittelbar in der Ehe habe oder aus dieser herrühre, sei unschädlich. Der Begriff des Zusammenhangs mir der Beendigung der ehelichen Gemeinschaft sei großzügig zu beurteilen. Dies sei nur dann nicht der Fall, wenn ein familienrechtlicher Bezug völlig untergeordnet sei, was nicht der Fall sei, wenn Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsfolge (wie hier) ursächlich sei.

 

Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde in der Folge zurückgenommen.